Interview

Fachkräftemangel in den MINT-Berufen "Alarmierende Abbruchzahlen"

Stand: 05.06.2012 12:32 Uhr

Mit einer Kampagne auf den Internetplattformen www.fachkraefte-offensive.de und www.make-it-in-germany.com will die Bundesregierung dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken. Knapp 210.000 Fachkräfte - hauptsächlich aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT - fehlen in Deutschland zur Zeit. Zwar steigen die Studienzahlen, doch brechen viele ihr Studium wieder ab. Ellen Walther-Klaus von der Inititiave "MINT Zukunft schaffen"

tagesschau.de: Warum fehlen so viele Fachkräfte in den MINT-Berufen?

Ellen Walther-Klaus: Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass die Fachkräftelücke in Deutschland im wesentlichen eine strukturelle Lücke ist. Diese wird zwar durch die gute Konjunktur immer wieder überlagert, aber sie ist vor allem demografisch bedingt, das heißt wir haben eine Abnahme von Schülerzahlen und es scheiden mehr Ingenieure aus dem Beruf aus, als zur Zeit hineinkommen. Und dieses strukturelle Problem müssen wir lösen.

tagesschau.de: Es gibt aber auch positive Zahlen. Es fangen wieder mehr Schulabgänger in den MINT-Fächern mit einem Studium an. Heißt das der Fachkräftemangel ist bald überwunden?

Walther-Klaus: Es gibt erste, positive Signale, die Studienzahlen haben zugenommen. Doch es gibt auch leider auch erste negative. An einigen Universitäten sind die Abbruchzahlen in den MINT-Fächern, vor allem in den Ingenieurs-Studiengängen, alarmierend wieder über 50 Prozent gewachsen. Das heißt wir müssen sehr viele Anstrengungen unternehmen, alle Schüler, auch grade die jungen Leute die in den Übergangssystemen sind, in der Jugendarbeitslosigkeit, zu motivieren sich ausbilden zu lassen.

"Wir müssen sehr viel Aufklärungsarbeit leisten"

tagesschau.de: Warum brechen denn so viele diese Studiengänge ab?

Walther-Klaus: Sowohl die Berufsausbildungs- als auch die Studienabbrecher geben, neben Mathematik, als einen der Hauptpunkte die Erwartungen an einen Beruf nach der Ausbildung, nach dem Studium, an. Das rührt daher, dass diese jungen Leute häufig gar nicht wissen, welche Möglichkeiten sie haben. Von den 380 Ausbildungsberufen, die wir haben, kennen junge Menschen, vor allem Mädchen, vielleicht maximal 10 Prozent. Selbst wenn sie einen Beruf kennen, kennen sie oft das Berufsumfeld nicht. Welchen ähnlichen Ausbildungsberuf kann ich ergreifen, wenn ich meinen Wunschberuf nicht bekomme. Was ist ähnlich und würde mich motivieren etwas anderes zu machen. Ich denke, wir müssen da sehr viel Aufklärungsarbeit leisten und das muss auch in den Schulen und in den Studiengängen passieren.