Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Start der Berichtssaison Keine Euphorie an der Wall Street

Stand: 13.01.2023 22:15 Uhr

Auf den Beginn der Berichtssaison mit den Zahlen der großen Banken reagierten die US-Anleger verhalten. Anders als hierzulande herrscht an der Wall Street derzeit vorsichtige Zurückhaltung.

Der Auftakt der mit Spannung erwarteten Berichtssaison der Unternehmen mit den Quartalsberichten der Großbanken verlief heute an der Wall Street eher holprig. Die Anleger kehrten nach schwacher Eröffnung im Handelsverlauf jedoch zögerlich an den Markt zurück, so dass die großen Indizes am Ende noch mit Gewinnen aus dem Handel gingen. Euphorisch war der Handelstag aber nicht.

Der Leitindex Dow Jones schloss am Ende bei 34.302 Punkten um 0,33 Prozent moderat höher. Er ließ dabei sein Tagestief bei 33.915 Punkten letztlich deutlich hinter sich. Besser hielt sich die Technologiebörse Nasdaq, die ebenso wie der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,71 Prozent zulegte. Der marktbreite S&P-500-Index gewann um 0,4 Prozent auf 3999 Punkte.

Nachdem der Zinskurs der Notenbank Federal Reserve (Fed) nach den jüngsten Inflationsdaten sukzessive klarer wird, steht nunmehr die beginnende Berichtssaison der Unternehmen verstärkt im Fokus der Anleger. An den Märkten werde die Spekulation auf geldpolitische Entscheidungen - die in den vergangenen Wochen Kaufentscheidungen geprägt hatten - nun einer Rückbesinnung auf die Fundamentaldaten der Unternehmen weichen, sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst vom Handelshaus CMC Markets. "Positive Überraschungen auf der Unternehmensseite könnten der nächste Katalysator für die Rally am Aktienmarkt werden."

"Diese Saison der Quartalsberichte ist deshalb so wichtig, weil die Investoren abschätzen, wie sehr die schwächere Konjunktur die Ergebnisse, die Profitabilität und die Prognosen der Unternehmen beeinflusst", schrieben die Strategen der Credit Suisse.

Die US-Aktienindizes hinken dem DAX derweil weiter hinterher: Während im deutschen Börsenbarometer ein Kursplus von über acht Prozent seit Jahresende 2022 zu Buche steht, kommt der US-Leitindex Dow Jones auf einen Zuwachs von gerade einmal gut drei Prozent.

Heute eröffneten traditionell die Banken die US-Berichtssaison. Sie legten auf den ersten Blick gemischte Zahlen vor, erholten sich dann aber im Verlauf deutlich. Neben den beiden New Yorker Häusern Citigroup und JPMorgan legten auch Bank of America und Wells Fargo Zahlen vor. Bank of America steigerten den Gewinn um zwei Prozent auf 6,9 Milliarden Dollar, bei Wells Fargo brach der Gewinn wegen Sonderbelastungen um 50 Prozent ein.

Insgesamt weckten die vorgelegten Geschäftszahlen der großen US-Finanzinstitute keine Euphorie, allzu böse Überraschungen blieben aber auch aus. "Die Ergebnisse der Banken fielen solide aus", fasste Bankenanalyst Peter Torrente von KPMG zusammen. Während einerseits steigende Risikovorsorgen für möglichen Kreditausfälle und ein schwächelndes Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) die Ergebnisse belasteten, profitierten die Geldhäuser andererseits von höheren Zinseinnahmen.

Der Branchenprimus JP Morgan steigerte den Gewinn im Quartal um sechs Prozent auf elf Milliarden Dollar. Die Aktien drehten nach anfänglichen Verlusten ins Plus und lagen am Ende des Handels 2,52 Prozent höher. Trotz der Steigerung im vierten Quartal fiel der Gewinn im Gesamtjahr auf 37,7 Milliarden Dollar, rund 22 Prozent weniger als 2021. Damals hatte die Bank Risikovorsorge für drohende Kreditausfälle von fast neun Milliarden Dollar aufgelöst, was dem Gewinn zugutekam. Im Jahr 2022 legte sie hingegen 6,4 Milliarden Dollar für solche Zwecke zurück.

