Überraschende Entscheidung gegen Asmussen Belgier wird neuer Chefvolkswirt der EZB

Stand: 03.01.2012 17:02 Uhr

Deutschland hat den wichtigen Posten des Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank verloren. Statt des favorisierten Ex-Finanzstaatssekretärs Asmussen übernimmt der Belgier Praet das Amt. Asmussen ist künftig für das Ressort Internationales und die Rechtsabteilung verantwortlich.

Überraschend übernimmt der Belgier Peter Praet das Amt als neuer Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese Entscheidung habe das Direktorium getroffen, teilte die EZB mit. Damit votierte die Notenbank zugleich gegen den deutschen Kandidaten Jörg Asmussen, der neben dem Franzose Benoît Coeuré als aussichtsreichster Bewerber gegolten hatte. Praet wird Nachfolger des Deutschen Jürgen Stark, der im vergangenen Herbst aus Protest gegen den Ankauf von Staatsanleihen seinen Rückzug bekanntgegeben hatte. Die wichtige Position innerhalb der EZB-Führung ist damit zum ersten Mal nicht mehr mit einem Deutschen besetzt.

Praet ist seit Juni bei der EZB und arbeitete vorher für die Zentralbank seines Heimatlandes. Er gilt als ausgewiesener Fachmann auf den Gebieten Finanzaufsicht und Finanzstabilität. Bevor er zur Notenbank stieß, arbeitete er beim belgischen Finanzministerium, in der Finanzwirtschaft, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und als Professor. Er gilt geldpolitisch eher als "Taube", also als jemand der eher das Wachstum stimulieren will als die Inflation bekämpfen.

Asmussen für Internationales und Recht verantwortlich

Innerhalb des EZB-Direktoriums übernimmt der frühere deutsche Finanzstaatssekretär Asmussen statt der Abteilung Volkswirtschaft nun die Leitung des Ressorts Internationales. Damit vertritt er die Zentralbank unter anderem bei der Eurogruppe, also bei den Treffen der Finanzminister der Euro-Staaten, bei EU-Gipfeln sowie bei G20-Treffen. Er übernimmt somit eine tragende Rolle beim europäischen Geschäft der EZB und fungiert als eine Art Außenminister der Notenbank. Zudem trägt er künftig die Verantwortung für die Rechtsabteilung, die in der Schuldenkrise unter anderem für die Beurteilung der Ankäufe von Staatsanleihen wichtig ist.

Asmussen und Coeuré gehören seit dem Jahreswechsel dem EZB-Direktorium an, das das Tagesgeschäft der Notenbank leitet. Weitere Mitglieder der sechsköpfigen Gremiums sind neben ihnen und Praet auch EZB-Präsident Mario Draghi, sein Stellvertreter Vitor Constancio sowie der Spanier Jose Manuel Gonzalez-Paramo.

Auch wenn das EZB-Direktorium im Alltag über einigen Einfluss verfügt, so ist doch für alle wichtigen Entscheidungen über die gemeinsame Währung, die Geldpolitik und den Kampf gegen die Krise der EZB-Rat zuständig. Ihm gehören neben den sechs Direktoren auch die nationalen Notenbankchefs der derzeit 17 Staaten der Eurozone an. Wer dort eine Mehrheit hinter sich bringt, bestimmt die Euro-Geldpolitik.