
Stromversorgung Habeck stellt heute Stresstest-Ergebnisse vor
Ein neuer Stresstest sollte prüfen, ob die Stromversorgung auch unter verschärften Bedingungen funktioniert. Laut Medienberichten sollen zwei Atomkraftwerke bis zum Frühjahr bereit stehen, allerdings nur für Notfälle.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellt am Abend die Ergebnisse des zweiten Stresstests für den Strommarkt vor. An der Pressekonferenz um 18.00 Uhr nehmen auch Vertreter von Übertragungsnetzbetreibern teil. Wie der "Spiegel" vorab berichtet, sollen zwei deutsche Atomkraftwerke den Winter über bis ins Frühjahr zur Verfügung stehen. Sie sollten bis Mitte April eine Einsatzreserve zur Versorgungssicherheit bilden, um in bestimmten Stresssituationen das Netz zu stabilisieren. Konkret geht es dabei um die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2.
Beim Stresstest sollten die Auswirkungen der angespannten Lage auf den Energiemärkten auf die Sicherheit der Stromversorgung untersucht werden. Ein erster Stresstest von März bis Mai hatte ergeben, dass die Versorgung gesichert ist. Für den zweiten Stresstest waren die Bedingungen noch einmal verschärft worden.
Dazu gehörten zum Beispiel noch höhere Preisannahmen als im ersten Stresstest, ein noch gravierenderer Ausfall von Gaslieferungen und ein stärkerer Ausfall von französischen Atomkraftwerken. Auch die Situation in Bayern war in die Prüfung einbezogen worden. Dort läuft der Ausbau der Windenergie schleppend, das gilt auch für den Netzausbau.
Grundlage für Entscheidung über AKW-Weiterbetrieb
Die Ergebnisse sollen die Entscheidungsgrundlage sein für einen möglichen Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters legt der Test in zwei von drei geprüften Szenarien den Weiterbetrieb der Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 nahe. Das dritte verbliebene AKW Emsland in Niedersachsen werde jedoch nicht über den Winter gebraucht.
Im Atomausstieg war eigentlich vereinbart worden, dass Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland als letzte Meiler am 31. Dezember abgeschaltet werden. Im Zuge des Kriegs Russlands gegen die Ukraine und der daraus resultierenden Energie-Krise waren jedoch Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung immer lauter geworden.
Lindner fordert Weiterbetrieb
So wollen Union und FDP einen Weiterbetrieb. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte gesagt, ein Weiterbetrieb könne "Sinn machen". FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner ging in der "Süddeutschen Zeitung" in die Offensive: Er forderte den Weiterbetrieb, unabhängig vom Ergebnis der von Habeck präsentierten Prüfung, in der es primär darum geht, ob Netzausfälle ohne die Atomkraftwerke zu befürchten sind.
"In diesen Zeiten sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, den Strompreis für die Menschen und die Betriebe zu reduzieren. Das ist aus meiner Sicht ein wirtschaftspolitischer Stresstest, der neben dem energiepolitischen Stresstest auch eine Rolle spielen muss", sagte Lindner. Es spreche allerdings auch "viel dafür, dass zur Netzstabilität die drei Atomkraftwerke weiterbetrieben werden sollten".
In der Koalition müsse man über das Thema sprechen und eine Bewertung vornehmen, sagte Lindner der Zeitung. "Wir müssen auch erkennen, dass in der Bevölkerung eine ganz große Mehrheit inzwischen der Meinung ist, dass übergangsweise die Kernenergie einen wichtigen Beitrag leistet. Die Menschen haben Sorgen."
Grüne wollen "in Ruhe" beraten
Die Grünen im Bundestag kündigten an, ausführlich über das Ergebnis des Stresstests beraten zu wollen. Sie gehe davon aus, "dass wir in den nächsten Tagen auch Gelegenheit haben, darüber zu beraten", sagt Fraktionschefin Britta Haßelmann. "Für uns als Fraktion ist es klar, dass, wenn der Stresstest vorgelegt wird, wir selbstverständlich in Ruhe darüber beraten und sich daraus ableiten wird, welche Schritte notwendig sind."
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hatte über einen Streckbetrieb zuvor gesagt: "Wir haben das nie kategorisch ausgeschlossen, sondern wir haben immer aktuell geprüft, was macht in diesem Moment Sinn." Beim sogenannten Streckbetrieb würden Atomkraftwerke noch einige Wochen oder Monate über den Jahreswechsel hinaus weiterbetrieben, ohne dass neue Brennstäbe zum Einsatz kommen sollen.
Merz fordert neue Brennstäbe
CDU-Chef Friedrich Merz hingegen fordert neue Brennstäbe für die drei Atomkraftwerke. "Wir werden nach meiner Schätzung drei, vier, fünf Jahre den Betrieb der drei noch vorhandenen Kernkraftwerke aufrecht erhalten müssen, damit wir ausreichend Stromversorgung in diesem Land haben", sagte Merz im Sommerinterview der ARD.
Habeck hatte vor dem zweiten Stresstest deutlich gemacht, im Kampf gegen Gas-Knappheit könnten die Reaktoren praktisch nichts beitragen. Er werde jedoch ideologiefrei mit dem Test prüfen lassen, ob sie die Stromversorgung gerade in Süddeutschland über den Winter sichern helfen könnten.
Mit Informationen von Claudia Plaß, ARD-Hauptstadtstudio