Das RWE-Braunkohlekraftwerk Neurath I und II in Grevenbroich-Neurath.

Klimapolitik Was macht der Kohleausstieg?

Stand: 22.06.2019 04:49 Uhr

Tausende Demonstranten wollen heute im Rheinland für einen schnelleren Kohleausstieg demonstrieren. Die Kohlekommission hatte als Termin 2038 festgelegt. Doch vieles ist noch offen. Der Stand der Dinge.

Von Alex Krämer, ARD Berlin

Kohleausstieg gegen Geld, gegen richtig viel Geld: Mit diesen Worten lässt sich der Abschlussbericht der Kohlekommission einigermaßen treffend zusammenfassen. Die betroffenen Regionen, in denen Arbeitsplätze in Braunkohletagebauen und Kraftwerken wegfallen, sollen Fördermittel in Milliardenhöhe erhalten. Im Gegenzug wird das letzte Kohlekraftwerk spätestens 2038 abgeschaltet - und nicht Ende der 2040er-Jahre.

Die Mitglieder des Vorstands der Kohlekommission (von li.) Stanislaw Tillich, Barbara Praetorius und Ronald Pofalla halten bei der Bundespressekonferenz den Abschlussbericht zum Kohleausstieg in den Händen.

Die Kohlekommission verständigte sich auf einen Ausstieg bis spätestens 2038.

"Den Menschen eine Perspektive"

Für Teil eins dieses Deals hat die Bundesregierung bereits Pflöcke eingeschlagen und Ende Mai die Eckpunkte für das Strukturstärkungsgesetz vorgeschlagen. Bis zu 40 Milliarden Euro vom Bund sollen in die Kohleregionen fließen - für Straßen, Bahnstrecken, Forschungsinstitute und die Ansiedlung von Unternehmen. "Wir haben zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte auf einen Strukturwandel reagiert, bevor er eingetreten ist. Wir schaffen neue Arbeitsplätze, bevor die alten wegfallen. Wir geben damit den Menschen eine wirtschaftliche und soziale Perspektive", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Szenarien für Ausstieg noch offen

Was noch fehlt, sind die Eckpunkte für Teil zwei des Tauschgeschäfts: das Abschaltgesetz. Es legt fest, welche Kraftwerksblöcke wann vom Netz gehen. Vorgesehen ist ein schrittweiser Ausstieg, der schon bald beginnt. Dass dafür noch keine Eckpunkte da sind, stört Umweltverbände, die den Kohlekompromiss eh nur zähneknirschend mitgetragen haben.

Martin Kaiser von Greenpeace spricht von einem Blankoscheck ohne Sicherheit. "Für uns ist überhaupt nicht akzeptabel, dass die Förderung für die Kohleregionen abgekoppelt ist von einem klaren Ausstiegsfahrplan für die Kohlekraftwerke. Denn das ist ja der Sinn, warum überhaupt der Kohlekompromiss zu Stande kam." Das komme ja noch, sagt dazu der Wirtschaftsminister.

Störfeuer aus der Union

Im Herbst sollen beide Gesetze zu Strukturhilfen und Ausstiegsfahrplan im Bundestag beraten und verabschiedet werden, wobei das im Parlament nicht völlig geräuschlos laufen dürfte. Vor drei Wochen versuchte eine Gruppe von Unionsabgeordneten, das Kompromisspaket noch einmal auseinander zu nehmen. Sie wurde aber zurückgepfiffen von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).

"Etwas Neues aufbauen"

"Auf gar keinen Fall werde ich da mitmachen und da wird auch die SPD nicht mitmachen", sagte Schulze. "Die SPD hat durchgesetzt, dass es diese Kommission gab. Die haben einen ganz klaren Pfad aufgezeigt: So kann man aus der Kohle und der Nutzung von Atomstrom aussteigen und das so machen, dass man da was Neues aufbaut. Dass dort neue Arbeitsplätze entstehen."

Dafür gab es in der Kommission eine breite Mehrheit - und die Bereitschaft, eine Menge Geld auszugeben. Die versprochenen 40 Milliarden Euro geteilt durch 20.000 direkt Beschäftigte in der Braunkohle machen über den Daumen gepeilt zwei Millionen Euro pro Job. Damit müsste sich eigentlich was bewegen lassen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 22. Juni 2019 um 07:38 Uhr.