Regierung plant drastisches Sparprogramm Portugal will kein zweites Griechenland sein

Stand: 28.04.2010 12:44 Uhr

Eine strukturschwache Wirtschaft, kaum politisches Gewicht in Europa und eine sinkende Kreditwürdigkeit: Portugal könnte das neue Griechenland werden. Das will die Regierung durch ein drastisches Sparprogramm verhindern - ist dafür aber auf die Opposition angewiesen.

Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid

Portugal ist ein Land, gegen das sich vor dem Hintergrund der Griechenland-Krise hervorragend spekulieren lässt: Die Wirtschaft ist strukturschwach, jahrzehntelange Versuche, daran etwas zu ändern, haben kaum Früchte getragen. Industrieansiedlungen rund um die beiden Zentren Porto und Lissabon haben zwar die Landflucht verstärkt, aber nicht den erhofften Erfolg gebracht - unter anderem, weil mit der Osterweiterung der EU und im Zuge der Globalisierung die niedrigen Löhne in Portugal schon nicht mehr niedrig genug sind. Die Feldfrüchte, die Kleinbauern in den küstenfernen nördlichen Gegenden ernten, sind auf dem europäischen Markt nicht konkurrenzfähig. Dazu kommt, dass die politische Bedeutung Portugals innerhalb der EU begrenzt ist.

Beförderungsstopp, Rente mit 67, Nullrunde

Doch Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos gibt sich entschlossen, der Spekulation an den Märkten die Zähne zu zeigen und appelliert an die Portugiesen, zusammenzuhalten: "Das ist der Moment, in dem das Land auf die Attacken der Märkte reagieren und die nötigen Maßnahmen ergreifen muss." Gleichzeitig warb er um Verständnis für das geplante Sparprogramm.

Dieses sieht unpopuläre Änderungen vor: Das Renteneintrittsalter soll von 65 auf 67 Jahre angehoben, die Rente also faktisch gekürzt werden. Dazu kommen Beförderungsstopp und Nullrunde bei Löhnen und Gehältern im Öffentlichen Dienst, wo außerdem nur jede zweite frei werdende Stelle wiederbesetzt wird.

Erste Streiks gegen diese Pläne gab es schon vor zwei Monaten, in diesen Tagen stehen erneut Busse und Bahnen still. Der Finanzminister appelliert deshalb an seine Landsleute: "Alle, alle, ohne Ausnahme müssen wir dem Haushaltsdefizit die größte Beachtung schenken. Es ist eng mit der noch nicht überwunden Krise verbunden, aus der wir so schnell wie möglich herauskommen müssen."

Gegen die Opposition geht es nicht

Neben den Einsparungen bei Renten, im Öffentlichen Dienst und bei Investitionen, plant die Regierung auch Privatisierungen. Der Teilverkauf der staatlichen Fluglinie TAP, der Post und anderer Staatsunternehmen soll sechs Milliarden Euro in die Staatskasse spülen - doch für alle Entscheidungen braucht die Minderheitsregierung von Ministerpräsident José Sócrates die Unterstützung durch die Opposition.

Heute ist ein Treffen zwischen Sócrates und dem Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, Passos Coelho geplant. Dieser hatte angekündigt, mit der Regierung zusammenarbeiten zu wollen. "Von Seiten der PSD sind wir uns bewusst, dass die ohne Zweifel bestehenden Differenzen zwischen der PSD und der Regierung, die Überwindung der Haushaltskrise nicht verhindern dürfen", versprach Coelho.

Portugal ist nicht Griechenland

Und die Portugiesen sehen gute Chancen dafür - denn die Grundvoraussetzungen seien völlig andere als im Falle Griechenlands: Die Haushaltsbilanzen in Lissabon sind - anders als in Athen - nie beschönigt oder gar gefälscht worden. Die Staatsverschuldung lag mit rund 75 Prozent im vergangenen Jahr weit unter der Griechenlands, und Portugal hat vor wenigen Jahren schon einmal bewiesen, dass es zum Sparen fähig ist. Am Beginn seiner ersten Amtsperiode konnte Sócrates das Haushaltsdefizit von damals gut sechs Prozent auf weniger als drei Prozent drücken.

Darum sieht beispielsweise der angesehene Wirtschaftswissenschaftler Francisco Murteira Nabo die Gründe dafür, dass Portugal unter Druck geraten ist, nicht alleine in seinem Land. "So lange Deutschland die klare Hilfsstrategie der EU für Griechenland verhindert, werden die Märkte instabil bleiben", klagt er.

Gleichwohl bleiben Risiken für die portugiesischen Sparpläne. Sollte die Konjunktur hinter den Erwartungen zurückbleiben oder sollten die geplanten Privatisierungen deutlich weniger einbringen, als die erhofften sechs Milliarden Euro, sind weitere unpopuläre Sparmaßnahmen wohl unumgänglich.