Chef der griechischen Radikalen Linken schreibt Brief an EU und EZB Nein zum Sparpaket - schon vor den Gesprächen

Stand: 09.05.2012 12:47 Uhr

Derzeit ist es am Chef des Radikalen Linksbündnisses, Tsipras, eine neue griechische Regierung zu bilden. Schon vor den Gesprächen mit anderen Parteien fährt er schweres Geschütz auf: In einem Brief an EU und EZB will er das Sparpaket annullieren, das Voraussetzung für Hilfsgelder ist. Dass Athen aus dem Euro fliegt, ist nun selbst für die EZB kein Tabu mehr.

Die Töne des Chefs des Radikalen Linksbündnisses, Alexis Tsipras, werden immer schärfer. Tsipras ist derzeit mit der Regierungsbildung beauftragt. Schon im Vorfeld von Sondierungsgeprächen mit den anderen Parteien über eine Koalitionsregierung machte er die Aufkündigung des mit der EU vereinbarten Sparpakts zur Grundvoraussetzung jeglicher Gespräche.

Nach Angaben eines engen Mitarbeiters will Tsipras noch heute in einem Brief an die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) das Sparprogramm Griechenlands für null und nichtig erklären.

"Das griechische Volk hat die Annullierung beschlossen"

Tsipras Ansicht nach habe "das griechische Volk bei den Wahlen vergangenen Sonntag" diese Annullierung beschlossen, sagte sein Mitarbeiter Panagiotis Lafazanis im griechischen Fernsehen. Denn es habe "den Parteien, die das Stabilisierungsprogramm unterstützen, nicht die Mehrheit gegeben".

Bereits gestern Abend hatte Tsipras auch die Chefs der Konservativen und Sozialisten aufgefordert, noch vor seinen Sondierungsgesprächen mit ihm Briefe an die EU zu schicken. Sie sollten darin ihre Unterschriften unter den Sparprogrammen zurückziehen.

Sozialisten und Konservative mahnen Tsipras zur Besonnenheit

Der Sozialistenführer Evangelos Venizelos mahnte zur Besonnenheit. Der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, rief Tsipras auf, "zu sich zu kommen". Griechenland könne sich das "Spiel mit dem Feuer" nicht leisten. "Herr Tsipras sorgt ja mit seinen Kommentaren dafür, dass auf keinen Fall eine Regierung zustande kommt", so Samaras weiter. Tsipras benehme sich, "als sei er schon Ministerpräsident", hieß es übereinstimmend aus Kreisen der Konservativen und Sozialisten. "Er hat aber lediglich 16,78 Prozent und nur ein Sondierungsmandat."

Heute Abend soll das entscheidende Treffen der Chefs der drei stärksten Parteien stattfinden: der konservativen Nea Dimokratia, der Radikalen Linken Syriza und der sozialistischen PASOK. Scheitern die Verhandlungen, sind schnelle Neuwahlen unabwendbar. Damit ginge mehr Zeit im Kampf gegen den Staatsbankrott verloren.

EZB: Keine Alternative, wenn Griechenland im Euro bleiben will

Während die Töne in Athen immer schriller werden, spricht erstmals auch ein Vertreter der EZB öffentlich von einem möglichen Euro-Aus für Griechenland. Das Land könne nach den Wahlen nicht mit einer Bereitschaft der EZB rechnen, sein Sanierungsprogramm neu zu verhandeln, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen in einem Interview des "Handelsblatts". "Griechenland muss klar sein, dass es zu diesem vereinbarten Sanierungsprogramm keine Alternative gibt, wenn es Mitglied der Euro-Zone bleiben will." Bislang war ein Euro-Aus von der EZB nie öffentlich thematisiert worden.

Auch die politische Spitze der Europäischen Union mahnten Griechenland zur Vertragstreue. "Es gibt zwischen Griechenland und der Eurozone eine Vereinbarung. Und Griechenland muss die einhalten", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beim "Europaforum" des WDR in Brüssel.

Asselborn droht mit Stopp der Hilfszahlungen

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn drohte Griechenland mit einem Stopp der Hilfszahlungen, wenn die künftige Regierung des Landes nicht die mit den EU-Partnern vereinbarte Sparpolitik unterstützt. "Wir müssen jetzt hier aus Brüssel dem griechischen Volk sagen, dass es ernst ist", sagte Asselborn. Kein Land der EU werde auch nur "einen Teil" der vereinbarten Hilfskredite zur Verfügung stellen, "wenn nicht eine Regierung am Werke ist, die die Regeln einhält".

Wenn 80 Prozent der Griechen im Euro bleiben wollten, dann müssten sie auch die Parteien wählen, die diese Politik unterstützten, sagte Asselborn. "Andernfalls tut es mir unheimlich leid für Griechenland, für das griechische Volk, dann kommt der Punkt, wo Griechenland leider die Chance verspielt hat und das würde, glaube ich, dem Volk sehr, sehr weh tun."

Ähnlich äußerte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Er machte klar: Bei einem Verlassen des vereinbarten Sparkurses stehe Griechenland ein Stopp der internationalen Hilfszahlungen bevor. "Wir wollen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt, aber ob Griechenland in der Eurozone bleibt, das liegt in den Händen Griechenlands", sagte Westerwelle in Brüssel. "Und das ist eine Entscheidung, die in Griechenland gefällt wird."