
Online-Möbelhandel Sofakauf vom Sofa aus
Stand: 20.11.2019 03:45 Uhr
Keine lange Suche in überfüllten Möbelhäusern, kein schweres Geschleppe: Kunden kaufen Möbel immer öfter im Internet, vor allem junge Familien. Die Möbelbranche muss umbauen.
Von Lucretia Gather, SWR
"Gutes Wohnen leicht gemacht". Mit dieser Reklame wirbt 1961 ein Stuttgarter Möbelhaus für Sofas, Schrankwände und Kommoden. Kaufinteressenten kommen in Anzug und gepunktetem Petticoat-Kleid ins Möbelhaus. Für die Suche nach der passenden Einrichtung für das junge Glück wurde sich extra herausgeputzt. So sah die Möbelsuche in Deutschland vor 58 Jahren aus.
Ikea-Krise: Ausbau von Online-Handel
mittagsmagazin, 20.11.2019, Lucretio Gather, SWR
Mehr als jeder Dritte hat schon Online gekauft
Heute kaufen immer mehr Kunden ihr Sofa vom Sofa aus. Der Internethandel mit Möbeln boomt. Mehr als jeder Dritte hat schon einmal Möbel im Internet gekauft. Das geht aus einer Studie des Marktforschungsinstituts Kantar TNS im Auftrag des Versandhauses OTTO hervor. Fast die Hälfte der Deutschen, 48 Prozent, kann sich laut dieser Studie vorstellen, sein Bett oder den Esstisch im Internet zu kaufen. Frauen stehen diesem Trend noch offener gegenüber als Männer, wie die Studie sagt.
Kampf um die Marktherrschaft
Die Nummer eins, Deutschlands größter Online-Möbelhändler, ist OTTO. Nach Angaben eines Sprechers bietet das Hamburger Unternehmen mehr als 200.000 sogenannte "Living-Artikel" im Netz an: vom Beistelltisch über den Kerzenständer bis zum kompletten Wohnzimmer im Landhaus-Stil. Das Unternehmen will das Angebot weiter ausbauen, weil der Online-Möbelhandel ein "riesiges Potential" berge. Auch Amazon ist auf den Trend aufgesprungen und hat Anfang des Jahres zwei eigene Möbel-Linien an den Start gebracht: "Alkove" und "Movian".
Die Kunden sind digitaler
Doch was lockt die Möbel-Kunden ins Netz? Wird der samstägliche Bummel mit der ganzen Familie durchs Einrichtungshaus unattraktiv? Das Kölner Institut für Handelsforschung hat im vergangenen Jahr zusammen mit der Unternehmensberatung KPMG eine Studie zur Zukunft des Möbelmarktes in Deutschland vorgelegt. Ihr Titel: "Auf Zukunft eingerichtet". Daraus geht unter anderem hervor, dass herkömmliche Möbelpaläste ihre Rolle als Inspirationsquelle verlieren.
Der Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, Kai Hudetz, sagt, die Kunden seien viel digitaler geworden: "Gerade junge Leute haben oft gar kein Auto und wollen nicht mehr ins Möbelgeschäft. Ihre Inspiration zur Wohnungseinrichtung holen sie sich bei Freunden oder online." Außerdem schätzten die Kunden am Möbelkauf im Netz, dass sie deutlich besser nach dem günstigsten Preis suchen könnten, erklärt Hudetz.
Zahlreiche Möbel-Anbieter im Netz
Viele Online-Anbieter haben tatsächlich ausschließlich Möbel und Wohnaccessoires im Sortiment, um mit westwing.de, wayfair.de oder made.com nur einge zu nennen. Der Anbieter home24.de mit Hauptsitz in Berlin lockt die Kunden auch damit, dass bei Bestellung keine Lieferkosten entstehen und kostenfreies Rückgaberecht besteht.
Konkurrenz für Ikea
Zwar ist der schwedische Möbelriese Ikea immer noch der umsatzstärkste Möbelhändler in Deutschland. Aber das Konzept, das jahrelang gut funktionierte, kommt in die Jahre: Die Möbel selbst abholen und aufbauen ist längst nicht mehr so attraktiv. Zumal, wenn das im Netz bestellte Regal kostenlos ins Haus kommt.
Isolde Debus-Spangenberg von der Ikea-Unternehmenskommunikation gibt sich sicher: "Wir haben den Online-Trend nicht verschlafen." Das Unternehmen habe seinen Online-Auftritt in den vergangenen Jahren sogar sukzessive ausgebaut. Aber: Ikea will bei seinem Konzept bleiben und den Kunden nach wie vor anbieten, die Möbel selbst abzuholen und damit Geld zu sparen.
Weg von der grünen Wiese
Dennoch reagiert auch Ikea auf den Online-Trend: Das Unternehmen will weg von großen Möbelhäusern auf der grünen Wiese. Stattdessen plant der Konzern in großen Städten sogenannte "Touch-Points". Hier sollen Kunden die Möglichkeit haben, sich ausgewählte Ikea-Möbel anzuschauen, um sie dann online zu bestellen. Ein erster "Touch-Point" sei gerade für Berlin geplant. Da können Kunden Möbel nicht nur anschauen, sondern auch anfassen und Probe sitzen.
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