Fragen und Antworten zu Folgen der Finanzkrise Wie sicher ist mein Geld?

Stand: 10.10.2008 14:06 Uhr

Die Krise an den Finanzmärkten beunruhigt viele Menschen auch in Deutschland. Welche Folgen hat die Krise für den normalen Bankkunden? Ist das Geld auf deutschen Konten sicher, wie steht es um Lebensversicherungen? Fragen und Antworten von tagesschau.de.

Von Andrea Krüger und Ralph Sartor, tagesschau.de

Viele Sparer sind verunsichert, ob sie von der Krise an den internationalen Finanzmärkten betroffen sind. Was sollen sie tun?

"Wer seriös berät, kann Normalanlegern im Augenblick eigentlich nur eines raten: nichts", sagt Finanzexperte Thomas Bieler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Derzeit sei die weitere Entwicklung so schwer einzuschätzen, dass niemand wirklich vorhersagen könne, was als nächstes passiert: Erholen sich die Märkte? Verschärft sich die Krise? Selbst Aktienbesitzern will Bieler keinen Rat erteilen: Theoretisch seien sie zwar diejenigen, die am ehesten reagieren könnten - praktisch mache das aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn, weil die Entwicklung nicht absehbar sei. Sie könne nach oben oder unten gehen. Analysten sehen das ähnlich - verweisen aber auch darauf, dass sich nach allen Krisen der jüngsten Zeit - zum Beispiel nach den Anschlägen vom 11. September - der Markt erstaunlich schnell wieder erholt habe. Eine gesicherte Prognose, wie es in den kommenden Wochen und Monaten weitergeht, wagt aber dennoch kaum jemand.

Die Krise hat vor allem die Banken erwischt. Wie sicher ist mein Geld auf meiner Bank?

Wer sein Geld bei einem privaten oder öffentlich-rechtlichen Geldinstitut in Deutschland angelegt hat, braucht keine schlaflosen Nächte zu verbringen. Es besteht zwar die Möglichkeit, dass Banken pleite gehen. Praktisch ist es aber so, dass sich in einem solchen Fall die Banken untereinander zur Seite springen. Zudem gibt es immer mehr politische Signale, die gegen Insolvenzen sprechen - die Politik will weitere Pleiten verhindern und ist bereit, notfalls auch mit Geld (wie der IKB) oder mit Bürgschaften (wie bei der Hypo Real Estate) einzuspringen.

Wieso würden die Banken einspringen?

Zum einen müssen sie das. Der Gesetzgeber hat vorgeschrieben, dass sich Geldinstitute zum Schutze der Kundengelder einer sogenannten Entschädigungseinrichtung anschließen müssen. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Einlagen von Bankkunden bis zu einer Höhe von 90 Prozent und maximal 20.000 Euro geschützt sein müssen. Zum anderen sind fast alle Geldinstitute in Deutschland darüber hinaus noch an sogenannten Einlagensicherungsfonds beteiligt – freiwilligen Sicherungssystemen, die die Einlagen weit über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus absichern. Jede Bankengruppe - privat, öffentlich-rechtlich oder genossenschaftlich - hat einen eigenen Fonds, in den die beteiligten Kreditinstitute jedes Jahr einen festgelegten Betrag einzahlen. Ginge eine der beteiligten Banken pleite, wären die Kundengelder über einen solchen Fonds abgesichert. Für Kunden ist wichtig zu wissen, dass über den Fonds nur Einlagen geschützt sind - also beispielsweise das Girokonto, das Festgeldkonto oder Sparkonten. Anlagen in Aktien sind hingegen nicht erfasst, weil sie zu jedem Zeitpunkt dem Kunden gehören, die Bank verwaltet sie nur in dessen Auftrag.

Sind noch weitere Sicherheiten geplant?

Ja. Die EU will die gesetzliche Mindestsicherungssumme EU-weit auf 50.000 Euro anheben, um Sparer noch besser vor Bankenpleiten zu schützen. Die Kommission kündigte an, schon bald einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Einzelne Staaten wollen die Summe sogar auf 100.000 Euro erhöhen. Die EU will aber noch weiter gehen: Damit Banken erst gar nicht zahlungsunfähig werden, verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, zumindest die wichtigen Institute im Notfall zu unterstützen. Wie das geschehen soll und für welche Banken genau das gilt, ist noch unklar - die EU spricht in ihrer Erklärung von "allen systemrelevanten Finanzinstitutionen". Über Details werde von Fall zu Fall entschieden, heißt es in der Erklärung etwas kryptisch. Sehr klar ist aber dennoch die Aussage der französischen Finanzministerin Christine Lagarde: "Wir werden ein europäisches Szenario wie bei Lehman Brothers nicht tolerieren."

Warum dann noch eine deutsche Staatsgarantie für Bankguthaben?

