Die Innenstadt von München, fotografiert aus einem Hubschrauber.
FAQ

Steigende Wohnkosten Was tun bei Mieterhöhung?

Stand: 29.06.2019 10:58 Uhr

Wer eine Mieterhöhung bekommt, stimmt meistens einfach zu. Dabei finden sich darin häufig Fehler oder überzogene Forderungen. Gerade in Berlin sind derzeit viele betroffen. Was kann man dagegen tun?

Wenn eine Mieterhöhung im Briefkasten liegt, ist die Verunsicherung oft groß. Weil viele Mieter nicht um ihre Rechte wissen, stimmen sie häufig einfach zu. Gerade vielen Berliner Mietern geht das derzeit so. Denn kurz bevor der Senat in der vergangenen Woche den sogenannten Mietendeckel beschlossen hat, haben Tausende noch eine Mieterhöhung bekommen. Beim Berliner Mieterverein hat sich das Fallaufkommen seitdem nahezu verdoppelt.

Doch auch Vermieter sind wegen der bundesweit einmaligen Gesetzgebung in Berlin verunsichert. Gerade kleinere Vermieter, die beispielsweise zur Altersvorsorge nur eine oder wenige Wohnungen besitzen, haben Sorge, durch die geplante Gesetzgebung, ihre Kosten nicht mehr decken zu können. Denn Kredite sind abzubezahlen und für steigende Preise bei Handwerkerkosten gebe es keinen Deckel, so die Argumentation.

Fakt ist jedoch, dass in vielen deutschen Regionen Wohnungen zum Renditeobjekt geworden sind. Die rasanten Preissteigerungen der vergangenen Jahre belegen dies. Gerade Immobilienkonzerne versuchen häufig alles, was möglich ist, herauszuholen. Doch welche Regeln gelten bei Mieterhöhungen? Und was genau ist zu prüfen?

Wie schnell muss ich auf die Mieterhöhung reagieren?

Hier heißt es, zunächst einmal Ruhe zu bewahren. Da die Prüfung von Mieterhöhungen mitunter komplex ist, hat der Mieter nach dem abgelaufenen Kalendermonat weitere zwei Monate Überlegungsfrist. Ist die Mieterhöhung also Mitte Juni eingegangen, muss eine Zustimmung erst zum 31. August erfolgen. Eine Ablehnung kann zwar, muss aber nicht eigens erklärt werden.

Gerade in Berlin haben wegen der unklaren Rechtslage zuletzt viele Vermieter versucht, zeitlichen Druck aufzubauen. Der Berliner Mieterverein und auch die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) raten Mietern aber dazu, die Zustimmung bis zum Fristende hinauszuzögern und nur unter Vorbehalt zuzustimmen. Je nachdem, wann der Mietendeckel letztlich greifen wird, kann der Zeitpunkt der Zustimmung von Belang sein.

Wann ist eine Mieterhöhung rechtens?

Für Mieterhöhungen gelten laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) mehrere Grenzen: Zum einen gibt es die Kappungsgrenze, die besagt, dass ein Vermieter die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen darf. In ganz Berlin, in Hamburg, Bremen und mehr als 300 anderen Städten mit knappem Wohnraum gilt sogar eine Kappungsgrenze von 15 Prozent. Wo genau, lässt sich auf der Homepage des Deutschen Mieterbunds nachlesen.

Die zweite Grenze ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Die darf bei keiner Mieterhöhung überschritten werden. In Berlin und manchen anderen Städten gibt es einen qualifizierten Mietspiegel, der bei der Einordnung der eigenen Wohnung hilft. Wo es keinen Mietspiegel gibt, muss die ortsübliche Vergleichsmiete anders bestimmt werden. Entweder durch ein Sachverständigengutachten. Oder beispielsweise, indem der Vermieter die Mieten von drei vergleichbaren Wohnungen heranzieht. "Aber Achtung, hier ist Vorsicht geboten", sagt Stefan Schetschorke, Leiter der Rechtsabteilung beim Berliner Mieterverein im Gespräch mit tagesschau.de. "Vermieter neigen dazu, drei Vergleichswohnungen auszusuchen, deren Miete besonders hoch ist." Es lohnt sich also, sich beraten zu lassen und gegebenenfalls die Miethöhe anzuzweifeln.

Außerdem gibt es zusätzliche Sperrfristen für Vermieter: Die letzte Mieterhöhung muss mindestens ein Jahr her sein. Und die neu zu zahlende Miete darf frühestens zum dritten Monatsersten verlangt werden, der auf die Zustellung der Mieterhöhung folgt. Im Beispiel der im Juni zugestellten Mieterhöhung wäre das der 1. September.

Wie finde ich die ortsübliche Vergleichsmiete heraus?

Das ist häufig nicht leicht. Berücksichtigt werden hierbei das Alter des Wohnhauses, die Wohnlage, die Wohnfläche und die Ausstattung. Insbesondere bei der Ausstattung gibt es Auslegungsspielraum. "Die Erfahrung zeigt, dass Vermieter häufig einfach den höchstmöglichen Wert angeben, ob das dann auch auf die Wohnung zutrifft, steht auf einem anderen Blatt", sagt Schetschorke vom Berliner Mieterverein.

Es empfiehlt sich also in jedem Fall, eine Mieterhöhung sorgfältig auf diese Kriterien hin zu prüfen, am besten mit fachlichem Rat. Entweder von einem Mietrechtsanwalt oder bei einem der ortsansässigen Mietervereine.

