Bauarbeiten zu Wasser in Wilhelmshaven

Start für neues LNG-Terminal Schlag auf Schlag beim Flüssiggas

Stand: 05.05.2022 11:51 Uhr

In Wilhelmshaven wurden erste Pfosten für ein LNG-Terminal eingerammt. Ein Schritt gegen die Abhängigkeit von russischer Energie. Wie groß die ist, zeigt das Öl-Embargo: Im Osten Deutschlands könnte eine Benzinknappheit drohen.

Mit dem ersten Rammschlag haben in Anwesenheit von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck heute in Wilhelmshaven die Arbeiten für das geplante schwimmende Terminal für Flüssig-Erdgas (LNG) begonnen. An dem neuen Anleger sollen möglichst noch Ende dieses Jahres erste Tanker mit tiefgekühltem LNG anlegen, das dort dann erwärmt und ins Gasnetz eingespeist werden soll. Mit dem Flüssig-Erdgas soll die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringert werden.

"Wir haben eine gute Chance, das zu schaffen, was eigentlich in Deutschland unmöglich ist: Innerhalb von etwa zehn Monaten ein LNG-Terminal zu errichten und es anzuschließen an die deutsche Gasversorgung", sagte der Grünen-Politiker, der den Rammschlag von Bord eines Schiffes aus verfolgte. Begleitet wurde er von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann.

Bau des neuen Flüssiggas-Terminals in Wilhelmshaven beginnt

Christina Gerlach, NDR, tagesschau 16:00 Uhr

Unabhängigkeit von Russland

Für den rund 370 Meter langen Anleger müssen 150 Stahlpfähle mit einer Länge von 50 Metern in den Meeresboden gerammt werden. Deutschland verfügt bislang noch nicht über ein eigenes LNG-Importterminal. Wilhelmshaven habe im Moment die Nase vorn, Brunsbüttel sei aber nur kurz dahinter, sagte Habeck.

Die geplante Infrastruktur sei auch darauf ausgelegt, in Zukunft Lieferungen von grünem Wasserstoff anzunehmen, sagte der Minister weiter: "Eine beschleunigte Energiewende ist das A und O für eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung". Er forderte eine Verdreifachung der Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren. "Nur wenn wir dies neben dem Aufbau von Infrastruktur für LNG mitdenken, kann Versorgungssicherheit nachhaltig gewährleistet werden."

Robert Habeck in Wilhelmshaven

Bundeswirtschaftsminister Habeck will Deutschland möglichst schnell unabhängig machen von russischem Öl und Gas: "Eine beschleunigte Energiewende ist das A und O für eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung."

Drohende Benzinknappheit im Osten

Wie groß die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen derzeit noch ist, zeigt auch das geplante Öl-Embargo der EU. Dadurch könnte es laut Habeck zeitweise in Ostdeutschland und im Großraum Berlin zu einer Benzinknappheit kommen. "Es ist nicht auszuschließen, das muss ich leider sagen", sagte er in der Sendung "RTL Direkt". 

Grund sei, dass die Region von der Großraffinerie im brandenburgischen Schwedt versorgt werden, die ausschließlich russisches Öl verarbeitet. Es könne passieren, dass "für eine begrenzte Zeit zu wenig Öl und damit zu wenig Benzin verfügbar ist", sagte Habeck. Es werde jedoch an Lösungen gearbeitet, versicherte der Minister. Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt ist der wichtigste Lieferant für Mineralölerzeugnisse im Raum Berlin-Brandenburg. Mehrheitseigentümer ist der russische Staatskonzern Rosneft.

Hilfzusagen und Forderung nach Ost-Schutzschirm

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, sicherte den Menschen in der Region Unterstützung bei der Umsetzung des Öl-Embargos zu. Er könne versichern, "als Bundesregierung arbeiten wir mit Hochdruck daran, eine Lösung zu finden, die unter veränderten Rahmenbedingungen Versorgung und Arbeitsplätze sicherstellt", schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Der langfristige Umstieg auf erneuerbare Energien sei "eine große Chance für den Standort".

Unterdessen warf der Linken-Politiker Sören Pellmann der Bundesregierung vor, das geplante Öl-Embargo auf Kosten der ostdeutschen Länder mitzutragen: "Der Importstopp ist ein soziales Pulverfass insbesondere für den Osten", sagte der Ostbeauftragte der Linken-Bundestagsfraktion. Pellmann forderte einen "Schutzschirm für den Osten". So müsse die Energiesteuer für den Osten dauerhaft drastisch gesenkt oder ganz ausgesetzt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. Mai 2022 um 17:00 Uhr.