Griechischer Antrag auf Verlängerung der Hilfen Schuldenstreit bleibt Schuldenstreit

Stand: 19.02.2015 20:49 Uhr

Mit dem Antrag auf Verlängerung der Finanzhilfen hat sich Griechenland im Schuldenstreit auf die Eurogruppe zubewegt. Doch die Bundesregierung sieht in dem Schreiben aus Athen keine Lösung - im Gegensatz zur EU-Kommission. Bringt das Treffen der Eurofinanzminister eine Einigung?

Griechenland droht eine Staatspleite, doch noch immer ist keine Einigung im Schuldenstreit mit den europäischen Gläubigern in Sicht. Zwar stellte die Athener Regierung offiziell den von den Euro-Partnern gewünschten Antrag auf Verlängerung der Hilfskredite; doch während die EU-Kommission dies als positives Zeichen wertete, reagierte Deutschland mit Ablehnung.

Der griechische Vorschlag sei kein substanzieller Beitrag für eine Lösung, erklärte das Bundesfinanzministerium. Athen verlange letztlich eine Zwischenfinanzierung ohne die bisherigen Sparvorgaben seiner Gläubiger. Die Kriterien der Eurogruppe seien damit nicht erfüllt, so der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Jäger.

Tsipras beschwert sich bei Merkel

Bei der griechischen Regierung sorgt die deutsche Haltung für Unverständnis. So beschwerte sich Regierungschef Alexis Tsipras laut Athener Regierungskreisen in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die harte deutsche Position.

Unterstützung für die deutsche Haltung kommt aus Finnland. So lehnt auch Ministerpräsident Alexander Stubb den Antrag Griechenlands ab. Der Vorschlag reiche nicht aus. Griechenland müsse seine Strukturreformen fortsetzen. Auch Lettlands Finanzminister Janis Reirs bremste die Erwartungen. Die Zusammenarbeit mit Athen könne nur auf Basis des jetzigen Programms weitergehen.

EU-Kommission hält Kompromiss für möglich

Deutlich positiver bewertet die EU-Kommission Athens Schreiben. Nach Ansicht von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ebne der Antrag den Weg zu einem Kompromiss, so Junckers Sprecher. Auch der französische Ministerpräsident Manuel Valls zeigte sich zuversichtlich, dass eine Lösung im Schuldenstreit mit Griechenland möglich ist. Die Vorschläge des Landes seien sehr ermutigend, sagte Valls.

In dem Athener Schreiben an die Eurogruppe, das tagesschau.de und weiteren Medien vorliegt, bittet der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis um eine sechsmonatige Verlängerung der Finanzhilfen für das Krisenland - also faktisch bis Ende August. Darin akzeptiert Griechenland auch weitere Überwachungen durch die EU und die Europäische Zentralbank (EZB) sowie den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Zudem erkennt Athen die Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Geldgebern an. Zugleich will die neue Regierung dem Brief zufolge "substanzielle, weitreichende Reformen beginnen, die nötig sind, um den Lebensstandard von Millionen griechischer Bürger (...) wiederherzustellen."

In dem Brief der griechischen Regierung heißt es, man werde während der sechs Monate eng mit den Partnern zusammenarbeiten, damit keine einseitigen Reformen ergriffen werden, welche die Haushaltsziele, die wirtschaftliche Erholung oder die finanzielle Stabilität des Landes gefährdeten. Auch eine Reihe von Punkten sind aufgelistet, die Griechenland mehr Spielraum ermöglichen könnten. So will das hoch verschuldete Land die gegebene Flexibilität im aktuellen Paket bestmöglich nutzen.

Unterschiedliche Lesarten

Unklar ist weiter, ob die griechische Regierung nicht nur die Kreditbedingungen, sondern auch alle Reformauflagen der internationalen Geldgeber akzeptiert. Denn die Milliardenhilfen des ersten und zweiten Griechenland-Rettungspakets wurden von Beginn an nur unter der Voraussetzung bewilligt, dass die Regierung in Athen gleichzeitig die vereinbarten Reformen und Auflagen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen erfüllt.

An diesem Punkt gehen die Lesarten des griechischen Vorstoßes offenbar weit auseinander. In einer ersten Reaktion sehen Quellen des ARD-Studios Brüssel mit dem Brief aus Athen fast alle Bedingungen der Eurogruppe erfüllt.

Laut ARD-Hörfunkkorrespondent Martin Bohne hält sich der griechische Finanzminister Varoufakis aber auch einige Schlupflöcher offen. So hoffe Griechenland, dass die harten Sparvorgaben doch noch gelockert werden. Außerdem wolle Athen mit den Gläubigern über Erleichterungen beim Schuldendienst verhandeln. Insgesamt würden in Brüssel dennoch viele das Schreiben als eine fast vollständige Kapitulation der Griechen werten, so Bohne.

Entscheidendes Treffen?

Die 19 Mitgliedstaaten der Währungsunion treffen sich am Freitag zur vielleicht entscheidenden Verhandlungsrunde. Das bisherige Rettungsprogramm läuft Ende Februar aus. Ohne frisches Geld droht Griechenland wohl schon wenig später die Zahlungsunfähigkeit. In letzter Konsequenz könnte Griechenland ohne eine Einigung mit den Euro-Partnern das Ausscheiden aus der Gemeinschaftswährung drohen.

Kai Küstner, K. Küstner, NDR Brüssel, 19.02.2015 17:39 Uhr