Händler an der New York Stock Exchange
Marktbericht

Nach Jobdaten Dämpfer für die Wall Street

Stand: 03.02.2023 22:19 Uhr

Schwache Quartalsbilanzen der großen Tech-Riesen haben vor allem an der Nasdaq für Ernüchterung gesorgt. Hinzu kamen neue Zinssorgen nach überraschend guten Daten vom Arbeitsmarkt.

Nach einer schwachen Eröffnung konnten sich die großen Indizes an der New Yorker Börse nur kurz erholen, ehe sie wieder zur Schwäche neigten. Der Leitindex Dow Jones verlor letztlich 0,38 Prozent auf 33.926 Punkte und fiel damit wieder unter die Marke von 34.000 Punkten. An der Tech-Börse Nasdaq ging es deutlicher bergab, sie schloss 1,59 Prozent niedriger, auch der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 1,79 Prozent auf 12.573 Punkte nach. Der S&P-500-Index ging bei 4136 Zählern um 1,04 Prozent leichter aus dem Handel.

Nach den starken Daten vom Arbeitsmarkt fehlt bei so manchem Marktteilnehmer die Fantasie für eine Fortsetzung der jüngsten Kauflaune. "Der Bullenmarkt könnte noch etwas auf sich warten lassen", gibt sich Analyst Jim Reid von der Deutschen Bank vorsichtiger. Seit dem Tief von Anfang Januar fehlt dem Nasdaq 100 mittlerweile nur noch ein Tick, damit definitionsgemäß von einem "Bullenmarkt" gesprochen werden kann. Für gewöhnlich geht man davon ab einer Steigerung um 20 Prozent aus.

Allen geldpolitischen Straffungen der Notenbank Federal Reserve (Fed) zum Trotz bleibt der Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten robust. Der Jobaufbau in den USA übertrumpfe im Januar sogar noch die guten Vormonate, konstatierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank. "Der Stellenzuwachs um 517.000 ist fast schon als Job-Boom zu bezeichnen."

Analysten hatten im Schnitt nur mit 188.000 neuen Stellen im Januar gerechnet. Die Arbeitslosenquote fiel von 3,5 auf 3,4 Prozent, was de facto Vollbeschäftigung und die niedrigste Arbeitslosenquote seit dem Mai 1969 bedeutet.

"Wann immer wir diese großen Zahlen sehen, kommt die Angst vor der Fed mit aller Macht zurück, weil sich die Anleger sorgen, dass die Fed die Dinge noch weiter vorantreiben wird als sie es getan hat, was das Risiko bringt, dass es keine sanfte Landung der Wirtschaft gibt, sondern eher einen Aufprall", sagte Investmentstratege Brian Jacobsen von Allspring Global Investments.

Waren die Anleger also bisher zu optimistisch, indem zuletzt sogar auf bald wieder sinkende Raten gesetzt wurde? Zwar sind die Inflationsraten zuletzt gefallen, doch sie sind diesseits und jenseits des Atlantiks immer noch weit von der angestrebten Zielmarke der Notenbanken von zwei Prozent entfernt.

Anleger sind nach schwachem Start bei Apple umgeschwenkt. Das Papier gehörte zu den größten Gewinnern im Dow Jones mit einem Tagesgewinn von 2,44 Prozent.

Corona-Lockdowns in China hatten Apple zwar das wichtige Weihnachtsgeschäft verpatzt. Insgesamt aber habe das Unternehmen in einem schwachen Umfeld robust abgeschnitten, schrieb Analyst Ingo Wermann von der DZ Bank. Die Service-Sparte wachse dynamisch. Konkret hatten Pandemie-bedingten Produktionsausfälle in einer wichtigen chinesischen iPhone-Fabrik dem Konzern die Bilanz verhagelt.

Statt der sonst üblichen Rekordzahlen gab es nun einen Umsatzrückgang von gut fünf Prozent auf 117,2 Milliarden Dollar. Unterm Strich blieb ein Quartalsgewinn von knapp 30 Milliarden Dollar. Erstmals seit 2016 verfehlte der Konzern damit die Markterwartungen.

Der DAX konnte zum Wochenschluss zwar nicht an den Kurssprung vom Vortag anknüpfen, grenzte aber im Handelsverlauf seine Verluste noch deutlich ein. Der Index ging am Ende mit einem nur moderaten Minus von 0,21 Prozent auf 15.476 Punkte und damit nahe am Tageshoch aus dem Handel. Danach hatte es zwischenzeitlich nicht ausgesehen, nachdem überraschend robuste US-Arbeitsmarktdaten für neue Zinsängste gesorgt hatten. Das Tagestief lag bei 15.347 Punkten.

