interview

Spielemesse Gamescom beginnt in Köln "Den typischen Gamer gibt's nicht mehr"

Stand: 21.08.2013 12:28 Uhr

Mit dem Start der Gamescom in Köln beginnt auch das Rennen um die beste Startposition bei der neuen Generation der Spielekonsolen. Sony und Microsoft kämpfen um die "Vorherrschaft im Wohnzimmer", sagt Netzexperte Dennis Bangert im Interview mit tagesschau.de.

tagesschau.de: Zur fünften Gamescom in Köln werden 275.000 Besucher aus mehr als 80 Ländern erwartet. Was können sie erleben?

Dennis Bangert: Das Leitthema der Messe ist das Videospiel der nächsten Generation. Denn Microsoft und Sony haben die neue Konsolengeneration am Start: "Xbox One" und "Playstation 4" sollen noch Ende des Jahres in den deutschen Handel kommen. Die Gamescom-Besucher können schon selbst die Hand anlegen. 

Zur Person

Dennis Bangert ist Multimedia-Experte beim Radiosender N-JOY und begleitet die gamescom seit Jahren. Viele der Geräte hat er auch Zuhause.

tagesschau.de: Nach mehr als sechs Jahren geht also der Konkurrenzkampf der Hersteller in eine neue Runde?

Bangert: Ein Machtkampf ist da. Nintendo ist als dritter Partner ein bisschen außen vor, aber Microsoft und Sony kämpfen um die Vorherrschaft im Wohnzimmer. Es gibt kleinere technische Unterschiede und unterschiedliche Konzepte, die sie versuchen zu verfolgen. Grundsätzlich ist es wahrscheinlich eher eine philosophische Frage, ob man auf der Seite der Xbox oder der Playstation steht.

tagesschau.de: Aber ein paar Unterschiede gibt es doch schon...

Bangert: Sony macht eine reine Spielekonsole. Die braucht keine Internetverbindung, weil alles lokal auf der Konsole passiert. Sie bieten eine Internetkomponente an, aber die steht jetzt noch nicht im Fokus.

Ganz anders Microsoft: Zu Beginn war angekündigt, dass man online spielen muss. Nun heißt es, man muss nur einmal zwingend online sein, um die Konsole zu registrieren und die neuesten Updates runterzuladen. Anschließend kann man komplett offline spielen.

tagesschau.de: Microsoft hatte ja einen Aufschrei provoziert, als sie eine Kamera-Pflicht für die Konsole planten. Die sollte zum Beispiel die Nutzer der Xbox für Onlinekinofilme zählen, um Filmpreise zu ermitteln. Datenschützer sprachen von einer "Schnüffel-Konsole". Was ist aus dem Streit geworden?

Bangert: Erst hatte Microsoft die Nutzung der Kinect-Kamera für verpflichtend erklärt. Inzwischen sind sie zurückgerudert. Die Konsole kann also auch ohne Kamera benutzt werden. Sie werden zusammen verkauft, aber Spieler müssten keine Angst mehr vor Spionage im Wohnzimmer haben.

tagesschau.de: Mittlerweile konzentrieren sich Gamer nicht mehr ausschließlich auf ihre Konsole, sondern vernetzen mehrere Geräte im "Cross Plattforming". Wie funktioniert das?

Bangert: Da spielt man dann mit drei, vier Freunden übers Internet oder auf dem heimischen Sofa und ein anderer Bekannter kann sich über das Smartphone oder Tablet zuschalten und übernimmt dann koordinierende Aufgaben. Er überblickt also das Spielfeld und kann dann zum Beispiel sagen: "Rechts steht ein Gegner oder Nachschub findet ihr in zwei Kilometern."

Bei Multiplayer-Spielen kann man außerdem sehen, wo Gegner auftauchen, wo man immer wieder in Fallen getappt ist oder wo man öfter mal gestorben ist.

tagesschau.de: Bei den Spielen ist nicht nur die Hardware vielfältig, sondern auch die Nutzer. Gibt es überhaupt noch den typischen Gamer?

Bangert: Das ist ja das Schöne: Man kann wirklich nicht mehr den typischen Gamer ausmachen. Fast jeder zweite Deutsche hat inzwischen irgendwie mit Videospielen zu tun. Es ist nicht mehr nur der Nerd im Keller der Eltern, der stundenlang zockt, sondern es ist auch der Uni-Professor, der nach Feierabend gerne mal eine Runde "Call of Duty" spielt.

tagesschau.de: Und vielleicht zählen auch bald viele Lehrer dazu. Nordrhein-Westfalen erkennt den Besuch der Gamescom erstmals als Fortbildungsmaßnahme an. Ist das sinnvoll bei einer Veranstaltung, die eigentlich auf Unterhaltung abzielt?

Bangert: In Bezug auf Medienkompetenz ist es nie schlecht, wenn Lehrer wissen, was angesagt ist und sie mitreden können. Nicht nur Lernspiele, sondern auch sogenannte serious games, bekommen einen immer größeren Stellenwert. Dadurch schwindet vielleicht auch langsam diese gesellschaftliche Angst oder die Vorurteile, denn oftmals werden Videospiele immer noch mit Killerspielen gleichgesetzt.

Das Interview führte Julia V. Bewerunge für tagesschau.de