Containerhafen
FAQ

Konflikt zwischen USA und EU Wer will was im Handelsstreit?

Stand: 07.03.2018 17:53 Uhr

Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU droht. Doch wer hat eigentlich welche "Waffen"? Welchen Plan verfolgt Trump und wie wird die EU reagieren? Ein Überblick.

Was hat Trump vor?

Mit schnellen und heftigen Reaktionen auf seine Ankündigung, Zölle zu erheben, dürfte US-Präsident Donald Trump gerechnet haben. Von seinem Plan scheint sich Trump zumindest nicht abbringen zu lassen. Die Ankündigung von vergangener Woche deutet darauf hin, dass er die erste von drei Optionen ziehen will, die das Handelsministerium vorbereitet hatte: 25 Prozent Zoll auf weltweit alle Stahlimporte, zehn Prozent auf alle Aluminiumimporte. Details will der Präsident in den nächsten Tagen nennen. "Wir machen Zölle", bekräftigte er nochmals. Die EU müsste ihrerseits Handelsschranken abbauen, wolle sie Zugeständnisse erreichen.

Dass er keine Angst vor einem Handelskrieg hat, machte Trump zuletzt mit markigen Worten deutlich. "Wenn ein Land (USA) viele Milliarden Dollar im Handel mit praktisch jedem Land verliert, mit dem es Geschäfte macht, dann sind Handelskriege gut - und einfach zu gewinnen", schrieb er auf Twitter.

Kann der US-Präsident das allein entscheiden?

Fast. Trump beruft sich bei seiner Zollpolitik auf die nationale Sicherheit. Wenn er nachweisen kann, dass diese berührt ist, hat er große Befugnisse - beruhend auf Paragraf 232 des "Trade Expansion Acts" aus dem Jahr 1962. Die EU-Kommission hält diese Begründung für absurd. "Wir können nicht sehen, wie die EU [..] eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA sein kann", sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström.

Eine Entscheidung zum Stahl muss Trump demnach bis zum 11. April fällen, zum Aluminium bis zum 19. April. Der US-Präsident hatte zuvor das Handelsministerium eingebunden - dieses hatte die Frage, ob die Nationale Sicherheit durch die Stahl- und Aluminiumimporte berührt ist, nach einem monatelangen Prüfprozess mit "Ja" beantwortet. Gesetzgeberische Bemühungen, dem Kongress bei Zöllen ein größeres Mitspracherecht zu geben und damit die Macht des Präsidenten zu beschneiden, laufen.

War Trumps Ankündigung von Zöllen wohlüberlegt oder eher spontan?

Wohl beides. Vieles spricht dafür, dass Minister Wilbur Ross eine besser zurechtgestutzte, zielgenauere Version favorisierte, die zwölf Länder, darunter China und Russland treffen sollte, aber mit Ausnahme der Türkei keine NATO-Partner. Die EU-Länder wären dann von Zöllen verschont worden. Ross betonte zuletzt die Entscheidung für Zölle sei "wohl durchdacht" getroffen worden - einen Handelskrieg strebe man nicht an.

US-Präsident Trump im Oval Office

Welche Rolle spielen innenpolitische Überlegungen bei der Ankündigung von Strafzöllen?

US-Kommentatoren sind sich einig, dass bei Trump vor allem hinsichtlich des Zeitpunkts des überraschenden Vorstoßes auch Innenpolitik eine große Rolle spielte. Der Präsident steht wegen Personalquerelen im Weißen Haus sowie der Russland-Affäre unter großem Druck. Und Gary Cohn, Trumps Top-Wirtschaftsberater und erklärter Anhänger des Freihandels, nahm seinen Hut.

Welche Gegenmaßnahmen könnte die EU einleiten?

Die EU könnte kurzfristig ebenfalls Handelsbarrieren für US-Produkte errichten - entweder ebenfalls in Form von höheren Zöllen oder durch Einfuhrquoten. Brüssel geht derzeit von Einbußen von rund 2,8 Milliarden Euro für die heimische Industrie durch die angekündigten Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium aus. Gegenmaßnahmen sollen dann ebenfalls in dieser Größenordnung erfolgen.

EU-Experten arbeiten seit Monaten an einer Liste mit US-Produkten, die als Reaktion auf Abschottungsmaßnahmen im Fokus stehen könnten. Darauf dürften vor allem Industrie- und Agrarprodukte stehen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte zuletzt angekündigt, dass etwa Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder dazu zählen könnten. Handelskommissarin Cecilia Malmström sprach nun zudem von Erdnussbutter, Orangensaft und Cranberrys. Für die EU dürfte es darum gehen, die US-Wirtschaft möglichst empfindlich zu treffen, allzu gravierende Auswirkungen für Verbraucher und Unternehmen hierzulande aber zu vermeiden. Zudem könnten so gezielt Bundesstaaten von politischen Unterstützern Trumps getroffen werden.

