Weiterer Gipfel zu Griechenland am Sonntag Wieder mal ein neuer Zeitplan

Stand: 08.07.2015 04:04 Uhr

Die Euro-Staaten haben Griechenland eine letzte Frist bis Sonntag eingeräumt. Dann wollen bei einem weiteren Gipfel die 28 EU-Staaten über die Krise im Land beraten. Die Regierung in Athen soll dafür Details für Reformpläne vorlegen - innerhalb von zwei Tagen.

"Binnen 48 Stunden nach dem Referendum haben wir eine Verabredung mit den Geldgebern" - so lautete das Versprechen des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras. Dieses zeitlich selbst gesteckte Ziel hat er deutlich verfehlt. Auch der erneute Euro-Krisen-Gipfel brachte keine Lösung im Schuldenstreit. Das konnte er auch nicht, weil die Griechen die versprochenen Reformvorschläge nicht im Gepäck hatten - jedenfalls nicht schriftlich.

Jetzt aber gibt es einen neuen Zeitplan: "Wir haben gesagt, dass die Regierungschefs sich Sonntag wieder treffen werden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Gipfel. Also gibt es einen neuen Krisengipfel am Sonntag. Diesmal ist er nicht im Euro- sondern sogar im EU-Format.

Faust auf dem Rednerpult

Doch bis dahin muss noch eine Menge passieren: Griechenland will ein neues Milliarden-Hilfspaket und soll im Gegenzug innerhalb von zwei Tagen - also bis Donnerstag - Reformvorschläge vorlegen. "Jetzt muss die griechische Regierung uns sagen, wo sie hin will", erklärte ein sicht- und hörbar ungeduldiger EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Um seine eindringliche Botschaft zu unterstreichen, bearbeitete er dabei das Rednerpult mit der Faust.

Um wie gewünscht Geld aus dem Euro-Rettungsschirm ESM zu bekommen und um überhaupt in Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket einzutreten, muss Athen nun beweisen, dass es die Bedingungen dafür erfüllt. Die Kanzlerin ist skeptisch. "Sind wir überzeugt, dass Griechenland das so vorlegen kann? Das kann ich heute nicht sagen. Sonst hätte ich nicht gesagt, dass wir uns am Sonntag wieder treffen", sagte Merkel.

Tsipras mit nicht allzu breitem Kreuz

Klar war von vornherein, dass Tsipras - auch mit seinem Referendum im Rücken - in Brüssel nicht mit allzu breitem Kreuz würde auftreten können. Überdeutlich hatten die Geldgeber klargemacht, dass ihr Verhandlungsspielraum Grenzen hat. Mit der Geduld ist es bei einigen mittlerweile genauso: "Es gab ein Versprechen für heute, dann versprechen sie etwas für morgen. Für die griechische Regierung gibt es immer nur 'Mañana'", schimpfte zum Beispiel die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite. Das Wort für 'morgen' borgte sie sich dafür aus dem Spanischen. Überhaupt sind es gerade die kleinen osteuropäischen Staaten, wie die Balten, oder auch die Nordeuropäer, wie die Finnen, die hörbar gereizt scheinen.

Grexit kein Tabu mehr

Das Wort 'Grexit' ist kein Tabu mehr. Auch nicht für EU-Kommissionschef Juncker. Bis ins Detail habe man ein Grexit-Szenario vorbereitet, verriet der EU-Kommissionschef. Bei all dem ist auch klar: Er selbst, auch Frankreich und Italien scheinen geneigter als andere, Griechenland in der Währung zu halten. Doch mit jedem Tag, der vergeht, schlittert Griechenland mehr und mehr dem Abgrund entgegen. Und möglicherweise die Eurozone gleich mit. Gipfel-Gastgeber und EU-Ratspräsident Donald Tusk warnt:

Ich habe keinen Zweifel, dass dies der vielleicht kritischste Moment in unserer Geschichte ist.

Das, was der Fahrplan der nächsten Tage vorsieht, klingt ein bisschen nach 'letzter Chance' für die Griechen. Der Gipfel am Sonntag sei der entscheidende, sagt denn auch der italienische Regierungschef Matteo Renzi. Das ist ein Satz, der in den vergangenen Wochen schon öfter fiel. Nun wird er allerdings immer wahrer, je mehr sich die finanzielle Lage in Griechenland verschlechtert. EU-Kommissionschef Juncker formuliert trotzdem - gefragt nach einem Ende des Griechenland-Krisen-Sitzungsmarathons - etwas vorsichtiger:

Es hört auf, wenn es vorbei ist.

Kai Küstner, K. Küstner, ARD Brüssel, 08.07.2015 02:41 Uhr