Antrag für Sommer geplant Langer Weg bis zum LNG-Terminal in Stade
Flüssiggas soll Deutschlands Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. Doch bislang ist ein direkter Import von LNG nicht möglich. Nun konkretisieren sich die Pläne für ein erstes Flüssiggas-Terminal in der Bundesrepublik.
Im niedersächsischen Stade soll Deutschlands erstes Terminal für LNG (Liquefied Natural Gas) entstehen, also für Flüssiggas. Die Hanseatic Energy Hub GmbH (HEH) will laut ihrem geschäftsführenden Gesellschafter Johann Killinger in diesem Sommer die Antragsunterlagen für das milliardenschwere Projekt in der Hansestadt einreichen.
Bisher gibt es in Deutschland kein einziges LNG-Terminal. Ein direkter Import des Flüssiggases aus Ländern wie Katar und den USA ist für die Bundesrepublik darum bislang nicht möglich, obwohl die Bedeutung von LNG als Alternative zu russischen Gasexporten seit der Zuspitzung der Lage in der Ukraine in der Diskussion stark zugenommen.
Die Pläne für Anlagen in Stade und Brunsbüttel liegen seit Jahren auf dem Tisch. Doch die deutsche Politik verließ sich auf den russischen Partner, statt zusätzlich eine Infrastruktur für den Import von Flüssiggas aufzubauen, wie es in vielen anderen europäischen Ländern gemacht wurde.
Genehmigungsverfahren dürfte mindestens ein Jahr dauern
Nun werden die Pläne für die Anlage in Stade zwar konkreter, allerdings wird das Genehmigungsverfahren wohl mindestens ein bis eineinhalb Jahre dauern. "Dann geht es mit dem Bauen los", sagte Johann Killinger der Deutschen Presse-Agentur. Bis die Anlage an der Elbe einsatzbereit ist, werden also noch Jahre vergehen, in denen Deutschland weiterhin nicht direkt LNG importieren kann. Stattdessen müssen deutsche Energieversorger für die Anlieferung von Flüssiggas Terminals in Zeebrügge (Belgien), Dünkirchen (Frankreich) und Gate (Niederlande) nutzen.
Insgesamt gibt es in Mitgliedsstaaten der EU bereits 26 LNG-Terminals, deren Auslastung auch noch weiter hochgefahren werden kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies in der vergangenen Woche darauf, dass die Europäische Union (EU) so eine zeitweise Unterbrechung der russischen Erdgaslieferungen durch den gesteigerten Import von Flüssiggas kompensieren könnte. Denn die Angst, der russische Präsident Wladimir Putin könnte Europa als Reaktion auf EU-Sanktionen in der Ukraine-Krise den Gashahn abdrehen, wächst.
Die EU habe daher mit wichtigen LNG-Lieferanten über eine Erhöhung der Gas- und Flüssiggaslieferungen gesprochen. "Diese Bemühungen zahlen sich jetzt eindeutig aus", so von der Leyen. Auch die Entwicklung der Infrastruktur in den vergangenen Jahren habe dazu geführt, dass Europa besser gerüstet sei, um Gas und Strom zwischen den Ländern zu verteilen. Besonders Deutschland dürfte darauf im Ernstfall angewiesen sein, denn mehr als 50 Prozent des Gasbedarfs werden durch russisches Erdgas gedeckt.
Terminal in Stade kostet 800 Millionen
Um der Abhängigkeit zu entkommen, hatte sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang Februar für den Bau von LNG-Terminals in Deutschland ausgesprochen. Denn neben dem Standort in Niedersachsen ist auch ein Terminal in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein geplant. Auch dort sind allerdings noch immer keine konkreten Antragsunterlagen eingereicht worden. Zudem gibt es auch rund vier Jahre nach der Präsentation des Vorhabens noch keinen Termin für eine endgültige Investitionsentscheidung. Das teilte eine Sprecherin des Trägers German LNG Terminal GmbH in der vergangenen Woche mit: "In Zeiten der Corona-Pandemie ist es schwieriger denn je, verlässliche Aussagen zum exakten zeitlichen Projektverlauf zu tätigen, so dass wir davon wie bisher absehen." Nach früheren Angaben könnte das Projekt rund 450 Millionen Euro kosten.
Für das Projekt in Stade gibt es bereits einen Investitionsplan: Derzeit sind 800 Millionen Euro an Investitionen für das Terminal auf dem Gelände des Chemiekonzerns Dow Chemical geplant. Hinzu kommen etwa 150 bis 200 Millionen Euro für öffentliche Hafenanlagen.