
Folgen des Brexit Neue Hindernisse für den Handel?
Viele Übergangsfristen für den Handel zwischen Großbritannien und der EU enden in den kommenden Tagen. Es drohen Zollkontrollen, Experten warnen, dass viele Unternehmen noch nicht vorbereitet seien.
Ein Jahr nach dem Brexit gibt es erneut Änderungen beim Export von Waren aus der EU nach Großbritannien. Bisher hat die Regierung in London zahlreiche einseitige Übergangsfristen für Einfuhren aus der EU gewährt, die zum Teil mehrmals verschoben wurden. Gründe waren unter anderem Schwierigkeiten beim Handel nach dem Brexit und die Corona-Pandemie.
Die meisten Fristen laufen aber mit dem Jahreswechsel nun endgültig aus, einige enden Mitte 2022. Damit kommt es nun auch auf britischer Seite zu Kontrollen. Experten warnen, dass viele Unternehmen noch nicht vorbereitet seien.
Wird der Aufwand zu groß?
Die Änderungen hätten ganz praktische Folgen, betont die bundeseigene Außenhandelsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI). So gelten vom 1. Januar an etwa höhere Anforderungen für die Einfuhr von Lebensmitteln aus der EU. Importe müssen vorab über eine IT-Anwendung angemeldet werden. Für jede Einfuhr ist eine Veterinärbescheinigung notwendig. "Es ist fraglich, ob sich der Export nach Großbritannien für viele, gerade kleinere Unternehmen dann noch lohnt oder ob der Aufwand zu groß wird", hieß es von der GTAI.
Zwar haben sich die meisten Unternehmen mittlerweile auf die neuen Zollregeln für den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU eingestellt, die Gemeinschaft kontrolliert die Einfuhren aus Großbritannien bereits seit Januar. Doch das vereinfachte Einfuhrverfahren für Waren aus der EU in Großbritannien kann nun nicht mehr genutzt werden.
"Deutsche Exporteure müssen die Prozesse mit ihren britischen Kunden und den Transportdienstleistern zum Teil neu organisieren", sagte GTAI-Zollexpertin Stefanie Eich. "Das ist aufwendig und könnte - zumindest zeitweise - zu Lieferschwierigkeiten führen."
Handelsvolumen sinkt
Großbritannien hatte am 1. Januar 2021 die EU-Zollunion und den Binnenmarkt verlassen. Trotz eines in letzter Minute vereinbarten Handelsabkommens zwischen London und Brüssel gibt es seitdem Zollhürden und andere Schranken, die den Handel hemmen. Das bilaterale Handelsvolumen ist seitdem deutlich gesunken.
Auch im Oktober gingen sowohl Importe aus der EU als auch Exporte in die Gemeinschaft zurück, wie das britische Statistikamt mitteilte. Importe aus Nicht-EU-Ländern waren den zehnten Monat in Folge höher als aus EU-Ländern, die Differenz wuchs auf 3,4 Milliarden Pfund (knapp vier Milliarden Euro), den höchsten Stand bisher. Der britische Handelskammerverband (BCC) sprach von einem Warnzeichen und forderte Handelserleichterungen.
Exporte brechen ein
Der Handelskammerverband hatte vergangene Woche seine Konjunkturprognose gesenkt. Erwartet wird für 2021 zwar mit 6,8 Prozent immer noch das stärkste Wachstum seit 1949; ursprünglich rechnete der BCC aber mit 7,1 Prozent Plus. 2020 war das britische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wegen der Corona-Pandemie um 9,7 Prozent eingebrochen.
Nach der Prognose der BCC würden die Exporte dieses Jahr um 2,8 Prozent einbrechen und Ende 2023 noch immer 14,9 Prozent oder 27,7 Milliarden Pfund (32,3 Milliarden Euro) unter dem Niveau von vor der Pandemie liegen. Verantwortlich seien anhaltende Störungen des internationalen Handels durch die Pandemie sowie die angesprochenen Probleme für den Handel mit der EU durch den Brexit. Das BIP wird hingegen bis dahin laut BCC um 3,4 Prozent höher liegen als vor der Pandemie.