
Mobilfunk in Deutschland Fast so gut wie Albanien
Stand: 09.02.2020 09:28 Uhr
Der Mobilfunkstandard 5G steht vor seiner Einführung in Deutschland. Doch nicht einmal 4G funktioniert einwandfrei. Andere Länder schneiden in einer Studie besser ab - zum Beispiel auch Albanien.
Von Tobias Betz, ARD-Hauptstadtstudio
Es klingt absurd. Die Niederlande schneiden bei der 4G- beziehungsweise LTE-Versorgung mit dem Spitzenplatz ab, Deutschland liegt abgeschlagen auf dem drittletzten Platz.
In beiden Ländern ist die Deutsche Telekom einer der Platzhirsche. Das Unternehmen versorgt mehrere Länder. In den Niederlanden erreicht das Tochterunternehmen Telekom NL 90,6 Prozent 4G-Abdeckung. Hierzulande erreicht die Deutsche Telekom nur 75 Prozent. Vodafone und Telefónica schneiden noch schlechter ab.
"Investitionen in Deutschland sehr teuer"
"Das ist nicht überraschend. In Deutschland sind Investitionen in die digitale Infrastruktur im europäischen Vergleich sehr teuer", sagt Hakan Ekmen, Geschäftsführer der P3 Group. Das Aachener Unternehmen sammelt weltweit Daten zur Netzabdeckung und zur Netzqualität. Insgesamt kann das Unternehmen nach eigenen Angaben weltweit auf rund 190 Millionen Daten in einem Jahr zurückgreifen.
Die Grünen im Bundestag haben nun eine Auswertung aktueller Daten in Europa beauftragt. Von Juli bis September 2018 hat die P3 Group die Daten von fünf Millionen Nutzern in Europa verglichen. Dabei wird eine Software bei rund 800 Apps mitinstalliert. "Das können Wetterapps oder auch Spieleapps sein, die weltweit auf dem Markt sind", erklärt Ekmen.
Nach Angaben der P3 Group sind die Daten bis auf 50 Meter genau, allerdings kann das Unternehmen demnach die Daten keiner Person zuordnen. Das verlangt der Datenschutz.
Weit abgeschlagen
Die Ergebnisse, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegen, zeigen: Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei der Mobilfunkabdeckung weit zurück. Vor allem mit Blick auf den aktuellen Standard 4G beziehungsweise LTE. Bei der 4G-Versorgung in der Fläche liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz - hinter Frankreich, den Niederlanden und Albanien.
Auch die Qualität der Netze sei bedenklich - bei der Datengeschwindigkeit landet Deutschland im hinteren Drittel Europas.
Teure Lizenzversteigerungen
"Das Ergebnis ist erschreckend", sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer. Der stellvertretende Fraktionschef fordert, die Bundesregierung müsse den Ausbau des Netzes stärker fördern und mehr Geld in Mobilfunkmasten investieren.
Die schlechte Infrastruktur ist ein hausgemachtes Problem. Denn die Bundesregierung verlangt von den Netzbetreibern Milliarden für die Lizenzen. Dieses Geld fehlt, um es in den Ausbau der Netze zu stecken. Leidtragende sind die Kunden, insbesondere auf dem Land.
Die Grünen fordern deshalb Roaming. Das heißt, auch andere Netzanbieter sollen fremde Funkmasten nutzen können. Die Autoren der Studie schreiben, es sei dabei wichtig, "eine gemeinsame Nutzung von Netzinfrastruktur oder Netzkomponenten innerhalb der bereits existierenden 4G-Mobilfunknetze zu schaffen, beziehungsweise zu intensivieren - und damit auch auf 5G anwenden zu können."
Doch die Betreiber der Masten lehnen das strikt ab. Mit solchen Vorschlägen würden Unternehmen bevorzugt, die bislang kaum in ein eigenes Netz investiert haben, heißt es etwa bei der Telekom.
Zu wenige Mobilfunkmasten in der Fläche
Hierzulande werden Mobilfunknetze vor allem in Ballungsräumen ausgebaut, kleinere Städte und ländliche Gebiete bleiben auf der Strecke. "Idealerweise werden die Lizenzen nicht für Milliarden versteigert, sondern günstiger", sagt P3-Geschäftsführer Ekmen. Die Lizenzen sollten im Gegenzug unter strengen Auflagen vergeben werden. "So könnten die vielen weißen Flecken in Deutschland innerhalb von zwei Jahren komplett verschwinden", prognostiziert Ekmen.
Im Frühjahr versteigert die Bundesnetzagentur die Lizenzen für den neuesten Standard 5G. Ein flächendeckender Ausbau ist dabei nicht verpflichtend.
Neue Studie zu 4G-Netzabdeckung: Deutschland im Ländervergleich hinten
tagesschau 16:00 Uhr, 27.12.2018, Thomas Kreutzmann, ARD Berlin
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