Hintergrund

Internationale Abhängigkeiten Welche Folgen hat der Dollarkurs für den Export?

Stand: 26.08.2007 17:36 Uhr

Deutschland trägt den Titel Exportweltmeister unter Vorbehalt. Denn die Rangliste zählt in US-Dollar. Ist der Euro stark, steigt so der Exportwert unabhängig von der Warenmenge. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Auswirkungen von Dollarkurs, Ölpreis und Exportüberschuss.

Von Norbert Lübbers

Schadet ein starker Euro im Verhältnis zum Dollar den deutschen Exporten?

Die aktuelle Stärke des Euro ist vor allem auf die Schwäche des Dollars zurückzuführen. Die europäische Gemeinschaftswährung hat die große Last der Dollar-Abwertung der vergangenen Jahre getragen. Der starke Euro beziehungsweise der schwache Dollar kann zu einer schwindenden globalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen führen, da deutsche Exporte durch den Wechselkurs teurer werden. Die Folge wären heftige Einbußen für Unternehmen bei Ausfuhren in den Dollar-Raum. Dies gilt beispielsweise auch bei Exporten nach China, da der chinesische Yuan an den US-Dollar gekoppelt ist.

Bislang konnte ein Einbruch beim Export verhindert werden. Die deutschen Exporte haben trotz des starken Euros auf dem Weltmarkt kaum Anteile verloren. Deutsche Exporteure in die USA haben zum Beispiel den schwachen Dollar vielfach ausgeglichen, in dem sie ihre Gewinnspanne verkleinerten. Marktanteile konnten so gehalten werden. Deutsche Unternehmen, die ihre Produktion zum Teil in den Dollar-Raum ausgelagert haben, konnten sogar profitieren. Weil Öl international in Dollar abgerechnet wird, schwächt ein starker Euro bisher die Folgen eines hohen Ölpreises für Deutschland ab. Ein Kursverfall des Euro gegenüber dem Dollar würde Öl deutlich verteuern.

Doch ein schwacher Dollar hat auch Vorteile. Importe nach Deutschland werden billiger, zum Beispiel auch Rohmaterialen, die zur Weiterverarbeitung in Deutschland gebraucht werden. Für die Verbraucher werden Reisen in Länder günstiger, in denen mit US-Dollar bezahlt wird.

Welche Rolle spielt die US-Wirtschaft für den deutschen Außenhandel?

Exportweltmeister Deutschland ist empfindlich davon abhängig, dass andere Länder deutsche Waren importieren. Ein Wegfall von ausländischen Absatzmärkten ist gefährlich, da Deutschland von der Weltkonjunktur abhängig ist wie nur wenige Länder auf der Welt. Einer der wichtigsten Abnehmer deutscher Produkte sind die USA. Die deutschen Ausfuhren in die USA sind im Jahr 2004 gegenüber dem Vorjahr um 5,1 Prozent auf knapp 65 Milliarden Euro gestiegen. Im Warenaustausch mit den USA erwirtschaftet Deutschland höhere Überschüsse als mit irgendeinem anderen Land. Weltweit bilden die USA den größten Absatzmarkt für Importgüter. Sollte sich der Importhunger der USA verringern, ist vor allem Deutschland betroffen.

Seit den 1980ern importieren die USA mehr, als sie an Waren und Dienstleistungen exportieren. Dadurch stieg das so genannte Leistungsbilanzdefizit, bei der Ein- und Ausfuhren gegeneinander verrechnet werden, kontinuierlich an. 2004 erreichte es das Rekordniveau von über 600 Milliarden US-Dollar. Zusätzlich wird das Minus im Haushaltsjahr 2004 knapp 480 Milliarden Dollar erreichen - ein neuer Negativ-Rekord. Dieses doppelte Defizit hat die Abwertung des Dollars begünstigt. Dollarkäufe asiatischer Länder haben größere Folgen bisher verhindert: Sollte der Kurs des Dollars zusätzlich durch das doppelte Defizit der USA weiter fallen, könnten deutsche Exporte als Folge noch teurer werden.

Wie belastet der Ölpreis Export und Nachfrage?

Neben dem Euro-Dollar-Wechselkurs ist der Ölpreis wichtiger Einflussfaktor für die deutsche Exportwirtschaft. Der starke Anstieg der weltweiten Produktion hat zu einer kräftigen Zunahme der Rohstoffnachfrage geführt. Das Ergebnis: rapide steigende Preise für Rohstoffe wie Öl und Stahl. Durch den hohen Ölpreis steigen die Produktionskosten für die deutsche Industrie. Zusätzlich drückt der Ölpreis auch auf die Binnennachfrage. Ein hoher Ölpreis schmälert zum Beispiel durch hohe Benzinpreise die Realeinkommen der Privathaushalte. Und wenn die Bürger weniger im Portemonnaie haben, schränken sie ihre Ausgaben ein: Nicht nur in Deutschland, sondern auch bei den wichtigsten Handelspartner Deutschlands wird dem privaten Sektor so Kaufkraft entzogen. Das wiederum hat negative Auswirkungen auf deutsche Exporte, da die Kaufzurückhaltung der Verbraucher auch im Ausland zu sinkender Nachfrage führt. Bisher allerdings hatte der hohe Ölpreis noch keine dramatischen Auswirkungen auf die Konjunktur.

Rekordexporte und geringe Binnennachfrage: Geht das auf Dauer gut?

Das geringe Wirtschaftswachstum in Deutschland wird vor allem vom Export getragen. Boomende Exporte haben der deutschen Wirtschaft nach drei Jahren Stagnation 2004 erstmals wieder ein deutliches Wachstum beschert. Das reale deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im 2004 um 1,7 Prozent. Die Exporte stiegen um 10,4 Prozent, die Importe legten um 8,0 Prozent zu. Zwar brummt der Exportmotor in Deutschland, doch Binnennachfrage und privater Konsum, die rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, dümpeln seit Jahren vor sich hin. Die deutschen Verbraucher gaben im vergangenen Jahr rund 0,3 Prozent weniger aus. Der private Konsum ist derzeit zu schwach, um den exportgetriebenen leichten Aufschwung weiter zu tragen. Starker Wirtschaftsaufschwung und ein Belebung des Arbeitsmarktes lassen sich deshalb nicht als allein als Exportweltmeister realisieren.