Interview

Autoexperte Bratzel im Interview "Sanierung ist nie abgeschlossen"

Stand: 09.02.2010 15:10 Uhr

Selbst wenn Opel sich mit der jetzt vorgelegten Sanierung retten kann - die Probleme des Autobauers bleiben bestehen. Das sagt Autoexperte Bratzel im Gespräch mit tagesschau.de. Für die Zukunft könne in der Autobranche aber ohnehin niemand Garantien für den Erhalt von Standorten übernehmen.

tagesschau.de: Herr Bratzel, der Opel-Sanierungsplan ist nun auch offiziell übergeben - wird es der letzte sein?

Stefan Bratzel: In der Autobranche ist die Sanierung inzwischen eine Daueraufgabe geworden. Das heißt: Die Sanierung ist nie abgeschlossen. Das gilt nicht nur für Opel, es gilt für nahezu alle Autobauer.  

tagesschau.de: Was müsste geschehen, damit Opel dauerhaft - oder zumindest für länger - aus der Krise rauskommt?

Bratzel: Dauerhaft schafft man es, wenn man sich von den Produkten wie von den Kosten her am Markt ausrichtet. Opels Mutterkonzern GM müsste sich nur an Ford ein Beispiel nehmen, übrigens dem einzigen US-Autobauer, der in der letzten Krise keine Hilfen in Anspruch nehmen musste. Ford hat kostensparend Autos entwickelt, die sich verkauft haben.

Zur Person

Stefan Bratzel (Jahrgang 1967) ist Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach und Leiter des dortigen Center of Automotive.

tagesschau.de: Aber Opel hat doch auch Autos gebaut, die sich verkauft haben.

Bratzel: Man muss aber mit den Autos auch Geld verdienen. Das ist Opel nicht ausreichend gelungen. Immerhin hat Opel-Chef Nick Reilly jetzt aber angekündigt, wie viel Geld in die Sanierung fließen soll: Das sind bis 2014 elf Milliarden Euro.

tagesschau.de: Davon soll einiges vom Steuerzahler kommen, in Form von Staatshilfen und Bürgschaften. Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat sich bereits zu Wort gemeldet: Der Opel-Beitrag reiche nicht aus. Er fordert, dass der Mutterkonzern GM größere Opfer bringt ... 

Bratzel: Ich bin mit Herrn Koch einig: 600 Millionen Euro als Sanierungsbeitrag von Opel sind nicht besonders viel. Und die Politik muss sich gut überlegen, ob sie Mittel zur Verfügung stellt.

tagesschau.de: Opel macht den Standort Antwerpen dicht, will mehr als 3000 Stellen in Deutschland streichen. Können die deutschen Standorte dadurch gehalten werden?

Bratzel: Das wird sich erst noch zeigen müssen. Es gibt in der Autobranche keinerlei Garantien auf Standorte oder Arbeitsplätze mehr. Was heute als Sanierungsplan übergeben wurde, ist nur eine Momentaufnahme. Das Problem des Überangebots auf dem Automarkt besteht weiterhin.

Die Fragen stellte Christian Radler, tagesschau.de