EU kippt Vorschriften für Verpackungsgrößen Kleine Portionen für Supermarktkunden

Stand: 25.09.2006 21:29 Uhr

Nähgarn für einen Knopf, ein Tütchen Kaffee, zwei Löffel Zucker - künftig sollen Kunden 70 Produkte in kleineren Packungen als bisher kaufen können. Das entschied die EU-Kommission. Verbraucherschützer warnten vor höheren Preisen. Bald wiege eine Tafel Schokolade vielleicht nur noch 95 statt 100 Gramm. 

Die EU-Staaten haben einstimmig die Vorschriften für Verpackungsgrößen gekippt. Hersteller können demnach künftig rund 70 Produkte wie Kaffee, Butter, Zucker, Kakao, Milch oder Nähgarn in beliebig kleinen Packungen verkaufen. Wein und Spirituosen sind nicht inbegriffen - für sie gelten Sonderregeln. Vertreter der Mitgliedstaaten begrüßten die Einigung als verbrauchernah. Dies sei ein Testfall für die Entbürokratisierung, sagte der für Deutschland verhandelnde Wirtschaftsstaatssekretär Joachim Wuermeling. "Wie viel Zucker oder Kaffee jemand kauft, soll er selbst entscheiden und nicht die Minister." Erstmals verzichte die EU auf überflüssige Vorschriften. Künftig könne ein Kaffeehersteller auf die Idee kommen, Einzelportionen zu verkaufen, oder ein Nähgarnhersteller könnte einzelne Zwirne für nur einen Jacketknopf ins Sortiment aufnehmen, sagte er.

Verbraucherschützer warnen vor Preissteigerungen

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnte allerdings vor Preissteigerungen. Die Packungen würden zwar kleiner, aber der Preis bliebe möglicherweise der gleiche, wurde befürchtet. Zum Beispiel wären 95-Gramm-Tafeln Schokolade statt der üblichen 100-Gramm-Tafeln zulässig.

Das EU-Parlament muss dem Kompromiss noch zustimmen. Die Veränderung des bestehenden EU-Rechts muss dann in den Mitgliedstaaten gesetzlich verankert werden. Dafür besteht eine Frist von zwei Jahren. Die Entscheidung war umstritten und kam nur zustande, nachdem Italien, Frankreich und Spanien für sich Ausnahmen aushandelten. Italien kann sich bei der Packungsgröße von Nudeln dreieinhalb Jahre Zeit lassen. Ähnliche Regelungen gelten in Frankreich bei Zucker und Spanien bei Kaffee.

Einheitsgrößen sollten Preisvergleiche ermöglichen

Die Einheitsgrößen waren in den siebziger Jahren zum Schutz der Verbraucher festgelegt worden, um Preisvergleiche einfacher zu machen. Inzwischen muss aber angegeben werden, wie viel das jeweilige Produkt in einer Einheit, beispielsweise 100 Gramm kostet. Da die Vergleichbarkeit gewährleistet sei, entfalle die ursprüngliche Begründung des Verbraucherschutzes, hieß es.