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Marktbericht

DAX verliert ein Prozent Anleger nehmen Gewinne mit

Stand: 16.11.2022 22:13 Uhr

Nach der atemlosen Gewinnserie der vergangenen Wochen haben die Aktienmärkte ihren Schwung vorerst verloren. Viele Anleger gönnten sich zur Wochenmitte eine Auszeit.

Zur Wochenmitte überwogen an den Aktienmärkten die roten Vorzeichen. An der Wall Street, die sich mit dem nahenden "Black Friday" auf die Weihnachtssaison einstellt, trübte ein verhaltener Ausblick des Einzelhändlers Target die Laune. Der Dow Jones ging 0,1 Prozent tiefer aus dem Handel.

Deutlicher bergab ging es mit den Technologietiteln. Der Auswahlindex Nasdaq 100 büßte 1,45 Prozent ein.

Die US-Konjunktur sendet zum Auftakt des vierten Quartals gemischte Signale aus: Während die Einzelhändler ihren Umsatz im Oktober unerwartet kräftig steigerten, stagnierte die Industrieproduktion nahezu. Die Einnahmen im Einzelhandel stiegen um 1,3 Prozent zum Vormonat. Die Industrie schwächelte dagegen. Sie steigerte ihre Produktion lediglich um 0,1 Prozent, nachdem es schon im September nur zu einem kleinen Anstieg von 0,2 Prozent gereicht hatte. Derweil mehren sich Anzeichen für ein Abflauen der hohen Inflation. Nach den Verbraucher- und Erzeugerpreisen sind im Oktober auch die Importpreise langsamer gestiegen. Sie legten um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Das ist der kleinste Anstieg seit mehr als anderthalb Jahren. Im Vergleich zum Vormonat fielen die Importpreise mit 0,2 Prozent den vierten Monat in Folge.

Insgesamt wird also die Erwartung einer langsameren Gangart der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gestützt. Derzeit erwartet eine klare Mehrheit der Marktteilnehmer eine "moderatere" Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte bei der geldpolitischen Sitzung im Dezember.

Am deutschen Markt fiel der DAX um ein Prozent zurück, was aber im Rahmen des Erwartbaren lag. Seit Anfang Oktober hatte der deutsche Leitindex über 2200 Punkte gewonnen und den höchsten Stand seit Juni erreicht. Im derzeit unsicheren globalen Umfeld lagen Gewinnmitnahmen zur Wochenmitte nahe.

Den Schreckmoment nach den gestrigen Berichten über den Raketeneinschlag im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine haben die Anlegerinnen und Anleger indes schnell abgehakt. "Es war richtig, nicht auf die unbestätigten Meldungen hin zu reagieren, sondern abzuwarten", so Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets.

Der halbjährliche Finanzstabilitätsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) trug auch nicht zur Erbauung bei. Die Notenbank sieht wachsende Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum. "Die Menschen und die Unternehmen spüren bereits die Auswirkungen der steigenden Inflation und der Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit", so EZB-Vizepräsident Luis de Guindos anlässlich der Vorstellung des Berichts in Frankfurt. "Unserer Einschätzung nach haben die Risiken für die Finanzstabilität zugenommen - und eine technische Rezession im Euroraum ist wahrscheinlicher geworden."

Update Wirtschaft vom 16.11.2022

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

In Italien sind die Lebenshaltungskosten im Oktober stark gestiegen, allerdings nicht ganz so stark wie zunächst ermittelt. Der nach europäischen Standards ermittelte Verbraucherpreisindex (HVPI) erhöhte sich zum Vorjahresmonat um 12,6 Prozent. Die Inflation in Großbritannien hat sich von sehr hohem Niveau aus verstärkt und ist im Oktober im Jahresvergleich um 11,1 Prozent gestiegen, wie das Statistikamt ONS mitteilte.

Der Euro fiel im Verlauf etwas von seinen Tageshöchstständen über 1,04 Dollar zurück. Devisenanleger rechnen ebenfalls mit weniger heftigen Zinsanhebungen in den USA - das schwächt die US-Währung.

