Griechenland-Rettung vertagt Ultimatum statt Hilfsmilliarden

Stand: 10.02.2012 05:42 Uhr

Die Euro-Finanzminister haben die Entscheidung zur Griechenland-Rettung auf kommenden Mittwoch vertagt. Grünes Licht für das 130-Milliarden-Euro-Hilfspaket könne nur gegeben werden, wenn Athens Parlament dem neuen griechischen Sparprogramm zustimme, es von allen Parteien getragen und eine weitere Finanzierungslücke von 325 Millionen Euro geschlossen werde. Das erklärte Eurogruppenchef Juncker nach der Sitzung in Brüssel. Beim nächsten Treffen will die Eurogruppe auch einen Vorschlag für ein Sperrkonto vorlegen.

Martin Bohne, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel

Der deutsche Finanzminister hatte das Eurogruppentreffen schon vor Beginn zum Hornberger Schießen erklärt: "Sie brauchen gar nicht auf heute Nacht zu warten, denn es wird keine Ergebnisse geben." Und so kam es dann auch, und Wolfgang Schäuble wird wohl kräftig dazu beigetragen haben, dass sein griechischer Amtskollege nicht mit der erhofften Zusage neuer europäischer Hilfsmilliarden, sondern mit einer langen Liste von Hausaufgaben nach Athen zurückfahren muss.

Und dabei war Evangelos Venizelos voller Selbstvertrauen nach Brüssel gereist. Faktisch in letzter Minute hatten die griechischen Regierungsparteien doch noch die von der Troika geforderte Streich- und Kürzungsliste gebilligt. "Nach langen und harten Verhandlungen haben wir jetzt ein Abkommen mit der Troika über ein starkes und glaubhaftes Programm", sagte er.

Ein Programm, das allein für dieses Jahr Einsparungen von über drei Milliarden Euro vorsieht. Renten werden gekürzt, ebenso Mindestlohn und Arbeitslosengeld, zigtausende Staatsbedienstete müssen ihren Hut nehmen.

Martin Bohne, M. Bohne, MDR Brüssel, 10.02.2012 05:21 Uhr

Zustimmung unter drei Bedingungen

Schäuble und anderen reichte das aber noch nicht. "Trotz der großen Fortschritte in den vergangenen Tagen hatten wir noch nicht alle Elemente auf dem Tisch, um heute eine Entscheidung zu treffen", fasste Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker das Ergebnis des sechsstündigen Treffens zusammen.

Und er nannte drei Bedingungen, die die Griechen noch erfüllen müssen: Das Parlament muss am Sonntag dem mit den Finanzkontrolleuren von EU und IWF ausgehandelten Abkommen zustimmen. Alle Regierungsparteien müssen sich schriftlich zum Spar- und Reformprogramm bekennen. Und es müssen noch einmal 325 Millionen Euro mehr eingespart werden.

Nächste Sitzung am Mittwoch

Gerade mal fünf Tage bekommen die Griechen für all das Zeit. Am nächsten Mittwoch kommen die Euro-Finanzminister wieder zusammen, um - wenn die Bedingungen erfüllt sind - das zweite Rettungspaket über 130 Milliarden Euro zu beschließen.

Außerdem soll dann auch die Vereinbarung mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt abgesegnet werden. Gerade noch rechtzeitig, um die drohende Pleite Griechenlands abzuwenden.

Hilfszahlungen an Griechenland

Das erste Rettungspaket mit einem Volumen von 110 Milliarden Euro wurde im April 2010 geschnürt - die EU schultert 80 Milliarden, der IWF 30 Milliarden Euro. Daraus hat Griechenland bisher 73 Milliarden Euro erhalten. Ein Überblick über die Zahlungen:
1. Tranche im Mai 2010: 20 Mrd. Euro
2. Tranche im September 2010: 9 Mrd. Euro
3. Tranche im Januar 2011: 9 Mrd. Euro
4. Tranche im März 2011: 15 Mrd. Euro
5. Tranche im Juli 2011: 12 Mrd. Euro
6. Tranche im Dezember 2011: 8 Mrd. Euro

Ein zweites Rettungspaket von EU und IWF unter Beteiligung privater Gläubiger ist im Grundsatz beschlossen, die Details werden noch verhandelt. Es soll den Finanzbedarf des Landes bis 2014 sichern.

Aber Juncker machte deutlich, dass auch danach der Druck auf Athen nicht nachlassen werde, damit das neue Programm nicht wieder aus dem Ruder laufe: "Es wird keine Auszahlung von Hilfskrediten geben, wenn die versprochenen Spar-und Reformmaßnahmen nicht vorher umgesetzt wurden. Es kann nicht so weitergehen, dass immer etwas versprochen, aber dann nicht eingehalten wird. Wir bestehen auf einer vollen Umsetzung."

Vorschlag für Sperrkonto

Die EU-Kommission soll auf dem Treffen am Mittwoch konkrete Vorschläge machen, wie die Griechen strenger überwacht werden können. Dazu gehört auch die deutsch-französische Idee eines Sperrkontos. Auf dieses Konto soll ein Teil der griechischen Staatseinnahmen fließen. Daraus sollen dann die Zinsen für die ausländischen Gläubiger bezahlt werden.

Juncker betonte: "Alle sind der Meinung, dass absolute Priorität der Notwendigkeit zukommen muss, Griechenland institutionell instand zu setzen, seine Schulden zu bedienen."

Trotz Daumenschrauben und Drohkulisse mit Ultimatum - die Stimmung unter den Ministern soll übrigens prächtig gewesen sein. Mal abgesehen von einigen scharfen Wortwechseln", räumte Juncker ein.