Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz

Finanztransaktionssteuer Kurz stemmt sich gegen Scholz-Plan

Stand: 03.02.2020 09:23 Uhr

Die Pläne von Finanzminister Scholz zur Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene stehen auf der Kippe. Österreichs Kanzler Kurz will "alles tun", um sie zu verhindern. Scholz will mit dem Geld eigentlich die Grundrente finanzieren.

Seit 2011 wird in Europa über eine Steuer auf Börsengeschäfte gestritten. Zuletzt wähnte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz einer Lösung nahe - doch die scheint jetzt auf der Kippe zu stehen. Denn: Österreich sieht keine Chance für die von Scholz unterstützte Variante der Finanztransaktionssteuer.

Regierungschef Sebastian Kurz sagte der Zeitung "Welt", er wäre "vorsichtig, die möglichen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer jetzt schon zu verplanen." Er sei "sicher, dass sich die deutsch-französischen Vorschläge zur Finanztransaktionssteuer, die auch von Herrn Scholz vertreten werden, so nicht durchsetzen". Seine Regierung werde jedenfalls "alles tun, um das zu verhindern", kündigte Kurz an.

Auch Kleinanleger wären betroffen

Die Pläne aus Berlin und Paris hätten mit den ursprünglichen Vorschlägen aus zahlreichen EU-Ländern nichts mehr zu tun, kritisierte der österreichische Regierungschef. Seine Regierung sei dagegen, "hochspekulative Geschäfte und Derivate von einer Finanztransaktionssteuer auszunehmen und stattdessen die Realwirtschaft und die Kleinanleger zu bestrafen". 

Wir wollen die Spekulanten besteuern, nicht die Sparer, die in Zeiten einer Niedrigzinspolitik zur Altersvorsorge in Aktien investieren", betonte Kurz. Einige andere EU-Länder seien ebenfalls dieser Meinung.

Bereits der österreichische Finanzminister Gernot Blümel hatte jedoch kürzlich den Scholz-Vorschlag als "nicht akzeptabel" bezeichnet, weil er "die kleinen und mittleren Anleger" bei der Altersvorsorge bestrafe. Über eine Abgabe auf Finanzprodukte wird in Europa schon seit Jahren gestritten. 

Scholz will aus Einnahmen Grundrente finanzieren

Finanzminister Scholz rechnet nach eigenen Angaben mit 1,5 Milliarden Euro jährlich aus der anvisierten Steuer auf Aktiengeschäfte. Der SPD-Politiker steht unter Zeitdruck, weil er die Einnahmen zur Finanzierung der Grundrente eingeplant hat.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Grundrente zum Januar 2021 einführen. Unter anderem wegen der ungeklärten Finanzierung gibt es in der Union aber inzwischen Erwägungen, die Einführung um ein halbes Jahr zu verschieben. 

Seit Jahren Verhandlungen über Finanztransaktionssteuer

Über eine Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene seit 2011 verhandelt. Unter den Staaten gab es keine Mehrheit. Einige Länder versuchten, die Abgabe per "vertiefter Zusammenarbeit" einzuführen. Scholz hatte seinen EU-Kollegen einen Vorschlag vorgelegt. Der sieht vor, dass bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfällt. Bisher sollen nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden.

Treffen im Kanzleramt am Mittag

Kurz wird am Mittag von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Bei dem Treffen im Kanzleramt soll es um die bilateralen Beziehungen und aktuelle europapolitische Fragen gehen.

Kurz war Anfang des Jahres zum zweiten Mal als österreichischer Bundeskanzler vereidigt worden. Nach dem Scheitern der Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ infolge der "Ibiza-Affäre" regiert Kurz' ÖVP inzwischen mit den Grünen. Sein konservativ-grünes Bündnis empfahl er vor seinem Berlin-Besuch als Vorbild auch für Deutschland. Er "erwarte sogar, dass die nächste Regierung in Deutschland eine schwarz-grüne sein dürfte", sagte Kurz der "Welt am Sonntag".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 03. Februar 2020 um 08:15 Uhr.