Die Skyline von New York bei Sonnenaufgang.

Forderung der Fed US-Banken sollen Klimarisiko analysieren

Stand: 18.01.2023 14:58 Uhr

Nachdem die EZB bereits 2022 einen Klima-Stresstest durchführte, hat nun auch die US-Notenbank Fed die größten amerikanischen Banken zu einer Analyse der Klimarisiken aufgefordert. Ende des Jahres sollen die Ergebnisse kommen.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat die sechs größten US-Banken aufgefordert, Daten darüber zusammenzustellen, wie sich die Folgen des Klimawandels und der Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft auf ihre Geschäfte auswirken könnten. Die Szenarioanalyse soll etwa das physische Risiko - zum Beispiel Wirbelstürme, Brände oder Dürre - ihres Immobilienportfolios beinhalten. Zudem soll der Einfluss der Transformation auf ihre Kreditvergabe an Unternehmen geprüft werden, teilte die Fed mit.

Der Pilotversuch sei jedoch keine Prognose oder politische Vorschrift und solle nicht unbedingt die wahrscheinlichsten Ereignisse widerspiegeln. Stattdessen solle er sicherstellen, dass das Finanzsystem auf die mit der globalen Erwärmung verbundenen Risiken vorbereitet ist - und ein Verständnis für diese entwickelt.

52-seitiger Leitfaden, aber kein Stresstest

"Die Fed hat in Bezug auf klimabedingte Finanzrisiken eine begrenzte, aber wichtige Verantwortung", sagte der stellvertretende Vorsitzende für Aufsicht, Michael Barr. Die Notenbank müsse dafür sorgen, "dass die Banken ihre wesentlichen Risiken verstehen und steuern - einschließlich der finanziellen Risiken des Klimawandels".

Bis zum 31. Juli haben die Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, JPMorgan, Morgan Stanley und Wells Fargo - deren Bilanzen zuletzt gemischt ausfielen - nun Zeit, den 52-seitigen Leitfaden zu beantworten. Ende 2023 will die Fed schließlich eine Zusammenfassung der Ergebnisse veröffentlichen.

Die Klimarisikoanalyse unterscheidet sich dabei von den regelmäßigen "Stresstests". Diese führen die Währungshüter im Rahmen ihrer Bankenaufsicht durch, um festzustellen, ob die Banken über genügend Kapital verfügen, um Verluste im Falle eines unmittelbaren wirtschaftlichen Schocks zu decken.

Zwiespalt zwischen Finanzstabilität und gesetzlicher Aufgabe

Die Übung sei ein "positiver Schritt" zum Verständnis der Schwachstellen, der Unternehmensführung und der Risikokontrollen der Banken, sagte Mark Narron, Senior Director von Fitch Ratings, der Nachrichtenagentur Reuters. Dennis Kelleher, Präsident und CEO der gemeinnützigen Organisation Better Markets in Washington, bezeichnete die Maßnahme dagegen als einen "schwachen Anfang", bei dem zwei wesentliche Punkte fehlen: die Bewertung der Performance sowie der Einfluss von Klimaschocks auf gewerbliche Kredite.

Für Christina Parajon Skinner, Professorin für Wirtschaft und Recht an der Wharton School der University of Pennsylvania, ist das Pilotprojekt zudem eine Gratwanderung zwischen dem Schutz des Finanzsystems vor neuen Risiken und der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben der US-Notenbank. Einige Kongressmitglieder, vor allem Republikaner, hatten die Fed zuletzt aufgefordert, die Klimapolitik zu meiden und sich auf die Inflationsbekämpfung zu fokussieren.

Andere Zentralbanken führten bereits Klima-Stresstest durch

Andere Zentralbanken sind der Fed derweil schon einen Schritt voraus. So veröffentlichte die Bank of England (BoE) im vergangenen Jahr ihre erste Klimaszenario-Analyse für das britische Finanzsystem, in der sie sowohl Versicherer als auch Banken hinsichtlich der physischen Bedrohungen durch den Klimawandel und der Belastungen durch den erwarteten Übergang zur Klimaneutralität bewertete.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) führte 2022 einen Klima-Stresstest durch. Das Ergebnis: Die größten Geldhäuser der Eurozone haben die Risiken, die vom Klimawandel ausgehen, noch nicht voll im Griff. "Die Banken des Euro-Währungsgebiets müssen dringend ihre Bemühungen zur Messung und Steuerung des Klimarisikos verstärken", hatte der Chef der EZB-Bankenaufsicht, Andrea Enria, bei der Vorlage der Ergebnisse im Juli verkündet.

In ungünstigen Szenarien dürften sich umweltbezogene Verluste für die europäische Branche auf mindestens 70 Milliarden Euro summieren. Allerdings spiegele sie "nur einen Bruchteil" des tatsächlichen klimabedingten Risikos für die Branche wider, warnten die Aufseher. An dem Test hatten 104 Finanzinstitute aus dem Währungsraum teilgenommen, darunter auch die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 18. Januar 2023 um 15:08 Uhr.