Handelssaal der Frankfurter Börse. | picture alliance / Daniel Kubirs

Nachfolger für Linde Wer in den DAX aufsteigen dürfte

Stand: 17.02.2023 08:56 Uhr

Es war ein Paukenschlag, als Linde - immerhin der wertvollste Konzern am deutschen Aktienmarkt - seinen Rückzug aus dem DAX verkündete. Heute wird bekannt gegeben, wer der Nachfolger wird - und es gibt einen klaren Favoriten.

Von Heidi Radvilas, ARD-Börsenstudio

Bei der Commerzbank in Frankfurt könnten heute noch die Sektkorken knallen. Denn die Deutsche Börse verkündet am Abend, wer Ende Februar für die freiwillig ausscheidende Linde AG in den Deutschen Aktienindex aufsteigt. Chris-Oliver Schickentanz von Capitell Vermögens Management wäre sehr überrascht, wenn es nicht die Commerzbank wird: "Als Linde sich entschieden hat, den DAX zu verlassen, gab es eigentlich zwei Kandidaten. Nämlich neben der Commerzbank auch noch Rheinmetall. Die Commerzbank hat aber mittlerweile Fakten geschaffen: Sie hat die Veröffentlichung ihrer Geschäftszahlen vorgezogen."

Und sie hat mit diesem Kniff gerade noch rechtzeitig nachgewiesen, dass sie nicht nur 2021, sondern auch 2022 - und damit zwei Jahre in Folge - profitabel war. Auch das fordert die Deutsche Börse nämlich von DAX-Anwärtern. Inzwischen ist es offiziell: Mit gut 1,4 Milliarden Euro fährt die Bank im 2022 den höchsten Gewinn ein seit 2007, also vor der Finanzkrise.

In der Finanzkrise gerettet

In der Krise hatte die Bank zu kämpfen, musste vom Staat gerettet werden. Vor viereinhalb Jahren wurde das einstige Gründungsmitglied zu schwach für den DAX und musste raus. Sie wurde damals verdrängt, ausgerechnet vom Zahlungsabwickler Wirecard, der mittlerweile wegen Verdacht auf Bilanzfälschung und Marktmanipulation aus dem DAX entfernt wurde.

Falls die Commerzbank jetzt statt des Rüstungskonzerns Rheinmetall in die erste Börsenliga zurückkehrt, rückt sie wieder stärker ins Rampenlicht. Denn der DAX ist das Barometer der deutschen Wirtschaft - und erfährt viel Aufmerksamkeit bei nationalen und internationalen Investoren. Joachim Schallmayer, Kapitalmarktstratege von der Deka-Bank, betont: "Das ist ein positives Signal, wenn man in den Leitindex aufrücken darf. Das ist für jedes Unternehmen ein Imagegewinn, wenn man im Leitindex enthalten ist."

"Ein schwerer Schlag für den DAX"

Doch was für die Commerzbank gut sein mag, wenn sie den Sprung denn schafft, das ist für den Finanzplatz Frankfurt nicht einfach. Denn der Wechsel kommt nur, weil der Industriegase-Hersteller Linde künftig nur noch in New York und nicht mehr in Frankfurt gelistet sein will. So sieht das auch Experte Schallmayer: "Mit Linde geht nicht nur ein traditionsreiches Unternehmen mit Wurzeln in Deutschland. Sondern die Linde gehörte dem DAX seit seiner Gründung 1988 ununterbrochen an. Und sie ist aktuell das schwergewichtigste Index-Mitglied. Von daher ist das ein schwerer Schlag für den DAX."

Und dieser Schlag hat auch Folgen für börsennotierte Indexfonds. Die wollen eins zu eins abbilden, wie sich Marktindizes - also auch der DAX - entwickeln, sagt Uwe Streich, Aktienstratege der LBBW: "Wenn Linde nicht mehr im DAX drin ist, dann heißt das, dass die Fonds Linde verkaufen müssen. Sie werden dann im Gegenzug die Commerzbank kaufen." Aber das reiche nicht, weil die Commerzbank wegen ihres geringeren Börsenwerts ein viel geringeres Gewicht im DAX habe.

Fonds müssen nachkaufen

Die Lösung: Die verbleibenden 39 DAX-Unternehmen bekommen mehr Gewicht im DAX - und entsprechend auch in den Indexfonds. Die Fonds müssen folglich nachkaufen, sagt Streich: "Das führt letztendlich dazu, dass die Fondsanbieter alle anderen Indexmitglieder kaufen müssen, um den Index wieder richtig abbilden zu können."

Dass sich die Kurse der DAX-Unternehmen dadurch signifikant verändern könnten, schließt der Aktienstratege aber aus. Insofern dürfte der Linde-Abschied aus dem DAX aller Voraussicht nach vor allem einen Profiteur haben: die Commerzbank.

 

Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. Februar 2023 um 09:00 Uhr.