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US-Zölle Wer will was im Handelsstreit?

Stand: 10.03.2018 19:34 Uhr

Zwischen den USA und der EU droht ein Handelskrieg. Doch wer hat eigentlich welche Möglichkeiten? Welchen Plan verfolgt Trump, und wie könnte die EU reagieren? Ein Überblick.

Was hat Trump entschieden?

Von seinem Plan ließ sich der US-Präsident nicht abbringen: Trump hat für Stahl einen Zoll von 25 Prozent angeordnet, auf importiertes Aluminium werden künftig zehn Prozent aufgeschlagen. Die Steuern sollen in gut zwei Wochen in Kraft treten. "Amerika wurde von vielen Ländern ausgenutzt", sagte Trump zur Begründung. Bis zuletzt hatten die Abgeordneten seiner eigenen Partei, traditionell dem Freihandel verschrieben, noch versucht, Trump von seinem Vorhaben abzubringen.

Ausgenommen sind zunächst nur die Nachbarn und Freihandelspartner Mexiko und Kanada. Beide stehen zusammen für ein Viertel der US-Stahlimporte. Trump will zudem Australien von den US-Schutzzöllen ausnehmen. Alle anderen Länder lud Washington zu Einzelfallverhandlungen ein.

Durfte der US-Präsident das allein entscheiden?

Fast. Trump beruft sich bei seiner Zollpolitik auf die nationale Sicherheit. Damit hat er große Befugnisse - beruhend auf Paragraf 232 des "Trade Expansion Acts" aus dem Jahr 1962. Das Handelsministerium hatte unter diesem Gesichtspunkt nach monatelanger Prüfung eine Vorlage geliefert. Indem Trump die nationale Sicherheit bemüht, konnte er am Kongress vorbei alleine die Entscheidung treffen.

Die EU-Kommission hält diese Begründung für absurd. "Wir können nicht sehen, wie die EU eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sein kann", sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström.

War Trumps Entscheidung wohlüberlegt oder eher spontan?

Vieles spricht dafür, dass Minister Wilbur Ross eine besser zurechtgestutzte, zielgenauere Version favorisierte. Die hätte zwölf Länder - darunter China und Russland - treffen sollen, aber mit Ausnahme der Türkei keine NATO-Partner. Die EU-Länder wären dann von Zöllen verschont worden. Ross betonte, dass die Entscheidung für Zölle "wohl durchdacht" getroffen worden sei - einen Handelskrieg strebe man nicht an.

US-Präsident Trump im Oval Office

Welche Rolle spielen innenpolitische Überlegungen bei den Zöllen?

US-Kommentatoren sind sich einig, dass bei Trump vor allem hinsichtlich des Zeitpunkts des überraschenden Vorstoßes auch Innenpolitik eine große Rolle spielte. Der Präsident steht wegen Personalquerelen im Weißen Haus sowie der Russland-Affäre unter großem Druck. In der Stahl-Hochburg Pennsylvania steht demnächst eine wichtige Nachwahl an.

Welche Gegenmaßnahmen könnte die EU einleiten?

Bei Gesprächen mit dem Handelsbeauftragten von Trump konnte Malmström keine Befreiung von den Stahlzöllen erwirken. Die EU könnte kurzfristig ebenfalls Handelsbarrieren für US-Produkte errichten - entweder in Form von höheren Zöllen oder durch Einfuhrquoten. Brüssel geht derzeit von Einbußen von rund 2,8 Milliarden Euro für die heimische Industrie durch die angekündigten Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium aus. Gegenmaßnahmen sollen dann ebenfalls in dieser Größenordnung erfolgen.

EU-Experten arbeiten seit Monaten an einer Liste mit US-Produkten, die als Reaktion auf Abschottungsmaßnahmen im Fokus stehen könnten. Darauf dürften vor allem Industrie- und Agrarprodukte stehen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt angekündigt, dass etwa Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder dazu zählen könnten. Handelskommissarin Malmström sprach nun zudem von Erdnussbutter, Orangensaft und Cranberrys.

Für die EU dürfte es darum gehen, die US-Wirtschaft möglichst empfindlich zu treffen, allzu gravierende Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen hierzulande aber zu vermeiden. Zudem könnten so gezielt Bundesstaaten von politischen Unterstützern Trumps getroffen werden.

