Super-Zentralbank warnt vor Crash Selbst Risikoscheue gehen Risiken ein

Stand: 29.06.2014 16:03 Uhr

Es braut sich wieder was zusammen. Das ist das Gefühl, das viele Ökonome beim Blick auf die Finanzmärkte beschleicht. Ein Grund: Auch vermeintlich konservative Investoren gingen immer häufiger Risiken ein, warnt die Super-Zentralbank BIZ.

Die Super-Zentralbank BIZ warnt vor neuen Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Auslöser könnten ausgerechnet vermeintlich konservative Großinvestoren wie Pensionsfonds oder Vermögensverwalter sein, meint der neue Chefvolkswirt der BIZ, Hyun Song Shin.

Der Hintergrund des Alarmrufs: Angesichts weltweit niedriger Zinsen gehen auch diese Investoren immer stärker ins Risiko. Das heißt, sie kaufen statt sicherer Papiere wie zum Beispiel deutschen Staatsanleihen vermehrt risikoreiche Assets wie Aktien oder Immobilien - weil sie ansonsten ihre Renditezusagen gegenüber ihren Geldgebern nicht mehr erfüllen können. "Aktuell sieht zwar alles sehr gut aus, aber es baut sich möglicherweise ein schmerzhafter und sehr zerstörerischer Umschwung auf", so Shin.

Selbst Ramschpapiere finden reißenden Absatz

Für Shin, der das Amt bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich im Mai antrat, sind die momentan geringen Schwankungen an den Börsen ein Warnsignal. Geringe Volatilität ist zwar normalerweise ein Zeichen von Stabilität. Doch aus Sicht von Shin ist gerade diese Stabilität trügerisch. Dadurch würde nämlich verdeckt, dass einzelne Investoren schon heute immense Risiken aufgebaut hätten.

Anders als vor der großen Finanzkrise seien dieses Mal aber nicht die Banken das Problem, so Shin. "Das passiert jetzt bei den anderen Spielern." Und dazu gehörten "inzwischen auch eigentlich langfristig orientierte Investoren" - wozu zum Beispiel auch Versicherungen gezählt werden. Deren neues Verhalten berge große Gefahren.

"Wir betreten hier bis dato völlig unbekanntes Terrain", sagte Shin. "Wir haben die Regulierung der Banken verstärkt, aber die Risiken haben sich verändert. Wir dürfen nicht blind werden für neue Risiken." So seien selbst konservative Investoren inzwischen oft bereit, teils hochriskante Wertpapiere, etwa Anleihen von Firmen mit niedrigerer oder zweifelhafter Bonität, zu zeichnen. Im zurückliegenden Quartal erreichten diese "Ramschanleihen" ein Volumen von 90 Milliarden Dollar. Vor der Krise waren es pro Quartal im Schnitt 30 Milliarden Dollar.

Eine mögliche Lösung? Dass der Staat interveniert, sagt Shin

Spekulationsblasen fürchtet Shin vor allem an den Immobilienmärkten. Eine mögliche Lösung des Problems könnten staatliche Gegenmaßnahmen sein. In vielen Industrienationen seien die Regierungen mit dem Einsatz solcher Mittel aber zu zurückhaltend. Länder wie Südkorea oder die Stadtstaaten Hongkong und Singapur hätten dagegen sehr gute Erfahrungen damit gemacht.

"Die Zurückhaltung liegt auch daran, dass diese Instrumente kaum erprobt worden sind in den Industrienationen." Den Entscheidungsträgern seien die Möglichkeiten, die sie hätten, kaum bekannt. "Da ist noch einiges zu tun." Ein positives Gegenbeispiel ist aus Shins Sicht Großbritannien. Um den seit Jahren steigenden Häuserpreisen gerade in London zu begegnen, führt die Regierung ab Oktober Grenzen bei Hypothekenkrediten ein. Diese dürfen das 4,5-Fache des Einkommens des Schuldners nicht mehr übersteigen.

Die im schweizerischen Basel ansässige BIZ gilt als die "Zentralbank der Zentralbanken". Sie dient als Plattform für den Austausch von Notenbankern in aller Welt und verwaltet zudem in deren Auftrag Teile der globalen Goldreserven. Die BIZ war eine der wenigen Institutionen, die vor der schweren Finanzkrise der Jahre 2007/08 gewarnt hatten. Ihr Jahresbericht, der am Sonntag in Basel publiziert wurde, gilt unter Fachleuten als eine der bedeutendsten Analysen zur Weltwirtschaft überhaupt.