Euro-Krisengipfel in Cannes Papandreou unter "maximalem Druck"

Stand: 02.11.2011 17:07 Uhr

International wächst die Kritik an den Referendumsplänen des griechischen Premiers Papandreou. Kanzlerin Merkel forderte "Klarheit", deutsche Banken verschoben den geplanten Schuldenerlass. Und die Niederlande kündigten "maximalen Druck" mehrerer Staaten an. In Cannes findet ein Euro-Krisentreffen statt.

In Cannes berät eine Runde europäischer Spitzenpolitiker über die neue Lage in der griechischen Schuldenkrise. Nach der umstrittenen Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, das Volk über die Annahme der EU-Gipfelbeschlüsse zur griechischen Schuldenkrise abzustimmen zu lassen, wird der Druck auf die Regierung in Athen immer größer. Deutschland und Frankreich dringen auf einen Volksentscheid noch in diesem Jahr. Dies machten Regierungsvertreter in Berlin und Paris unmittelbar vor dem kurzfristig anberaumten Krisengipfel deutlich, an dem auch Papandreou teilnimmt. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sind EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, dabei.

Merkel verlangte von der griechischen Regierung klare Aussagen über Zeitpunkt und Inhalt der Volksbefragung zum Rettungspaket. "Ich kann nur sagen, dass wir zu einem Punkt kommen müssen, wo wir genau wissen, was jetzt erfolgt. Für uns zählen Taten." Das mit Griechenland vereinbarte Programm müsse umgesetzt werden. "Das Notwendige wird heute mit Griechenland zu besprechen sein."

"Es gibt auch eine Verantwortung Griechenlands"

Merkels Sprecher Steffen Seibert sprach von einer "ernsten Situation" und kritisierte Papandreous Vorgehen. Deutschland und die internationale Gemeinschaft bemühten sich seit eineinhalb Jahren, solidarisch und verantwortungsvoll mit Griechenland umzugehen. "Und umgekehrt gibt es aber auch eine Verantwortung Griechenlands für seine europäischen Partner", sagte Seibert. Die EU-Länder, vor allem jene in der Währungsunion, "sind so eng miteinander verflochten, dass jede schwerwiegende Entscheidung in einer Hauptstadt auch Auswirkungen hat auf die anderen Länder". Daran müsse in diesen Tagen jeder denken. Seibert bemühte sich nicht, die Verärgerung Merkels über den nicht abgestimmten Vorstoß Papandreous für eine Volksbefragung zu verbergen: "Die Bundesregierung hätte es vorgezogen, wenn die griechische Regierung ihre Partner darüber vorher informiert hätte", sagte Seibert.

Druck kam auch aus dem Finanzministerium. Griechenland brauche zwar erst Mitte Dezember wieder Geld. Zugleich betonte Ministeriumssprecher Martin Kotthaus, es sei offen, ob dieses Geld vor dem Referendum überwiesen werden könne.

Deutsche Banken verschieben Schuldenerlass

Die deutschen Banken halten eine vollständige Umsetzung des Pakets zur Linderung der Eurokrise vor dem geplanten Referendum in Griechenland für unrealistisch. "Wir sollten keine vollendeten Tatsachen schaffen, bevor das Referendum durch ist", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer. Konkret könne er sich nicht vorstellen, dass vor der Volksabstimmung über das Rettungspaket ein Anleihentausch vollzogen werden könne, sagte Kemmer. Allerdings sollten jetzt die Vorarbeiten für den Schuldenerlass gemacht werden. Im Übrigen erwarte er dafür eine hohe Zustimmung der Gläubigerbanken.

Die Banken hofften, dass die Griechen den EU-Vorgaben zur Rettung des Landes zustimmen werden, sagte Kemmer. Falls sie ablehnten, werde es "ganz schwierig" und die Karten würden völlig neu gemischt.

"Maximaler Druck" auch aus anderen Staaten

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte vor den "unvorhersehbaren" Folgen, die ein Nein der Griechen zu dem vergangene Woche verabschiedeten Rettungsplan habe. Deshalb müssten die führenden Politiker des Landes nun auf die nationale Einheit hinarbeiten, um eine breite Unterstützung für das Programm zu erreichen, forderte Barroso.

Auch die französische Regierung erhöhte den Druck auf Griechenland. Die Griechen müssten "schnell und unzweideutig sagen", ob sie weiter dem Euroraum angehören wollten, forderte Premierminister François Fillon vor dem Parlament. "Das griechische Volk muss daran erinnert werden, dass man nicht in Europa sein kann, um von seiner Solidarität zu profitieren, und außerhalb Europas, um der Disziplin zu entkommen, die für jedes Land gilt." Frankreichs Europaminister Jean Leonetti forderte, bei dem Referendum den Griechen die Frage zu stellen: "Wollt Ihr in der Eurozone bleiben oder nicht?" Es gehe nicht, dass die Griechen den Rettungsplan ablehnten und gleichzeitig Mitglieder des Euroraums blieben, sagte Leonetti dem Fernsehsender LCI.

Die niederländische Regierung kündigte "maximalen Druck" auch von Seiten anderer Euro-Länder an. Die Volksbefragung sei eine "sehr unglückliche Entwicklung", die allerdings nur extrem schwer zu verhindern sei, zitierte die Onlineausgabe des "NRC Handelsblad" den niederländischen Regierungschef Mark Rutte. Sollten sich die Griechen nicht von ihren Referendumsplänen abbringen lassen, müsse die Volksbefragung allerdings minimal und so schnell wie möglich erfolgen, forderte Rutte.

Unterstützung im Kabinett

In Griechenland hatte Papandreou zuvor zumindest in seinem Kabinett Unterstützung erhalten. Ein griechischer Regierungssprecher erklärte nach einer siebenstündigen Sitzung in Athen, das Referendum solle unmittelbar stattfinden, nachdem die Details des Hilfspakets ausgehandelt seien. Während der Kabinettssitzung hätten einige Minister Kritik am Vorstoß des Regierungschefs geübt, jedoch versichert, die Regierung bei der anstehenden Vertrauensabstimmung im Parlament zu unterstützen. Papandreou verteidigte bei der Sitzung seinen Plan noch einmal vehement. Die Volksabstimmung werde "ein klares Mandat erteilen und eine klare Botschaft zugunsten unseres europäischen und Pro-Euro-Kurses senden".

Eine Gefahr für die Finanzstabilität?

Auf den Finanzmärkten hatte die Ankündigung einer Volksabstimmung weltweit für große Unsicherheit und Kursverluste gesorgt. Die Ratingagentur Fitch sieht in der geplanten Volksabstimmung eine Gefahr für die Finanzstabilität in der Eurozone. Nach Auffassung von Weltbank-Chef Robert Zoellick fordert der griechische Ministerpräsident das Glück heraus. Eine Ablehnung des auf dem jüngsten EU-Gipfel beschlossenen Rettungspakets durch die griechischen Wähler werde zu Chaos führen, mahnte er.