Auch die New Yorker Großbank Citigroup hat im vierten Quartal angesichts der Konjunktursorgen und der Flaute im lukrativen Geschäft mit Übernahmen und Fusionen deutlich weniger verdient. Der Nettogewinn im Zeitraum Oktober bis Dezember schrumpfte binnen Jahresfrist um 21 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar. Pro Aktie erwirtschaftete die Citigroup einen Gewinn von 1,16 Dollar nach 1,46 Dollar ein Jahr zuvor. Grund war vor allem eine höhere Risikovorsorge für den Fall eines dauerhaften wirtschaftlichen Abschwungs und höhere Kreditausfälle. Im Tagesgeschäft legten die Einnahmen hingegen deutlich zu.

Geholfen hat dem Markt heute auch eine gestiegene Verbraucherstimmung. Diese hat sich in den USA zu Jahresbeginn überraschend kräftig aufgehellt, gleichzeitig ebbten Inflationssorgen ab. Das Barometer hierfür stieg im Januar auf 64,6 Punkte von 59,7 Zählern im Dezember, wie die Universität Michigan heute zu ihrer monatlichen Umfrage mitteilte. Befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg auf 60,5 Zähler gerechnet. Die Konsumenten bewerteten ihre Lage deutlich besser als im Vormonat und blickten auch optimistischer in die Zukunft als zuletzt.

Die Verbraucher erwarten mit Blick auf die kommenden zwölf Monate laut Befragung zugleich nur noch eine Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen von 4,0 Prozent. Im Dezember hatten sie noch mit 4,4 Prozent gerechnet.

Der DAX ist zum Wochenschluss erneut gestiegen und baute damit seine Gewinnserie seit dem Jahresbeginn weiter aus. Zwar rückte der deutsche Leitindex am Ende nur um 0,19 Prozent auf 15.086 Punkte vor, im Handelsverlauf zeigte der Markt aber relative Stärke und verteidigte beim Tagestief von 15.041 Punkten erfolgreich die runde Marke von 15.000 Punkten. Das Tageshoch lag bei 15.129 Zählern, gleichzeitig ein neues Jahreshoch. Seit Jahresbeginn ist der DAX damit 8,3 Prozent und im Wochenverlauf gut drei Prozent gestiegen.

Grund für die zwischenzeitliche Schwächephase im DAX waren die zunächst negativ aufgenommenen Quartalsergebnisse großer US-Banken, deren Ergebnisse meist unter den Erwartungen blieben. Im Verlauf haben sich die Titel aber erholt und an der Wall Street ins Plus gedreht.

Update Wirtschaft vom 13.01.2023

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

Trotzdem wurde heute vereinzelt auch Kasse gemacht, vor allem Autoaktien gaben nach den deutlichen Gewinnen zuletzt nach. Daimler Truck waren Schlusslicht im DAX, auch VW Vorzüge gaben nach. Auch die jüngsten Preisnachlässe durch Tesla schadeten der gesamten Branche.

Tagessieger waren im Leitindex Sartorius Vorzüge, die 2,69 Prozent zulegten. Auch Siemens Healthineers und Bayer zogen an. Bei Bayer geht es seit dem Einstieg eines aktivistischen Investors diese Woche bergauf.

Der US-Elektroautobauer Tesla senkt die Preise für seine Bestseller in Deutschland und den USA. Der Konzern kündigte gestern am späten Abend die niedrigeren Preise an. Je nach Konfiguration müssen Kunden in Deutschland dann zwischen einem und 17 Prozent weniger für die Limousine Model 3 und den weltweiten Tesla-Bestseller Modell Y bezahlen. In den USA sinken die Preise um sechs bis 20 Prozent.

Zuletzt war die Tesla-Aktie schon unter Druck geraten, weil das Geschäft in China, dem größten Automarkt der Welt, nicht mehr so rund lief. Vor allem einheimische Hersteller gewinnen zunehmend Marktanteile, worunter auch deutsche Hersteller zu leiden haben.

Die Grundstimmung am Aktienmarkt bleibt aber positiv. Am Vortag hatten die wie erhofft moderateren US-Inflationsdaten die Hoffnungen vieler Anleger untermauert, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) es bei ihren Leitzinserhöhungen etwas ruhiger angehen lassen kann.

Hierzulande steigt nach robusten BIP-Zahlen zudem die Hoffnung, dass das Land mit einem blauen Auge davonkommt und es nur zu einer milden Rezession kommen wird. Konkret ist Deutschlands Wirtschaft im vergangenen Jahr trotz der Folgen des Ukraine-Kriegs deutlich gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte ersten Schätzungen zufolge um 1,9 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

"In der Woche sind die Investoren zunehmend hoffnungsvoll geworden, dass 2023 nicht so schlimm wird wie befürchtet", sagte Marktstratege Craig Erlam vom Handelshaus Oanda. "Allerdings liegt es nun an den US-Firmenbilanzen, ob die Partylaune anhält, da der Enthusiasmus bezüglich der Teuerungsraten noch nicht mit den Konjunkturaussichten übereinstimmt."

