Europa stemmt sich gegen Kritik der G20-Partner Schuldzuweisungen und ein Versprechen

Stand: 19.06.2012 07:20 Uhr

Der erste Gipfeltag der G20 war geprägt von der Debatte über die europäische Schuldenkrise. Europa zeigt sich entschlossen, die Finanzkrise in den Griff zu bekommen, um das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Dennoch bleibt Kritik von Seiten der Schwellenländer nicht aus.

Von Mirjam Gehrke, DW, zzt. Los Cabos/ Mexiko

Wachstum ist das Wort in aller Munde auf dem G20-Gipfel in Los Cabos. Dabei starrt alle Welt auf die EU: Wenn Europa seine Finanzen in Ordnung bringt, könne auch die drohende Weltrezession noch abgewendet werden. So lautet die Erkenntnis am Ende des ersten Tages. Bei diesem kleinsten gemeinsamen Nenner hört die Einigkeit jedoch auch schon auf.

Der Gipfel-Auftakt war von gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägt. Die USA, China, Indien und Südkorea zeigten sich tief beunruhigt, dass die Schuldenkrise trotz aller Anstrengungen der Europäer nicht schnell genug einzugrenzen sein wird und schlimmstenfalls die Weltwirtschaft bedroht. Die Nachrichtenagentur dpa bezieht sich auf den Entwurf der Abschlusserklärung und meldet vorab, dass sich die Europäer verpflichten, alles Nötige zu tun, um ihre Finanzen wieder in Ordnung zu bringen.

Schwellenländer fordern härtere Reformen

Diese Ankündigung wird von den G20-Partnern sicher gerne vernommen. So forderte der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak Europa im Namen der Schwellenländer zu noch härteren Reformen auf, auch wenn sie schmerzhaft und unpopulär seien. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sind auf Europa als Exportmarkt angewiesen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte kurz vor Gipfelbeginn vollmundig davon gesprochen, die EU sei "die größte Wirtschaftszone und der größte Handelspartner" für die Weltgemeinschaft und im übrigen nicht für die Wirtschaftskrise verantwortlich. Die Krise habe "in anderen Teilen der Welt ihren Ursprung" gehabt. Die USA mussten dabei nicht explizit erwähnt werden.

Um weiterer Kritik an ihrem Krisenmanagement zu begegnen, wollen die Euro-Länder in der Abschlusserklärung eine Garantie für die Stabilität der gemeinsamen Währung abgeben. "Die Mitglieder der Eurozone in der G20 werden alle notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und Stabilität des Währungsraums zu sichern", zitiert dpa aus dem Entwurf des Dokuments. Die Länder der Euro-Zone wollen sich zudem für besser funktionierende Finanzmärkte einsetzen. Dabei spielt die angestrebte Bankenunion innerhalb der Eurozone eine Schlüsselrolle.

Weitere Einzelheiten werden die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel Ende Juni beschließen. Zuvor werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Amtskollegen aus Spanien und Italien, Mariano Rajoy und Mario Monti, sowie der neue französische Präsident Francois Hollande noch in dieser Woche in Rom zu einem Vierer-Gespräch zusammentreffen.

Sorgenkinder Griechenland und Spanien

Doch Absichtserklärungen allein werden die Märkte nicht besänftigen. Die G20 fordern die Euro-Länder konkret auf, mit der neuen Regierung in Griechenland zusammenarbeiten, um das Land am Rande des Bankrotts auf Reformkurs und in der Währungsgemeinschaft zu halten. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass die von Spanien geplante Banken-Rekapitalisierung im Umfang von bis 100 Milliarden Euro nicht ausreicht, um das Land vor der Pleite zu bewahren. Der Schritt Spaniens, die EU um Hilfe zu bitten, wird jedoch grundsätzlich begrüßt.

Ein Signal der Einheit

Bei allen Meinungsverschiedenheiten sind die G20 um ein Signal der Einheit bemüht. An der Ankurbelung der Weltwirtschaft führt kein Weg vorbei, und das kann nur gemeinsam gelingen, so die Botschaft von Los Cabos: "Wir werden zusammen agieren, um den Aufschwung zu stärken und Spannungen an den Finanzmärkten abzubauen", heißt es in dem Entwurf des Abschlussdokuments, der heute verabschiedet werden soll. Die europäischen G20-Länder sagen Wachstumsimpulse zu, ohne dabei den Kurs der Haushaltskonsolidierung aufzugeben. Die USA mildern ihre Kritik an der Eurozone. Nach dem Treffen Obamas mit Merkel sagte dessen Sprecher, der US-Präsident habe bei den Europäern eine neue Geisteshaltung ausgemacht, die ihn zuversichtlich stimme.

Einen weiteren Gipfel-Schwerpunkt soll ein Aktionsplan für mehr Wachstum und Beschäftigung bilden. Er sollte sich nach den Worten Merkels an Strukturreformen, Budget-Sanierung und Wachstumsimpulsen orientieren. Alle Länder hätten hier Hausaufgaben zu erledigen.