Die EU will im Fall der Fälle auch Beschwerde bei der WTO einlegen. So ging sie auch 2002 vor, als US-Präsident George W. Bush Schutzzölle auf Stahlprodukte einführte. Die USA kosteten die wirtschaftlichen Folgen des damaligen Handelskonfliktes Studien zufolge rund 200.000 Arbeitsplätze. Nachdem die USA ihre Strafzölle zurückgenommen hatten, normalisierte sich der Handel wieder und die Regelung der Angelegenheit wurde allgemein als Erfolg der WTO gewertet.

Wenn die Richter - wie damals - gegen die USA entscheiden, dürfte die EU offiziell Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Bevor sie klagt, will sich die EU laut Handelskommissarin Malmström mit anderen von den US-Maßnahmen betroffenen Staaten absprechen. Das Problem: Ein Verfahren kann Jahre dauern. Trump hat zudem bereits gedroht, die WTO zu verlassen und blockiert die Ernennung neuer Richter für das Streitschlichtungsgremium der Organisation.

Wie sehen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA derzeit aus?

Die USA sind für die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Nach Angaben der EU-Kommission beläuft sich der Handel zwischen den beiden Seiten auf rund ein Drittel des gesamten Welthandels. 2016 betrugen EU-Warenexporte in die USA rund 362 Milliarden Euro. Die Güterimporte aus den USA hatten einen Wert von etwa 246,8 Milliarden Euro. Hinzu kommen erhebliche Dienstleistungsexporte sowie direkte Investitionen von Firmen. Die EU-Exporte von Stahl und Aluminium belaufen sich dagegen "nur" auf gut sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Container stapeln sich im Hamburger Hafen

Die USA sind für die EU der wichtigste Handelspartner.

Die geltenden Zölle zwischen beiden Handelspartnern sind bereits vergleichsweise niedrig. Auf EU-Seite liegen sie im Schnitt bei etwa drei Prozent des Warenwerts, auf US-Seite bei knapp zweieinhalb Prozent. In einigen Sektoren gibt es allerdings erhebliche Abweichungen. Die EU verlangt etwa zehn Prozent bei Autoeinfuhren, in den USA sind es lediglich 2,5. Im Gegenzug sind die Zölle für Trucks und Pick-ups in den USA deutlich höher. Europa sichert zudem etwa seine Landwirtschaft überdurchschnittlich, in den USA werden hingegen etwa bei Schuhwaren bis zu 48 Prozent Aufschlag fällig. In Brüssel wird darauf verwiesen, dass Europa insgesamt weniger Zoll-Spitzenwerte als die USA aufzuweisen habe. Zudem gebe es neben Zöllen noch andere Handelshemmnisse - demnach lassen sich die USA bei Zulassungen einzelner Produkte teilweise jahrelang Zeit.

Welche deutschen Branchen wären vor allem betroffen?

Die Auswirkungen von Strafzöllen auf Stahl für die deutsche Stahlbranche wären aus Expertensicht nicht massiv. So sieht sich der Branchenprimus Thyssenkrupp von US-Strafzöllen direkt nur wenig betroffen. Der Konzern habe nur ein geringes Engagement in den USA. Branchenverbände aber warnten, Unternehmen, die bisher Stahl in die USA exportiert haben, würden sich Alternativen suchen - vor allem Europa. Folge könnte eine "Stahlschwemme" von Herstellern aus Nicht-EU-Ländern sein.

Viel stärker treffen könnte es die deutsche Autoindustrie - wenn Trump seine Drohung wahr macht, nach möglichen Gegenmaßnahmen der EU Importzölle auf Autos zu verhängen. "Wir beobachten die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge", sagte der Präsident des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes. Zwar produzieren BMW, Daimler und VW zunehmend auch in den USA und beschäftigen dort insgesamt rund 37.000 Menschen.

Die deutsche Autoindustrie aber exportiert daneben in großen Stückzahlen in die USA, im vergangenen Jahr waren es fast 500.000 Autos. Nach Berechnungen der Commerzbank haben die USA 2017 aus Deutschland Autos im Wert von 20 Milliarden Dollar importiert. Rückgänge hier könnten Folgen haben auch für die Beschäftigung in Deutschland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 07. März 2018 um 17:00 Uhr.