Konjunkturprognose der EU-Kommission Die Rezession erreicht Deutschland

Stand: 10.09.2008 12:03 Uhr

Die deutsche Wirtschaft rutscht laut einer Konjunkturprognose der EU-Kommission in eine Rezession. Nach dem zweiten Quartal erwartet sie auch im dritten Quartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Für das Gesamtjahr werde es aber ein Wachstum von 1,8 Prozent geben.

Die EU-Kommission hat Deutschland für das dritte Quartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent vorausgesagt. Nachdem die deutsche Wirtschaft laut Statistischem Bundesamt im zweiten Quartal um 0,5 Prozent geschrumpft war, wären damit die Kriterien für die verbreitete Definition einer Rezession erfüllt. "Der Wachstumsausblick für die zweite Hälfte dieses Jahres hat sich klar verschlechtert", sagte EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia. Grund sind die hohen Energie- und Lebensmittelpreise sowie die weltweite Finanzkrise. Für das Gesamtjahr 2008 rechnet Almunia jedoch damit, dass Deutschland unverändert ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent erreicht. Die Bundesregierung geht derzeit von 1,7 Prozent aus.

Auch DIW erwartet schrumpfende Wirtschaft

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet für das dritte Quartal ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft. Das DIW-Konjunkturbarometer signalisiere, dass die Wirtschaftsleistung im Vergleich mit dem zweiten Quartal um 0,1 Prozent zurückgehen werde. Dem produzierenden Gewerbe sagt das Institut sogar einen Rückgang um 1,5 Prozent voraus. "Eine konjunkturelle Krise ist aber nicht in Sicht", sagte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths.

In ganz Europa schwächt sich das Wachstum laut der Vorhersage der EU-Kommission in diesem Jahr jedoch stärker ab als zuletzt erwartet. Die Behörde senkte ihre Prognose gegenüber dem Frühjahr von 1,7 auf 1,3 Prozent für die Länder der Euro-Zone und von 2,0 auf 1,4 Prozent für die gesamte Europäische Union.

Juncker erwartet keine tiefe Rezession

Der Chef der Euro-Finanzminister, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, sieht die Volkswirtschaften der Mitglieder der Euro-Zone angesichts der aktuellen Zahlen in einem Abschwung, aber nicht in einer tiefen Rezession. Die Konjunktur habe sich in den vergangenen Monaten deutlich abgeschwächt, sagte Juncker im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel. "Ich sehe nicht das Risiko einer Rezession, auch wenn es eine technische Rezession geben kann." Die Lage sei jedoch ernst. Die Regierungen müssten versuchen, die negativen Folgen gering zu halten.

Inflationsrate von 3,6 Prozent erwartet

Die EU-Kommission sagte wegen des hohen Ölpreises auch eine deutlich höhere Inflationsrate voraus als zuletzt. In der Euro-Zone müssen die Verbraucher danach in diesem Jahr mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 3,6 Prozent rechnen. Gegenüber der Frühjahrsprognose bedeutet dies eine Anhebung um 0,5 Prozentpunkte. In der gesamten EU wird die Inflationsrate nach Schätzungen der Kommission sogar bei 3,8 Prozent liegen.

Die Finanzkrise habe sich verschärft, der Ölpreis habe sich binnen eines Jahres verdoppelt und in einigen Ländern sei der Immobilienmarkt eingebrochen, erklärte EU-Wirtschaftskommissar Almunia. Die weiteren Aussichten seien "ungewöhnlich unsicher". Die Weltwirtschaft stehe vor einer Abschwächung. "Jüngste Umfragen ergeben einen düsteren Ausblick für die Volkswirtschaften in der EU."