Die EU will im Fall der Fälle auch Beschwerde bei der WTO einlegen. So ging sie auch 2002 vor, als US-Präsident George W. Bush Zölle auf Stahlprodukte einführte. Die USA kosteten die wirtschaftlichen Folgen des damaligen Handelskonfliktes Studien zufolge rund 200.000 Arbeitsplätze. Nachdem die USA ihre Zölle zurückgenommen hatten, normalisierte sich der Handel wieder und die Regelung der Angelegenheit wurde allgemein als Erfolg der WTO gewertet.

Wenn die Richter - wie damals - gegen die USA entscheiden, dürfte die EU offiziell Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Bevor sie klagt, will sich die EU laut Handelskommissarin Malmström mit anderen von den US-Maßnahmen betroffenen Staaten absprechen. Das Problem: Ein Verfahren kann Jahre dauern. Trump hat zudem bereits gedroht, die WTO zu verlassen und blockiert die Ernennung neuer Richter für das Streitschlichtungsgremium der Organisation.

Dass Trump keine Angst vor einem Handelskrieg hat, machte er mit markigen Worten deutlich. "Wenn ein Land (USA) viele Milliarden Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliert, mit dem es Geschäfte macht, dann sind Handelskriege gut - und einfach zu gewinnen", schrieb er auf Twitter.

Wie sehen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA derzeit aus?

Die USA sind für die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Nach Angaben der EU-Kommission beläuft sich der Handel zwischen den beiden Seiten auf rund ein Drittel des gesamten Welthandels. 2016 betrugen EU-Warenexporte in die USA rund 362 Milliarden Euro. Die Güterimporte aus den USA hatten einen Wert von etwa 246,8 Milliarden Euro. Hinzu kommen erhebliche Dienstleistungsexporte sowie direkte Investitionen von Firmen. Die EU-Exporte von Stahl und Aluminium belaufen sich dagegen "nur" auf gut sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Container stapeln sich im Hamburger Hafen

Die USA sind für die EU der wichtigste Handelspartner.

Die geltenden Zölle zwischen beiden Handelspartnern sind bereits vergleichsweise niedrig. Auf EU-Seite liegen sie im Schnitt bei etwa drei Prozent des Warenwerts, auf US-Seite bei knapp zweieinhalb Prozent. In einigen Sektoren gibt es allerdings erhebliche Abweichungen. Die EU verlangt etwa zehn Prozent bei Autoeinfuhren, in den USA sind es lediglich 2,5. Im Gegenzug sind die Zölle für Trucks und Pick-ups in den USA deutlich höher. Europa sichert zudem etwa seine Landwirtschaft überdurchschnittlich, in den USA werden hingegen etwa bei Schuhwaren bis zu 48 Prozent Aufschlag fällig. In Brüssel wird darauf verwiesen, dass Europa insgesamt weniger Zoll-Spitzenwerte als die USA aufzuweisen habe. Zudem gebe es neben Zöllen noch andere Handelshemmnisse - demnach lassen sich die USA bei Zulassungen einzelner Produkte teilweise jahrelang Zeit.

Welche deutschen Branchen wären vor allem betroffen?

Die Auswirkungen von Zöllen auf Stahl für die deutsche Stahlbranche wären aus Expertensicht nicht massiv. So sieht sich der Branchenprimus ThyssenKrupp von US-Zöllen direkt nur wenig betroffen. Der Konzern habe nur ein geringes Engagement in den USA. Branchenverbände aber warnten, Unternehmen, die bisher Stahl in die USA exportiert haben, würden sich Alternativen suchen - vor allem Europa. Folge könnte eine "Stahlschwemme" von Herstellern aus Nicht-EU-Ländern sein.

Viel stärker treffen könnte es die deutsche Autoindustrie - wenn Trump seine Drohung wahr macht, nach möglichen Gegenmaßnahmen der EU Importzölle auf Autos zu verhängen. "Wir beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge", sagte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes. Zwar produzieren BMW, Daimler und VW zunehmend auch in den USA und beschäftigen dort insgesamt rund 37.000 Menschen.

Die deutsche Autoindustrie aber exportiert daneben in großen Stückzahlen in die USA, im vergangenen Jahr waren es fast 500.000 Autos. Nach Berechnungen der Commerzbank haben die USA 2017 aus Deutschland Autos im Wert von 20 Milliarden Dollar importiert. Rückgänge hier könnten Folgen haben auch für die Beschäftigung in Deutschland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 7. März 2018 um 22:15 Uhr.