Die Ölpreise fielen deutlich zurück. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend mit 92,50 Dollar 2,2 Prozent weniger als gestern. Den jüngsten Kursrutsch begründeten Händler mit Berichten, dass ein Abschnitt der Druschba-Ölpipeline, der größten Rohölleitung Europas, wieder in Betrieb genommen worden sein soll. Etwas abgefedert wurde der Kursrutsch durch aktuelle Daten zu den Lagerbeständen der USA an Rohöl. Diese sind in der vergangenen Woche deutlich gefallen. Sie sanken im Vergleich zur Vorwoche um 5,4 Millionen auf 435,4 Millionen Barrel.

In New York brach die Aktie von Target zweistellig ein, nachdem der Einzelhändler vor einem überraschenden Umsatzrückgang im Weihnachtsquartal gewarnt hatte. Target machte die steigende Inflation und "dramatische Veränderungen" bei den Verbraucherausgaben für den Rückgang der Nachfrage nach Spielwaren und Elektronikprodukten verantwortlich. Dagegen hatte der größere Rivale Walmart gestern seine Umsatz- und Gewinnprognose für das Gesamtjahr angehoben.

An der Nasdaq trübte Micron die Laune. Der US-Halbleiterhersteller teilte mit, die Aussichten für das vierte Quartal hätten sich eingetrübt. Micron will daher seine Speicherchip-Produktion zurückfahren und seinen Investitionsplan weiter kürzen. Viele Verbraucher und Firmen schieben wegen der weltweiten Inflation Investitionen in neue Smartphones oder Computer auf die lange Bank. Micron war der erste große Chiphersteller, der zu Beginn des Jahres wegen des Nachfragerückgangs Alarm schlug.

Meldungen aus China belasteten die Mercedes-Aktie, die mit einem Minus von 6,2 Prozent am DAX-Ende lag. Die Anleger reagierten irritiert darauf, dass der Autobauer in China seine Preise für zwei Elektromodelle drastisch senkt. Die harte Konkurrenz auf dem weltweit größten Markt für E-Fahrzeuge lastet zunehmend auf dem Absatz.

Die Aktie von Siemens Energy konnte ihre frühen Gewinne im DAX nicht halten. Der Energietechnikkonzern hat den erwarteten Verlust für das abgelaufene Quartal gemeldet. Die spanische Windkraft-Tochter Siemens Gamesa und der Rückzug aus Russland haben dem Konzern im Geschäftsjahr 2021/22 (bis Ende September) einen Nettoverlust von 647 Millionen Euro eingebrockt. Er fiel aber geringer aus als Experten und Siemens Energy selbst vorausgesagt hatten.

Rheinmetall hat sich wegen der Aufrüstung in vielen NATO-Staaten für die mittlere Frist höhere Finanzziele gesteckt. 2025 will der Düsseldorfer Konzern zwischen zehn und elf Milliarden Euro Umsatz erzielen. Dabei soll die operative Marge, an der der Rüstungskonzern maßgeblich seine Profitabilität misst, auf rund 13 Prozent steigen. Für das laufende Jahr erwartet das MDAX-Unternehmen aktuell rund 15 Prozent Umsatzwachstum aus eigener Kraft bei einer Marge von über elf Prozent.

Im MDAX lag die Aktie von Delivery Hero zeitweise an der Indexspitze, fiel dann aber ins Minus zurück. Die britische Investmentbank HSBC hat die Aktie von "Hold" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 55 auf 65 Euro angehoben. Der Essenslieferant habe den Wendepunkt erreicht und sei auf geradem Weg in die Profitabilität, schrieb Analyst Christopher Johnen in einer aktuellen Studie.

Im SDAX war Dermapharm gefragt. Der Arzneimittelhersteller hat in den ersten neun Monaten den Umsatz um 9,6 Prozent auf 734,3 Millionen Euro und das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um 5,1 Prozent auf 239,4 Millionen Euro gesteigert. "Damit sind wir trotz aktuell veränderter Rahmenbedingungen auf Kurs, unsere Jahresziele zu erfüllen", so Vorstandschef Hans-Georg Feldmeier. Er nannte die breite Produktpalette als Grund für die positive Entwicklung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. November 2022 um 09:00 Uhr.