Nach Manipulationsskandal um Referenz-Zinssatz Der Libor geht nach New York

Stand: 09.07.2013 15:42 Uhr

Nach dem Skandal um Manipulationen des Libor-Zinssatzes wird dieser künftig statt in London in New York festgelegt. Die britische Bankenverband folgt damit den Empfehlungen einer Kommission, die nach der Aufdeckung der Affäre eingesetzt worden war.

Der Börsenbetreiber Nyse Euronext ist künftig für die Festlegung des von einem Manipulationsskandal erschütterten Interbanken-Zinses Libor zuständig. Der transatlantische Börsenbetreiber werde dafür ein neues Tochterunternehmen gründen, teilte ein unabhängiges Gremium mit. Der Ausschuss war im Februar von der britischen Regierung und der Finanzaufsicht FCA mit der Suche nach einem Unternehmen beauftragt worden, das den Libor in Zukunft ermittelt.

Umstellung im kommenden Jahr

Anfang kommenden Jahres soll Nyse die neue Aufgabe übernehmen. Der britische Bankenverband, der den Libor seit den 1980er-Jahren festgelegt hat, habe der Empfehlung des Ausschusses zugestimmt. Der Referenz-Zinssatz werde aber weiterhin von den britischen Finanzbehörden reguliert.

Nach einem Bericht des Senders Sky News zahlt Nyse Euronext für die in Verruf gekommene BBA Libor Ltd, die den Zinssatz bislang festgelegt hat, die symbolische Summe von einem Pfund. Der Libor-Zinssatz gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen.

Stichwort: Libor

Der London Interbank Offered Rate (Libor) ist der weltweit gültige Interbanken-Zinssatz, der täglich in London festgelegt wird. An ihm orientieren sich alle möglichen Kredite mit variablen Zinsen in der Realwirtschaft. Er dient als Referenz für Finanzprodukte mit einem Gesamtvolumen von 360 Billionen Dollar.

Für die Berechnung melden die nach Marktaktivitäten 18 wichtigsten Banken dem britischen Bankenverband BBA die Zinsen, die sie für Kredite ihrer Konkurrenten zahlen müssen. Aus den Zahlen werden die höchsten und tiefsten Werte gestrichen, um große Manipulationen zu vermeiden. Mit den übrigen Daten wird dann ein Mittelwert gebildet. Eine einzelne Bank hat so ohne Absprachen mit Konkurrenten praktisch keine Chancen, den Libor massiv zu beeinflussen.

Er ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze für Hypotheken und andere Kredite. Von ihm hängen weltweit Finanzgeschäfte im Volumen von mehreren Hundert Billionen Dollar ab. Er wird einmal täglich ermittelt und beruhte bislang auf den Angaben der Banken zu ihren Refinanzierungskosten. Mehrere Großbanken sollen sich bei der Festlegung angesprochen haben. Sie mussten dafür Strafzahlungen in Milliardenhöhe leisten.