Hintergrund

Energieagentur gibt sich pessimistisch Die Welt im dritten Ölpreis-Schock

Stand: 10.07.2008 13:38 Uhr

Die Internationale Energieagentur sieht die Welt im Bann eines dritten Ölpreis-Schocks. Die Versorgungslage werde in den nächsten Jahren eng bleiben, obwohl die Rekordpreise den Verbrauch dämpften, so ihre Prognose. Eine schnelle Besserung sei nicht in Sicht.

Die Nachfrage nach Erdöl wird ab 2010 nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) schneller wachsen als das Angebot nach dem begehrten Rohstoff. Die Versorgungslage werde in den nächsten Jahren eng bleiben, obwohl die Rekordpreise den Verbrauch dämpften, erklärte die Agentur bei der Vorlage ihrer jährlichen Prognose beim Welt-Erdöl-Kongress (WPC) in Madrid. Zwar sinke die Nachfrage aus den Industriestaaten, China und andere Schwellenländer bräuchten aber mehr Rohöl, um ihren Wirtschaftsboom zu stützen.

Besserung vorerst nicht in Sicht

"Wir sind ganz klar im dritten Ölpreis-Schock", sagte der Chef der Energieagentur, Nobuo Tanaka. Anders als in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts sei eine schnelle Besserung diesmal aber weniger wahrscheinlich, da nach den beiden ersten Ölpreis-Spitzen die größten Energieeinsparungen bereits getätigt worden seien. Zudem gebe es Verzögerungen und unerwartet hohe Kosten bei der Erschließung neuer Ölvorkommen.

Preisanstieg dämpft Nachfrage nur wenig

Der Welt-Ölverbrauch wird nach der Prognose der IEA von täglich 86,87 Millionen Barrel in diesem Jahr auf 94,14 Millionen Barrel im Jahr 2013 steigen. Wegen der explodierenden Preise steige die Nachfrage langsamer, als in der vorherigen Prognose angenommen. In diesem Jahr liege sie 1,4 Prozent unter den Schätzungen aus dem vergangenen Jahr, im Jahr 2012 dann 3,43 Prozent niedriger.

Reserven gehen zurück

Die IEA senkte aber auch ihre Vorhersage, wie viel Öl auf den Markt kommen werde. Die Ölförderländer könnten zwar die weltweite Nachfrage befriedigen. Die Produktion werde die Nachfrage aber nur um zwei Millionen Barrel pro Tag übersteigen. Das Polster sei also relativ dünn. Durch die hohe Nachfrage erwartet die IEA auch einen Rückgang der Reservekapazitäten. Diese halten die Förderländer vor, um auf eventuelle Preisschwankungen reagieren zu können. Auch diese nähmen zunächst zwar zu, schrumpften dann aber auf ein Minimum, prognostizierte die Energieagentur.

IEA glaubt nicht an Schuld der Spekulanten

Die IEA, die die Interessen der Erdölimporteure vertritt, wandte sich in ihrem mittelfristigen Ausblick zugleich gegen Vorwürfe, der Ölpreis sei vor allem durch Spekulation auf den derzeit hohen Stand katapultiert worden. Es sei in der Politik oft einfacher, einen "Prügelknaben" zu finden, als "ernsthafte Analysen durchzuführen oder vielleicht schwierige Entscheidungen" zu treffen. Zuletzt hatten vor allem Ölproduzentenländer den hohen Ölpreis mit Spekulationen begründet. Sie wiesen hingegen die Aussage von Industriestaaten zurück, das Angebot an Öl sei zu klein.

Der schwelende Atomstreit des Westens mit Iran trieb den Ölpreis unterdessen weiter in die Höhe. Allerdings wurde der Anstieg gebremst von Daten, denen zufolge sich die hohen Preise und das sich abschwächende Wachstum der US-Wirtschaft bemerkbar machen: Laut IEA verbrauchten die Amerikaner im April rund vier Prozent weniger Öl als angenommen. "Der Markt ist nun hin- und hergerissen zwischen einem schwächeren Dollar und der Tatsache, dass die Nachfrage weiter sinkt", sagte ein Marktteilnehmer. Zudem "brodelt das Thema Iran ständig im Hintergrund".