Auch der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, machte am Nachmittag noch einen Großteil seiner Verluste wett und schloss letztlich bei 29.778 Punkten nur um 0,1 Prozent leichter. Im Wochenvergleich rückte der DAX nach einer sehr ereignisreichen Woche um 2,1 Prozent vor, seit Jahresbeginn liegt der Zuwachs nun schon bei 11,1 Prozent.

"Der Arbeitsmarkt in den USA ist erstaunlich widerstandsfähig. Die Zahlen zum Arbeitsmarkt werden die US-Notenbank darin bestärken, weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Zinserwartungen sollten zunehmen, zumal diese bislang sehr gedämpft sind und es einen Widerspruch gib zwischen dem geldpolitischen Ausblick der Fed und den Markterwartungen", kommentierte Ulrich Wortberg von der Helaba.

Neben den schwächeren Daten vom US-Jobmarkt drückten zunächst auch schwach ausgefallene "Big-Tech-Zahlen" auf die Stimmung. Apple, Amazon und Alphabet konnten am Vorabend mit ihren Quartalszahlen nicht an die Euphorie anknüpfen, die die Facebook-Mutter Meta am Mittwoch ausgelöst hatte.

Update Wirtschaft vom 03.02.2023

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Volatil geht es derzeit auch am Devisenmarkt zu. Die nach den Jobdaten wieder verstärkten Zinsängste kamen dem Dollar zugute, im Gegenzug fiel der Euro wieder unter die Marke von 1,09 Dollar. Im US-Handel ging der Ausverkauf weiter, zuletzt wurden nur noch 1,0798 Dollar bezahlt, ein Minus von über einem Prozent.

Zusätzlich sorgten stärker als erwartet ausgefallene Daten zur Stimmung in US-Unternehmen für weiteren Auftrieb beim Dollar, was den Euro noch stärker unter Druck setzte. Ein Stimmungsindikator für Unternehmen im Bereich Dienstleistungen ist viel stärker als erwartet gestiegen und signalisierte wieder Wachstum in dem für die US-Wirtschaft wichtigen Sektor. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0937 (Donnerstag: 1,0988) Dollar fest.

Auch dank eines schwachen Pfunds ist der Londoner Aktienindex FTSE 100 heute auf den höchsten Stand seiner Geschichte gestiegen. Der FTSE 100 legte auf seinen Rekordwert von 7906,58 Punkten zu und schloss letztlich bei 7901,8 Punkten so hoch wie nie zuvor. Damit wurde der bisherige Höchstwert vom 22. Mai 2018 überboten. Das Plus zum Vortag betrug gut ein Prozent.

"Der FTSE 100 ist ein nach außen gerichteter Index, der dank bestimmter Branchen, die von steigenden Energiepreisen und Zinssätzen profitiert haben, Gewinne erzielt hat", sagte Victoria Scholar vom Anlagedienst Interactive Investor der Nachrichtenagentur PA.

Zudem gab das Pfund nach starken US-Arbeitsmarktdaten zum US-Dollar sowie zum Euro deutlich nach. Da im FTSE 100 viele Unternehmen mit wichtigem Exportgeschäft versammelt sind, profitiert der Index von einem schwächeren Pfund: Die Waren werden für ausländische Kunden günstiger.

Auch der Ölmarkt war heute volatil. Die Nordseesorte Brent, nach den robusten US-Konjunkturdaten sogar kurzzeitig im Plus, sackte danach deutlich ab und verlor zuletzt 3,45 Prozent auf 80,09 Dollar je Fass. Der Preis für die US-Leichtölsorte WTI fiel sogar um vier Prozent.

Von Anspannung ist damit am Ölmarkt kurz vor Inkrafttreten der dritten Stufe des Öl-Embargos der EU gegen Russland am 5. Februar nichts zu spüren. Vielmehr drückte der hohe Dollar sowie das derzeit hohe Angebot auf die Kurse. So sind die Rohöllagerbestände in den Vereinigten Staaten auf den höchsten Stand seit Mitte 2021 gestiegen. Auf der Nachfrageseite ist zudem unklar, wie nachhaltig die Erholung in China ist.

BMW will ab 2027 auch in Mexiko vollelektrische Autos bauen. Das Unternehmen kündigte heute eine Investition in Höhe von 800 Millionen Euro für die Integration der Modelle der "Neuen Klasse" und für ein neues Montagezentrum für Hochvoltbatterien in seinem Werk im zentralmexikanischen Bundesstaat San Potosí an.

