Griechenland in der Krise 15 Milliarden aus Moskau und Peking?

Stand: 18.04.2015 16:31 Uhr

Griechische Medien berichten von Milliarden, die aus Russland und China nach Athen fließen könnten. Es geht um Vorauszahlungen für Großprojekte. In der EU wächst derweil offenbar der Unmut über die Nachsicht der Syriza-Regierung mit reichen Steuerbetrügern.

Griechische Medien berichten von Milliarden, die aus Russland und China nach Athen fließen könnten. Es geht um Vorauszahlungen für Großprojekte. In der EU wächst derweil offenbar der Unmut über die Nachsicht der Syriza-Regierung mit reichen Steuerbetrügern.

Angesichts der dramatischen Finanzlage versucht Athen offenbar intensiv, Geldquellen in China und Russland zu finden. Es gehe um bis zu 15 Milliarden Euro, berichteten die griechischen Wochenzeitungen "Agorá" und "Karfí" unter Berufung auf Regierungskreise.

Zehn Milliarden Euro sollen laut den Berichten aus China kommen. Die Regierung in Peking könnte diese Gelder als eine Art Vorauszahlung für die Nutzung des Hafens von Piräus und einen Einstieg bei der griechischen Eisenbahn leisten, berichtete "Karfí".

Bis zu fünf Milliarden aus Moskau?

Die Regierung in Athen hoffe zudem auf drei bis fünf Milliarden Euro aus Russland. Dieses Geld könnte laut "Agora" als eine Art Vorschuss für künftige Gebühren für die geplante Erdgas-Pipeline "Turkish Stream" fließen.

Die Pipeline soll russisches Erdgas bis an die griechisch-türkische Grenze bringen. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hatte bei seiner jüngsten Reise nach Moskau mit Russlands Präsident Wladimir Putin die Verlängerung der Pipeline in Griechenland und von dort nach Mitteleuropa vereinbart.

Putin sagte dabei, die russische Wirtschaft sei an "Großprojekten" insbesondere im Energiebereich interessiert, Griechenland könne zum wichtigen Gasumschlagplatz in Europa werden. Von Vorauszahlungen war nicht die Rede, stattdessen sagte Putin: Sollten Großprojekte realisiert werden und Gewinn bringen, könne dies dem griechischen Staat helfen.

Vorauszahlung für künftige Transitgebühren?

Laut "Spiegel Online" könnte das Abkommen mit Russland bereits am Dienstag unterzeichnet werden. Enthalten seien drei bis fünf Milliarden Euro aus Russland als Vorauszahlung auf künftige Einnahmen Griechenlands durch die Transitgebühren, heißt es in dem Bericht. Sie sollten später verrechnet werden. Ein hochrangiger Beamter der griechischen Regierungspartei Syriza habe gesagt, der Deal könne das Blatt für Griechenland wenden.

Die Wiener Zeitung "Die Presse" zitierte eine anonyme russische Quelle mit den Worten: "Ja, es stimmt." Das russische Energieministerium habe zwar keine Stellungnahme abgeben wollen. Sie zitierte aber eine nicht genannte Quelle "aus Verhandlungskreisen in Moskau" mit den Worten: "Wir bereiten derzeit aktiv ein solches Abkommen vor. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es dazu kommen wird", spätestens gegen Wochenende. Der von "Spiegel Online" genannte Rahmen von drei bis fünf Milliarden Euro "klingt realistisch".

Zuletzt hatte auch der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis mehrfach angekündigt, eine Absichtserklärung solle bereits in der kommenden Woche unterzeichnet werden. Von einer Vorauszahlung sprach er aber nicht.

"Turkish Stream" nur in der Planungsphase

Die EU müsste eine mögliche Verlängerung der Pipeline nach Griechenland genehmigen. Finanzexperten griechischer Banken sagten der Nachrichtenagentur dpa, sie könnten sich schwer vorstellen, wie Geld für ein noch nicht genehmigtes Projekt fließen könnte.

Die Regierung in Moskau setzt auf "Turkish Stream", weil die lange geplante Leitung "South Stream", durch die Gas über Bulgarien in die EU fließen sollte, im vergangenen Dezember geplatzt war. In der Schwebe hängt bei "Turkish Stream" aber nicht nur die Verlängerung. Auch ein Abkommen Moskaus mit der Türkei ist Medienberichten zufolge noch längst nicht gesichert.

Verhandlungen in Brüssel an diesem Wochenende

Die internationalen Geldgeber Athens haben noch fällige Hilfen aus den Hilfsprogrammen von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt. Die Mittel sollen erst freigegeben werden, wenn Athen eine konkrete Liste von Reformen vorlegt und diese auch umsetzt.

Die Verhandlungen über Griechenlands Reformpaket gehen derweil weiter. Experten der sogenannten "Brüssel-Gruppe" kommen am Wochenende in Brüssel zusammen. In dieser Formation treffen sich Vertreter Athens mit Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Rettungsschirms ESM und des Internationalen Währungsfonds (IWF), die früher Troika genannt wurden.

Zu viel Nachsicht mit reichen Steuerbetrügern?

Die Geldgeber kritisieren laut "Spiegel", dass die neue Athener Regierung zu viel Rücksicht auf die Reichen nimmt. Sie sei mindestens zweimal gewarnt worden, Wohlhabenden Steuerschulden nicht zu stunden. Doch habe sich Athen darüber hinweggesetzt und damit eine rote Linie überschritten. Zwar habe bereits die Regierung des konservativen Regierungschefs Antonis Samaras beschlossen, den Griechen Steuerstundungen zu ermöglichen. Doch seien davon die 6500 größten Steuerbetrüger ausgenommen gewesen.

Die jetzige Syriza-Regierung habe die Stundungen sogar noch auf relativ Vermögende ausgeweitet, kritisierte der deutsche Ökonom Klaus Masuch im Gespräch mit dem Magazin. Er war fünf Jahre EZB-Delegationsleiter für Griechenland und kontrolliert nun in der EZB jene Länder, die EU-Hilfen bekommen.

Hermann Krause, H. Krause, ARD Moskau, 18.04.2015 16:52 Uhr