Hintergrund

Zweites Hilfspaket für Athen Wie Griechenland gerettet werden soll

Stand: 09.03.2012 12:09 Uhr

Mit einem Schuldenschnitt und neuen Hilfen in Höhe von 130 Milliarden Euro soll Griechenland einen Ausweg aus der Schuldenkrise finden. Doch die neuen Zusagen der Euro-Staaten sind an Bedingungen geknüpft - darunter ein Sperrkonto zur Schuldentilgung. Das zweite Rettungspaket im Überblick.

Das zweite Rettungspaket, von den Finanzministern der Euro-Länder und dem Bundestag mit breiter Mehrheit gebilligt, umfasst bis zu 130 Milliarden Euro neuer staatlicher Hilfen. Das Geld wird aber nur fließen, wenn die Regierung in Athen umfangreiche Reformen zur Sanierung des Staatshaushalts durchführt und stärkere Kontrollen akzeptiert. Eine weitere Voraussetzung ist der Verzicht der privaten Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen an Griechenland.

130 Milliarden Euro staatliche Hilfen

Die Euro-Staaten erklären sich bereit, Griechenland im Rahmen eines neuen Hilfsprogramms bis zum Jahr 2014 mit bis zu 130 Milliarden Euro zu unterstützen. 100 Milliarden Euro werden demnach in Form von Krediten fließen. Das Geld soll der Regierung in Athen helfen, in den kommen Jahren den Finanzbedarf des Landes zu decken, und zwar zu vergleichsweise günstigen Bedingungen.

Die Finanzhilfen stammen aus dem derzeitigen Euro-Rettungsfonds EFSF. Das ist ein gravierender Unterschied zum ersten Rettungspaket aus dem Jahr 2010. Damals gewährten die Euro-Staaten Griechenland direkte bilaterale Kredithilfen, sie stellten der Regierung in Athen also das Geld selbst zur Verfügung. Wenn beim zweiten Hilfspaket nun alles über den EFSF abgewickelt wird, sagen die Euro-Staaten faktisch nur Bürgschaften zu. Denn der EFSF leiht sich das Geld mit Hilfe dieser Garantien selbst an den Finanzmärkten und reicht es dann zu niedrigen Zinsen an Griechenland weiter. Die Euro-Staaten müssen nur einspringen, falls die Griechen das geliehene Geld nicht selbst zurückzahlen können.

30 Milliarden zur Absicherung der neuen Anleihen

Neben den Krediten in Höhe von 100 Milliarden Euro sind weitere 30 Milliarden Euro als Absicherung von griechischen Staatsanleihen vorgesehen. Diese Zusage soll den Anreiz für die privaten Gläubiger erhöhen, ihre bisherigen griechischen Anleihen gegen neue Papiere mit längerer Laufzeit und niedriger Verzinsung umzutauschen. Denn die Absicherung durch die Euro-Staaten erhöht die Chancen für private Investoren, am Ende der Laufzeit neuer Papiere das gesamte geliehene Geld samt Zinsen zurückzubekommen - und nicht wie bei den aktuellen Papieren einen erheblichen Teil des geliehenen Geldes abschreiben zu müssen.

Noch ist unklar, ob sich neben den Euro-Staaten auch der Internationale Währungsfonds (IWF) am zweiten Rettungspaket für Griechenland beteiligt. Von den 110 Milliarden Euro des ersten Hilfspakets hatte der IWF 30 Milliarden Euro übernommen. Seine erneute Beteiligung macht er aber wahrscheinlich von weiteren Schritten der Europäer im Kampf gegen die Schuldenkrise abhängig. Von einer möglichen Beteiligung des IWF hängt auch die genaue Summe ab, mit der sich Deutschland am zweiten Rettungspaket beteiligen wird.

Private Gläubiger verzichten auf mehr als die Hälfte

Während sich an der Gesamtsumme staatlicher Hilfen von bis zu 130 Milliarden Euro im Vergleich zum Beschluss des Euro-Gipfels vom Oktober 2011 nichts änderte, sollen die privaten Gläubiger einen größeren Beitrag leisten als damals geplant.

Das Angebot der Regierung in Athen sieht nun vor, dass die privaten Gläubiger formal auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten - statt, wie ursprünglich geplant, auf 50 Prozent. Dieser Schuldenschnitt entlastet den hoch verschuldeten Staat nach Angaben des Internationalen Bankenverbands IIF um 107 Milliarden Euro. Unter dem Strich sind es aber mehr als 70 Prozent, weil die im Zuge des geplanten Anleihetauschs ausgegebenen Papiere auch deutlich längere Laufzeiten und eine schlechtere Verzinsung haben.

Im Zuge des Anleihetauschs sollen Gläubiger einerseits neue griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren erhalten. Es handelt sich genauer gesagt um ein ganzes Paket griechischer Anleihen, das im Tausch angeboten wird und deren Tilgung 2023 beginnen soll. Der Wert liegt bei 31,5 Prozent des Nennwerts der alten Papiere. Für die neuen Staatsanleihen ist bis 2042 eine durchschnittliche jährliche Verzinsung von 3,65 Prozent vorgesehen. Bis 2015 sollen es zunächst zwei Prozent sein, zwischen 2016 und 2020 drei Prozent, 2021 dann 3,65 Prozent und ab 2022 jedes Jahr 4,3 Prozent. Die eingetauschten alten Staatsanleihen waren jeweils höher verzinst.

Schuldenstand soll auf 120,5 Prozent sinken

Mit dem zweiten Rettungspaket ist das Ziel verbunden, die Gesamtverschuldung Griechenlands bis zum Jahr 2020 auf 120,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Derzeit sind es etwa 170 Prozent. Gegenüber dem Beschluss des Euro-Gipfels vom Oktober 2011 ist die neue Zielmarke minimal höher. Damals waren als Ziel 120 Prozent ausgegeben worden.

Um dieses Sanierungsziel trotz der düsteren Aussichten für die griechische Wirtschaft zu erreichen, wurde nicht nur der Beitrag der privaten Gläubiger im Vergleich zum Herbst noch einmal aufgestockt. Die Euro-Finanzminister beschlossen eine Reihe weiterer Maßnahmen. Sie senkten unter anderem die Zinsen für die laufenden Kredite aus dem ersten Rettungspaket. Hinzu kommt ein Beitrag der Europäischen Zentralbank und der Notenbanken der Euro-Staaten. Deren Gewinne mit griechischen Staatsanleihen sollen über die Euro-Staaten wieder in die Sanierung Griechenlands fließen.

Sperrkonto wird eingerichtet

Deutschland setzte zudem die Forderung nach einem Sonderkonto durch. Ein Teil der neuen Kredite fließt auf dieses Sperrkonto, das den Zinszahlungen und der Zurückzahlung von Krediten vorbehalten ist. Es muss dort jeweils genug Geld liegen, um die Schuldentilgung der kommenden drei Monate abzudecken. Die Rückzahlung der Schulden hat Vorrang vor anderen Ausgaben des griechischen Staates.

Parallel muss sich die Regierung in Athen zu weitreichenden Reformen und Sparprogrammen verpflichten. Die Umsetzung wird künftig strenger kontrolliert. Eine Arbeitsgruppe der Troika aus EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank soll zu diesem Zweck dauerhaft in Griechenland sein. Ihre Aufgabe ist es, die Regierung zu unterstützen und gleichzeitig die Einhaltung der Sparzusagen zu überwachen.