"Wir richten unser Produktionsnetzwerk konsequent auf Elektromobilität aus", sagte BMW-Produktionsvorstand Milan Nedeljkovicl, der sich derzeit in San Luis Potosí aufhält. Mexiko ist ein wichtiger Automobilstandort vor allem wegen der Nähe zum wichtigen US-Markt und der relativ niedrigen Lohnkosten. Die Produktionsstätte in San Luis Potosí wurde 2019 eröffnet. Dort fertigt BMW bereits die 3er Limousine, das 2er Coupé und den M2.

Thyssenkrupp spricht nach eigenen Angaben mit der Bundesregierung über die Zukunft seiner Rüstungstochter Marine Systems. "Wir streben für Marine Systems eine eigenständige Aufstellung an", sagte Vorstandschefin Martina Merz heute auf der virtuellen Hauptversammlung des Konzerns. Von der Bundesregierung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Marine Systems baut konventionelle U-Boote und Kriegsschiffe und entwickelt Technologien zur Bergung von Munition. Die Tochter mit Standorten in Kiel, Hamburg, Bremen und Emden beschäftigt rund 6900 Mitarbeiter. Im vergangenen Geschäftsjahr erzielten diese bei einem Umsatz von 1,8 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 32 Millionen Euro. Die Fondsgesellschaft Deka Investment hatte zuvor Thyssenkrupp aufgefordert, sein Rüstungsgeschäft abzustoßen.

Der DAX-Konzern Continental stellt sein schwächelndes Industriegeschäft neu auf. Dazu soll der bisher aus sechs Geschäftsfeldern bestehende Industriebereich der Tochter ContiTech in drei Arbeitsfeldern gebündelt werden, wie der Zulieferer mitteilte. Dadurch sollen Synergien gehoben und das Geschäft profitabler werden. An der Börse kamen die Pläne gut an, die Aktie legte im DAX zu.

Weil viele Verbraucher wegen der schwächelnden Konjunktur und der steigenden Inflation den Gürtel enger schnallen müssen, lieferte Amazon einen enttäuschenden Ausblick. Für das laufende Quartal peilt der Internethändler Umsätze zwischen 121 und 126 Milliarden Dollar an, was bei Analysten nicht gut ankam. So auch, dass das operative Ergebnis voraussichtlich bei null bis vier Milliarden Dollar liegen werde.

Bei beiden Kennziffern hatten Börsianer auf mehr gehofft. Amazon-Papiere weiteten ihre Verluste im Verlauf aus kamen am Ende mit einem deutlichen Minus von 8,43 Prozent auf 103,39 Dollar schwer unter die Räder.

Sinkende Werbeausgaben der Unternehmen haben Alphabet einen Gewinneinbruch eingebrockt. Firmenchef Sundar Pichai verordnete dem Betreiber der Suchmaschine Google und der Videoplattform YouTube daraufhin einen verschärften Sparkurs. Das Netto-Ergebnis fiel den Angaben zufolge im abgelaufenen Quartal auf 13,62 von 20,64 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum. Alphabet kündigte zudem an, seinen ChatGPT-Konkurrenten für die öffentliche Nutzung vorzubereiten. Die Aktie gab 2,75 Prozent nach.

Aktien von Tesla stiegen um 0,91 Prozent auf 189,98 Dollar - und standen zwischenzeitlich mit 199 Dollar so hoch wie seit fast drei Monaten nicht mehr. Nach einer Entscheidung des US-Finanzministeriums werden sich mehr E-Autos der Hersteller Tesla, Ford, GM und VW für Steuergutschriften qualifizieren. Hintergrund ist eine überarbeitete Definition von Fahrzeugklassen. Damit steigen die Preisobergrenzen für bestimmte E-Modelle der Hersteller im Einzelhandel.

Der zweitgrößte US-Autobauer Ford ist im vergangenen Jahr beim Gewinn hinter den eigenen Vorhersagen zurückgeblieben. Der Nettogewinn brach auf 1,3 Milliarden Dollar ein nach 12,3 Milliarden. "Wir hätten im vergangenen Jahr viel besser abschneiden müssen", erklärte Konzernchef Jim Farley. Der Konzern habe "etwa zwei Milliarden Dollar an Profit auf dem Tisch liegen lassen". Die Aktie verlor an der NYSE deutlich 7,61 Prozent.

Der französische Pharmakonzern Sanofi hat ein starkes Jahr mit kräftigen Umsatz- und Gewinnwachstum hinter sich. Unter dem Strich kletterte der Gewinn im Berichtszeitraum um acht Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Der Konzern profitierte dabei insbesondere vom anhaltenden Erfolg seines Kassenschlagers Dupixent, einem Medikament gegen Asthma und Schuppenflechte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Februar 2023 um 09:05 Uhr im "Update Wirtschaft".