In Berlin bieten beispielsweise auch die Bezirke kostenlose Mieterberatungen an. Berliner, die auf eigene Faust prüfen wollen, können das mithilfe einer einer Onlineabfrage auf den Seiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung tun.

Berlin: Fällt die Erhöhung unter den "Mietendeckel"?

Diese Frage, die viele Berliner derzeit umtreibt, ist noch ungeklärt. Denn noch handelt es sich beim geplanten "Berliner Mietengesetz" nur um einen Beschluss von Eckpunkten. Es ist bislang also sozusagen nur eine Willenserklärung des Senats, dass das Gesetz kommen und wie es aussehen soll. Das fertige Gesetz soll erst zum Januar 2020 in Kraft treten. Bis dahin sind alle Mieterhöhungen grundsätzlich erstmal zulässig, müssen also vom Mieter nach BGB geprüft und auch gezahlt werden, wenn sie die rechtlichen Kriterien erfüllen. Erst ab Januar, wenn das neue Gesetz in Kraft ist, kann die Erhöhung gegebenenfalls zurückverlangt werden.

Geplant ist aber, dass der Mietendeckel rückwirkend zum 18.6.2019 gelten soll. Laut Senatsverwaltung ist bei dieser Stichtagsregelung die Zustimmung des Mieters maßgeblich. Wenn ein Mieter bis zum 18. Juni also noch nicht zugestimmt hat, dürfte die Mieterhöhung nicht rechtens sein, weil sie dann schon unter den "Mietendeckel" fällt.

Nach Auffassung vieler Vermieter gilt der Stichtag hingegen für die Zustellung der Mieterhöhung. Darauf zielte auch der Aufruf des Eigentümerverbands Haus & Grund, der Vermieter dazu aufforderte, noch schnell vor dem 18.6. Mieterhöhungen rauszuschicken. Schetschorke vom Berliner Mieterverein hält rechtlich zwei Varianten für möglich: "Entweder wird der Zeitpunkt der Zustellung der Mieterhöhung maßgeblich sein oder der Wirksamkeitszeitpunkt, zu dem die Mieterhöhung greift." Es vom Zeitpunkt der Zustimmung abhängig zu machen, hält er für fragwürdig, da das von Mietern so unterschiedlich gehandhabt wird.

Ob am Ende der Mietendeckel überhaupt rückwirkend in Kraft treten kann und welche formalen Kriterien dafür notwendig sind, dürfte vor Gericht entschieden werden. Denn dass gegen den "Mietendeckel" geklagt werden wird, kann als sicher gelten.

Was passiert, wenn ich der Mieterhöhung nicht zustimme?

Sollte die Zustimmung zur Mieterhöhung nicht innerhalb der geforderten Frist erfolgen, hat der Vermieter drei Monate lang Zeit, Klage einzureichen. Lässt er diese Frist verstreichen, ist die Mieterhöhung hinfällig. Es kann auch eine Teilzustimmung erfolgen, wenn beispielsweise nur die Kappungsgrenze nicht eingehalten wurde. Für die Klärung solcher Detailfragen empfiehlt sich aber eine rechtliche Beratung.

Mehrfamilienhäuser aus der Gründerzeit in der Nähe des Kollwitzplatzes im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg

Unter Umständen kann es für Mieter ratsam sein, es auf eine Klage des Vermieters ankommen zu lassen.

Wer begründete Anhaltspunkte für eine überzogene Mieterhöhung hat, kann durchaus gut beraten sein, es auf eine Klage ankommen zu lassen. Nicht jeder Vermieter wird den mühsamen Klageweg gehen. "Zudem läuft es erfahrungsgemäß bei Gericht häufig auf einen Vergleich hinaus. Beide Parteien schließen also einen Kompromiss und müssen sich dann die Gerichts- und Anwaltskosten teilen", sagt Schetschorke.

Was gilt bei Mieterhöhung wegen Modernisierungen?

Für Mieterhöhungen nach Modernisierungen gelten die oben genannten Grenzen nicht. Sie können jederzeit nach erfolgter Modernisierung greifen. Seit dem 1. Januar 2019 darf der Vermieter die acht Prozent der Modernisierungskosten auf den Mieter umlegen (vorher elf). Allerdings nur bis zu einer Höhe von drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren.

Im geplanten "Berliner Mietengesetz" soll auch diese Umlagefähigkeit eingeschränkt werden. Laut Eckpunktepapier sind Modernisierungsumlagen bis 0,50 Cent Steigerung der Bruttowarmmiete pro Quadratmeter lediglich "anzeigepflichtig". Darüber hinausgehende Modernisierungsumlagen müssen von der Investitionsbank Berlin auf Verhältnismäßigkeit geprüft und eigens genehmigt werden.

Ob diese geplante Regelung jedoch rechtlich Bestand haben wird, ist fraglich. Denn "da es bereits eine Regelung zu Modernisierungsumlagen im BGB gibt, dürfte das Land Berlin hier wohl gar keine eigene Regelung machen dürfen", meint Thomas Hannemann, Mietrechtsexperte beim Deutschen Anwaltsverein. Für Mietrecht ist nämlich eigentlich der Bund zuständig.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. Juni 2019 um 11:41 Uhr.