Italiens Maßnahmen gegen die Euro-Krise Nach dem Sparpaket ist vor dem Sparpaket

Stand: 14.09.2011 20:34 Uhr

Mit einem Vertrauensvotum hatte Ministerpräsident Berlusconi das Sparpaket der italienischen Regierung abgesichert - nun ist es erwartungsgemäß vom Parlament verabschiedet worden. Bundeswirtschaftsminister Rösler lobte bei seinem Besuch in Rom die Sparmaßnahmen. Angesichts des Schuldenbergs von 1,9 Billionen Euro aber werden schon weitere Sparrunden diskutiert.

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom

Der Tag begann für Italien mal wieder mit einer schlechten Nachricht. Italiens Schuldenberg erreichte eine neue Rekordhöhe. Das Land steht mit 1911 Milliarden Euro in der Kreide. Angesichts dieser Summe wirkt das neue 54-Milliarden-Euro-Sparpaket, das heute im Abgeordnetenhaus diskutiert wurde, wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Deshalb nimmt Fabrizio Cicchitto, Fraktionsvorsitzender der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit", schon Anlauf zur nächsten Sparrunde. "Wir müssen, nachdem wir dieses Sparpaket verabschiedet haben, zwei Maßnahmen diskutieren, die darüber hinausgehen: eine, die das Wirtschaftswachstum betrifft und eine, die sich den Staatsschulden insgesamt stellt und nicht nur der Neuverschuldung", verlangte er.

Dass das aktuelle Sparpaket reibungslos das Parlament passiert, dafür hat Ministerpräsident Silvio Berlusconi gesorgt, indem er die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft hatte. Diese überstand er bereits am Nachmittag ohne Probleme. Das Votum zu den Sparmaßnahmen am Abend war damit reine Formsache.

Höhere Mehrwertsteuer beschlossene Sache

Italien erhöht also die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent. Kommunen und Regionen bekommen deutlich weniger Mittel, das Renteneintrittsalter wird angehoben. Aus einer ursprünglich geplanten Reichensteuer ist eine Superreichensteuer geworden, für Jahreseinkommen über 300.000 Euro. Nur etwa 34.000 Italiener werden davon betroffen sein.

Die Opposition lehnt das Sparpaket als ungerecht und unausgewogen ab. Oppositionsführer Pierluigi Bersani sagte dem ARD-Hörfunkstudio Rom: "Das Sparpaket ist falsch, weil es das Geld bei denen sucht, die keines haben. Und daher ist es auch nicht glaubwürdig, weil es die wirklichen Reichtümer des Landes nicht antastet. Es belastet die unteren Schichten, es senkt den Konsum und verhindert Investitionen."

Zustimmungswerte im freien Fall

Gewerkschaften und Arbeitgeber sind - aus unterschiedlichen Gründen - enttäuscht über dieses Maßnahmenbündel. Und auch in der Bevölkerung rumort es, die Zustimmungswerte für Berlusconi befinden sich im freien Fall. Doch Silvio Berlusconi zeigte wenig Verständnis für seine Kritiker. "Auch die Opposition ist doch für die Einführung einer Schuldenbremse in der Verfassung und trotzdem kritisiert sie das Sparpaket, weil sie von einem einzigen Wusch getrieben ist: die Regierung zu stürzen", sagte der Ministerpräsident.

"Ich tue, was ich für richtig halte"

Bei so viel Gegenwind tut Unterstützung von den europäischen Partnern richtig gut. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler besuchte Rom und stärkte der italienischen Regierung den Rücken. Anders als Griechenland sieht er Italien nicht auf dem Weg in die Insolvenz und lobte in einer improvisierten Pressekonferenz die Sparbemühungen der Regierung Berlusconi. "Ich stehe mit großem Respekt vor den Leistungen, weil wir wissen, welche innenpolitischen Diskussionen solche Sparpakete mit sich bringen", sagte er. "Das das was hier geleistet wurde, wurde nicht nur für Italien geleistet, sondern für die Eurozone insgesamt." Für die geballte Kritik an seiner Griechenland-Äußerung hatte der deutsche Wirtschaftsminister kein Verständnis und wies sie mit den Worten zurück: "Ich tue, was ich für richtig halte."