Neben all diesen Garantien und Sicherheiten hat die Bundesregierung eine unbegrenzte Bürgschaft für alle Einlagen auf deutschen Spar-, Giro- und Terminkonten verkündet. Die Garantie erfasst Geldvermögen von mehr als einer Billion Euro. Für alle Maßnahmen gilt: Sie sollen Vertrauen schaffen, um zu verhindern, dass es eine Panikreaktion gibt - Poiltik und Wirtschaft haben Angst vor einem Horrorszenario: Millionen verunsicherter Bankkunden könnten an die Schalter drängen, um ihre Guthaben abzuheben. Das würde die Banken in enorme Schwierigkeiten bringen, weil sie auf einen Schlag große Geldsummen aufbringen müssten - und gerade die schwierige Geldbeschaffung ist eines der Hauptprobleme, das die Banken zurzeit aufgrund der Finanzmarktkrise haben. Somit soll diese Garantie vor allem eines bewirken: Jedem Bankkunden auch noch die allerletzte Angst um sein Geld zu nehmen. Die Garantie soll es also noch unwahrscheinlicher machen, dass der Fall eintritt, für den sie gilt.

Sind in Deutschland denn schon Banken pleite gegangen?

Ja, Bankenpleiten hat es auch in Deutschland immer wieder gegeben. 2006 erwischte es zum Beispiel die Privatbank Reithinger mit 65.000 Kunden. Reithinger wurde von der obersten Finanzaufsicht, der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin), geschlossen, weil die Gefahr bestand, dass das Institut seinen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern nicht mehr nachkommen würde. Pech für die Kunden: Die Bank gehörte nicht dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds der privaten Banken an, die Einlagen waren also nur über das gesetzliche Sicherungssystem, also bis höchstens 20.000 Euro, geschützt. Die größte Bankenpleite der Nachkriegsgeschichte erlebte die Bundesrepublik 1974, als die Kölner Privatbank Herstatt kollabierte. Wie viele andere Institute hatte Herstatt Anfang der Siebzigerjahre viel Geld in Devisenspekulationen gesteckt. Nach der Ölkrise 1973 hatten die sogenannten "Goldjungs" der Bank – eine Gruppe blutjunger Herstatt-Mitarbeiter – viel Geld auf einen steigenden Dollar-Kurs gesetzt. Mit fatalen Folgen: Als die US-Währung auf Talfahrt ging, nahm sie Herstatt mit. Im Sommer 1974 hatten sich aus dem Devisengeschäft Verluste von rund einer halben Milliarde Mark angehäuft. Die Bank war pleite. Ende Juni schloss die damalige Finanzaufsicht die Bank. Dank einer rasch ins Leben gerufenen Rettungsaktion gelang es, den Herstatt-Kunden einen Großteil ihrer Einlagen zurückzuzahlen. Die Herstatt-Pleite hatte ganz konkrete Folgen: Wenig später gründeten die Banken ihren Einlagensicherungsfonds.

Die derzeitige Krise hat viele Aktien auf Talfahrt geschickt. In Deutschland haben nur vergleichsweise wenige Menschen ihr Geld in Aktien investiert. Aber viele Versicherer legen ihr Geld unter anderem auch in Aktien ab. Muss ich mir nun etwa Sorgen um meine Lebensversicherung machen?

Tatsächlich haben in Deutschland nur wenige Verbraucher in Aktien investiert - die Angaben schwanken zwischen sechs und acht Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz sind es rund 30 Prozent, in den USA etwa 25. Bei Lebensversicherungen oder Pensionsfonds, die bei den Deutschen wesentlich populärer als Aktienbesitz, sind, liegt das Geld aber nicht einfach auf der hohen Kante. Es wird investiert - und zwar unter anderem in Aktien. 2006 lag diese Aktienquote nach einer Studie von Ernst&Young und dem Fondsanbieter CAM bei rund 16 Prozent. Das ist vergleichsweise wenig, und die Experten geben grundsätzlich Entwarnung. Die abstürzenden Aktienkurse können aber sehr wohl einen Einfluss auf die Renditen der Versicherer haben: Wenn sie an den Börsen weniger Geld verdienen, sinkt auch die Verzinsung der Lebensversicherungen. Dennoch rät keiner der Experten aus diesem Grund zu einem Ausstieg aus bestehenden Verträgen. Zum einen bildet sich die Rendite der Verträge über Jahrzehnte; kurzfristige Kurssauschläge machen sich also weniger bemerkbar. Zum Vergleich: Selbst wenn der DAX bei 5000 Punkten liegt - ein sattes Minus im Vergleich zum Jahresanfang -, liegt er damit immer noch doppelt so hoch wie nach den Anschlägen vom 11. September. Und zum anderen wäre eine Kündigung einer bestehenden Lebensversicherung mit deutlich höheren Verlusten verbunden.

Für die Lebensversicherer selbst gilt: Nach Untersuchungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind deutsche Konzerne trotz der Krise und den Milliardenverlusten des amerikanischen Versicherers AIG stabil. Die BaFin unterzieht die Anbieter regelmäßigen "Stresstests" - und auch der aktuelle Test im September ergab nach Angaben der BaFin keine Hinweise auf versteckte Risiken in den Bilanzen.