Der Euro hat einen Teil seiner jüngsten Kursgewinne wieder abgeben müssen. Im US-Handel wird die Gemeinschaftswährung bei 1,0831 Dollar und damit 0,15 Prozent leicht tiefer gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0814 (Donnerstag: 1,0772) Dollar fest. Der Goldpreis legte wie schon zuletzt weiter zu. Eine Feinunze des gelben Edelmetalls kostete 1919 Dollar, ein Plus von 1,3 Prozent.

Die Ölpreise pendelten wie schon zuletzt wieder um ihre Schlusskurse und fanden letztlich keine klare Richtung. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 85,02 US-Dollar. Das waren rund 0,6 Prozent mehr als am Vortag.

Hohe Abschreibungen haben den Kunststoffkonzern Covestro 2022 überraschend in die roten Zahlen gerissen. Unter dem Strich stehe nach vorläufigen Zahlen ein Verlust von 300 Millionen Euro, teilte der DAX-Konzern am Abend nach Xetra-Schluss in Leverkusen mit. Vom Dienstleister Vara befragte Analysten hätten im Schnitt mit einem Gewinn von 420 Millionen Euro gerechnet, hieß es weiter.

Als Grund für den Verlust nannte Covestro Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 470 Millionen und Wertberichtigungen von Steuerforderungen von 250 Millionen Euro. Auch im Tagesgeschäft schnitt Covestro schlechter ab als gedacht.

Der Umsatz lag mit knapp 18 Milliarden Euro leicht unter der durchschnittlichen Analystenschätzung. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verfehlte mit gut 1,6 Milliarden Euro sowohl die Markterwartung als auch die Ziele des Vorstands. Bereits im Oktober hatte Covestro seine Erwartung auf 1,7 Milliarden bis 1,8 Milliarden Euro gekappt. Den Geschäftsbericht will Covestro am 2. März veröffentlichen.

Am deutschen Aktienmarkt macht United Internet auf sich aufmerksam. Der Internetdienstleister und Telekomkonzern erwägt laut Kreisen den Start des Börsengangs seiner Hosting-Tochter Ionos in der kommenden Woche, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. UI erhoffe sich eine Ionos-Bewertung von bis zu fünf Milliarden Euro.

Der Autozulieferer Hella hat von einer hohen Nachfrage nach seinen Produkten profitiert und Umsatz und Ergebnis gesteigert. Der Umsatz kletterte im ersten Halbjahr des Rumpfgeschäftsjahres 2022 um 25,7 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro, wie das unter der Dachmarke FORVIA arbeitende Unternehmen mitteilte. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) legte um 29,5 Prozent auf 202 Millionen Euro zu.

Negative Neuigkeiten kommen von Goldman Sachs: Die US-Investmentbank hat mit ihren Gehversuchen auf dem Privatkundenmarkt bereits eine Milliardensumme verbrannt. Von Anfang 2020 bis Ende September 2022 summierte sich der Verlust vor Steuern des neuen Segments auf bis zu drei Milliarden Dollar, wie die Bank in einem Bericht an die Aufsichtsbehörden veröffentlichte.

Der US-Krankenversicherer UnitedHealth hat das Jahr 2022 mit noch mehr Gewinn abgeschlossen als zuletzt gedacht. Mit 20,1 Milliarden US-Dollar (18,6 Milliarden Euro) lag der Überschuss rund 16 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie der Konzern aus dem Leitindex Dow Jones heute in Minnetonka (US-Bundesstaat Minnesota) mitteilte. Dies entsprach einem Gewinn je Aktie von 21,18 Dollar. Das Management hatte seine Prognose im Jahresverlauf mehrfach angehoben und zuletzt 20,85 bis 21,05 Dollar in Aussicht gestellt

Apple-Chef Tim Cook soll im laufenden Geschäftsjahr deutlich weniger verdienen. Nach Kritik von Aktionären und Cooks eigener Empfehlung werden ihm weniger Aktien zugeteilt, wie Apple in Unterlagen zur Hauptversammlung im März mitteilte. Zudem wird ihre Vergabe in einem höheren Maße als bisher vom Geschäftsverlauf abhängen. Cooks Grundgehalt von drei Millionen Dollar bleibt unverändert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Januar 2023 um 17:00 Uhr.