Verhandlungen über Euro-Rettungsschirm Deutschland wehrt sich gegen ESM-Aufstockung

Stand: 23.01.2012 15:25 Uhr

Noch ist der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM nicht in Kraft. Doch schon wird bezweifelt, dass die geplanten 500 Milliarden Euro als Krisenhilfe reichen. Nach Italiens Premier Monti drängte nun auch IWF-Chefin Lagarde auf eine deutliche Aufstockung. Bundeskanzlerin Merkel und ihre Koalition lehnen das ab.

Im Streit um eine Aufstockung des geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM hat der Internationale Währungsfonds (IWF) den Druck auf die Bundesregierung erhöht. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte eine Anhebung der Finanzmittel des ESM, für den bislang 500 Milliarden Euro vorgesehen sind. Den ESM massiv aufzustocken, wäre "eine große Hilfe", sagte sie. Es gehe um eine höhere "Brandschutzmauer" für Italien und Spanien.

Lagarde setzte sich dafür ein, die verbliebenen Gelder des derzeitigen Rettungsfonds EFSF auf den ESM zu übertragen. Dies bedeute aber keine Verdopplung der Mittel auf eine Billion Euro, wie sie Italiens Ministerpräsident Mario Monti ins Gespräch gebracht hatte.

Merkel will ESM vorerst nicht aufstocken

Deutschland müsste als größter ESM-Geldgeber die Hauptlast einer Aufstockung tragen. Die Bundesregierung lehnt eine solche Ausweitung des Rettungschirms vorerst aber ab. Für sie habe es Priorität, die Verhandlungen abzuschließen und den ESM schnellstmöglich in Kraft zu setzen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Statt des ursprünglich geplanten Starttermins 2013 wird derzeit eine Einführung des ESM im Sommer des laufenden Jahres angestrebt. Die Verhandlungen über die Details laufen aber noch.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten im Dezember vereinbart, im März zu überprüfen, ob es bei den 500 Milliarden Euro für den dauerhaften Rettungsschirm bleibt oder ob eine Erhöhung notwendig ist. An diesen Beschlüssen hält die Bundesregierung fest. Das betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gestern im Bericht aus Berlin. Er schloss dabei ebenso wie Merkel eine Aufstockung oder gar eine Verdopplung auf eine Billion Euro nicht generell aus, sondern verwies lediglich auf den beschlossenen Zeitplan zu den weiteren Entscheidungen. Merkel betonte, grundsätzlich habe Deutschland immer alles getan, um den Euro zu retten.

Einheitliche Ablehnung in der Koalition

Innerhalb der schwarz-gelben Koalition stößt eine Aufstockung des Rettungsschirms allerdings auf entschiedenen Widerstand. "Wir lehnen das ab", sagte FDP-Chef Philipp Rösler. Deutschland leiste mit dem Vorziehen des ESM einen ausreichenden Beitrag, betonte der Vizekanzler. Ähnlich äußerte sich der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Es sei "sehr beruhigend", dass auch für Merkel eine Verdopplung des ESM auf eine Billion Euro nicht infrage komme. Er habe in einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin bekräftigt, dass die CSU unter keinen Umständen zu einer Vergemeinschaftung von Schulden bereit sei.

Die Ausgestaltung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ist auch Thema des heutigen Treffens der Eurogruppe in Brüssel. Die Finanzminister der Euro-Staaten beraten zudem über die Details des neuen Hilfspakets für Griechenland. Um die Krise zu lösen, muss das Land seine Schuldenlast so stark reduzieren, dass es sich wieder ohne Hilfe der Partner finanzieren kann. Ziel der Euro-Länder ist es, den Schuldenberg auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu reduzieren. Derzeit summiert er sich auf mehr als 160 Prozent.

Zuversicht bei Verhandlungen mit Griechenland

Private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Hedgefonds sollen auf die Hälfte ihrer Ansprüche gegen das Land verzichten - das wären 100 Milliarden Euro. Erst danach wollen der IWF und die Eurozone ein zweites Rettungspaket mit 130 Milliarden Euro auflegen. Am Wochenende waren die Gespräche mit den Gläubigerbanken in Athen unterbrochen worden.

Der Internationale Bankenverband (IIF) zeigte sich aber zuversichtlich, dass eine Einigung gelingen wird. Auch Merkel sagte, sie rechne mit einem Abschluss, es sei aber noch Zeit bis zum März. Die Frage eines Überbrückungskredits für das Land stelle sich nicht. Frankreichs Finanzminister Francois Baroin erklärte, der freiwillige Schuldenschnitt der privaten Gläubiger nehme Formen an. EU-Währungskommissar Olli Rehn gab sich optimistisch, dass die Gespräche "vorzugsweise im Laufe dieser Woche" zu einem Abschluss kämen. Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos sprach von einer "sehr konstruktiven Zusammenarbeit" mit den privaten Gläubigern. "Wir sind bereit, das Verfahren termingerecht abzuschließen."