Harte Kritik an General Motors "Europa ist kein Casino"

Stand: 28.05.2009 22:27 Uhr

Im Fall Opel hagelt es Kritik aus Deutschland am Mutterkonzern General Motors und der US-Regierung. Bei dem gescheiterten Spitzentreffen in der Nacht hatte GM einen zusätzlichen Finanzbedarf von 300 Millionen Euro angemeldet. Die deutsche Seite verlangt von den Amerikanern bis morgen Nachmittag Klärung.

Nach dem gescheiterten Spitzentreffen zur Rettung von Opel stehen der Mutterkonzern General Motors (GM) und die US-Regierung in der Kritik. Dabei geht es vor allem um den überraschend angemeldeten zusätzlichen Finanzbedarf von 300 bis 350 Millionen Euro, den die Bundesregierung nicht übernehmen will. Zuvor war lediglich von einem Überbrückungskredit von Bund, Ländern und Banken in Höhe von 1,5 Milliarden Euro die Rede gewesen.

Der Opel-Betriebsrat warf GM vor, die Opel-Mitarbeiter "zum Spielball im Poker um ihre eigene Insolvenz gemacht" zu haben. "Der Konzern muss wissen, dass Europa kein Casino für Glücksspieler ist", sagte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. "Die Bundesregierung hat sich zu Recht nicht erpressen lassen und verlangt von GM, diesen zusätzlichen Finanzbedarf selbst zu tragen oder eine Absicherung dafür zu geben", erklärte der Betriebsrat.

"Keine belastbare Entscheidungsgrundlage"

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück krisitierte das Verhalten der US-Gesprächspatner bei den Verhandlungen. "Mir scheint, dass das transparente Verfahren in den USA nicht immer gegeben ist", sagte er. Es entstehe der Eindruck, dass die Informationen, die die Bundesregierung erhalte, eine "sehr kurze Zeit der Validität" hätten. "Wir haben bisher keine belastbaren Grundlagen, um jetzt schon zu entscheiden", sagte Steinbrück mit Blick auf einen Überbrückungskredit.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ergänzte: "Es bleibt wichtig, dass wir Steuergelder nicht versemmeln." Die Regierung werde weiter hart verhandeln. Die Gespräche sollen morgen fortgesetzt werden. Hessens Ministerpräsident Roland Koch sagte in Wiesbaden, er gehe "mit einem beträchtlichen Maß an Optimismus" in die nächsten 24 Stunden. Gleichwohl seien noch viele Hürden zu überwinden. Bund und Länder verlangten bis Freitag, 14 Uhr, vom potenziellen Investor und von der US-Regierung Klarheit, ob eine Brückenfinanzierung in eine zukunftsfähige Lösung münden könne.

Streit über Übergangslösung

Koch zufolge waren die Verhandlungen in der Nacht an der US-Regierung gescheitert. Er sprach von einem "Dissens" bei der Organisation der Übergangslösung für Opel. Eine Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens sei dadurch "objektiv unmöglich" gewesen.

Steinbrück zufolge bilden drei zentrale Fragen den Kern der Verhandlungen: Er verlangte klarere Aussagen zu den Zukunftsaussichten von Opel. Wenn die Regierung einen Überbrückungskredit gewähre, müsse sie wissen, "wo das gegenüberliegende Ufer ist". Zum zweiten müsse bei einem Kredit geklärt werden: "Wem gehört das Konto und wo liegt das Konto?" Schließlich müssten von der US-Regierung Sicherheiten kommen, um das Risiko eines Ausfalls der staatlichen Garantien so klein wie möglich zu halten.

Magna verspricht Nachbesserungen

Von den ursprünglich vier Interessenten für eine Opel-Übernahme sind Steinbrück zufolge nur noch der Autokonzern Fiat und der Autozulieferer Magna im Rennen. Magna-Gründer Frank Stronach sagte: "Ich hoffe, dass wir bis morgen ein Konzept haben." Sein Unternehmen habe ein gutes und realistisches Angebot vorgelegt. "Wir haben das Eigenkapital sehr nachgebessert."

Angesichts der drohenden Insolvenz des Opel-Mutterkonzerns General Motors berief die EU-Kommission für morgen eine Krisensitzung in Brüssel ein, zu der die zuständigen Minister der 27 EU-Staaten eingeladen wurden. Außer den deutschen Opel-Werken verfügt General Motors in der EU auch über Standorte in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Polen, Schweden, Spanien und Ungarn.

Die EU-Kommission mahnte für die anstehende Entscheidung über Staatshilfen erneut die Beachtung der Binnenmarktregeln an. Beihilfen dürften nicht davon abhängig gemacht werden, "dass Fabrikschließungen in einzelnen Ländern ausgeschlossen werden, aber nicht in anderen", sagte ein Kommissionssprecher. Die britische Regierung kündigte bereits Hilfe für den künftigen Opel-Eigentümer an, um Arbeitsplätze zu sichern.