Koalition streitet über HRE-Verstaatlichung CSU will Enteignung verhindern

Stand: 16.02.2009 14:56 Uhr

Laut Kanzlerin Merkel soll der Bund die Kontrolle bei der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) übernehmen. Doch die Enteignung der Aktionäre im Falle einer Verstaatlichung ist umstritten. CSU-Chef Seehofer und Wirtschaftsminister zu Guttenberg machen gegen die Pläne mobil.

Die Koalition ringt um einen Kompromiss in der Frage der möglichen Verstaatlichung der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE). Zwei Tage vor der geplanten Kabinettsentscheidung zu einem "Rettungsübernahmegesetz", das den Weg für eine Kontrolle der HRE durch den Staat ebnen soll, ist vor allem eine Enteignung der HRE-Aktionäre umstritten.

Seehofer: Enteignung sehr schwer erträglich

CSU-Chef Horst Seehofer sagte im Bericht aus Berlin, eine mögliche Enteignung bei der angeschlagenen Immobilienbank und in anderen Fällen sei für ihn "sehr schwer erträglich". Sie dürfe nur "das letzte, das allerletzte Mittel" sein, wenn keine andere Lösung mehr infrage komme. "Es darf in Deutschland nicht einreißen, dass der Staat als Unternehmer oder Banker tätig wird."

Auch der neue Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach sich gegen eine Enteignung der Aktionäre aus. "Jede Lösung ist besser als eine sofortige Enteignung", sagte er der "Bild"-Zeitung. Er sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung bei der HRE zu einer schnellen Entscheidung komme. Alternative Modelle prüfe das Wirtschaftsministerium derzeit.

Merkel für Enteignung als letzte Möglichkeit

Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss unterdessen eine Verstaatlichung der Hypo Real Estate nicht aus. Als "Ultima Ratio" müsse auch über eine Enteignung nachgedacht werden, sagte sie im ZDF. Die Bundeskanzlerin sprach sich dafür aus, dass der Bund eine Kontrollmehrheit bei der HRE übernehmen müsse. Die derzeitige Krise erfordere "außergewöhnliche Maßnahmen". Die Bundesregierung habe international versprochen, dass sie keine Bank Pleite gehen lasse, die andere mitreißen könne. Dies gelte auch für die HRE. Sie wandte sich damit gegen den Vorstoß von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), der eine Insolvenz der HRE ins Spiel gebracht hatte.

Enteignung nur als letztes Mittel

Alle in der Regierung seien sich einig, dass die Verstaatlichung einer Bank nur als allerletztes Mittel zur Stabilisierung des Finanzmarktes infrage komme, unterstrich auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er betonte noch einmal, dass zuvor alle milderen, "weniger einschneidenden, rechtlich und wirtschaftlich zumutbaren Lösungen" zum Erwerb einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung gescheitert sein müssten.

DGB-Chef Michael Sommer forderte ein hartes Durchgreifen des Bundes bei der HRE. "Wenn der Steuerzahler der Hypo Real Estate mit über 100 Milliarden Euro unter die Arme greift, muss der Staat dafür Einfluss erhalten", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Sommer forderte eine Teilverstaatlichung, eine spätere Gewinnabführung an den Staat, die Mitbestimmung der Geschäftspolitik sowie die Begrenzung der Managergehältern und Dividenden.

Hilfen summieren sich auf 102 Milliarden Euro

Die Hypo Real Estate hat bislang 102 Milliarden Euro an staatlichen Garantien und weiteren Hilfen erhalten. Erst in der vergangenen Woche hatte der Bankenrettungsfonds SoFFin den Garantierahmen erneut um zehn Milliarden Euro erhöht. Vor diesem Hintergrund wurden erneut Rufe nach einer Verstaatlichung der HRE laut. Das Bankenrettungspaket der Regierung sieht bisher nur einen möglichen Einstieg des Staates bis zu einem Drittel vor.

Das Kabinett will jedoch am Mittwoch eine Reform des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes auf den Weg bringen und möglicherweise mit dem "Rettungsübernahmegesetz" auch die Basis für eine Komplettverstaatlichung einschließlich einer Enteignung der Aktionäre schaffen.