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Marktbericht

Nach Wirtschaftsdaten Durchatmen an der Wall Street

Stand: 06.01.2023 22:24 Uhr

Neue Konjunkturdaten haben an der Wall Street für viel Erleichterung gesorgt. Vor allem die besonders zinssensitive Technologiebörse Nasdaq machte Boden gut. Auch der DAX glänzte erneut.

Ein zumindest in dieser Woche eher seltenes Bild bestimmte das Handelsgeschehen in New York, denn alle großen Indizes gingen mit deutlichen Gewinnen aus dem Handel. Es war der versöhnliche Abschluss einer sonst sehr durchwachsen verlaufenden Woche für die US-Aktienmärkte.

Auslöser war ein solider Arbeitsmarktbericht, der bei abnehmendem Lohndruck die zuletzt dominierenden Zinssorgen der Anleger an der Wall Street heute in den Hintergrund drängte. Die Hoffnung auf ein langsameres Zinstempo wurde dann auch noch durch schwächer als erwartet ausgefallene Auftragsdaten der US-Industrie geschürt.

Abnehmende Zinsängste drückten zudem den US-Dollar, im Gegenzug stieg der Euro nach wechselvollem Handelsverlauf um 1,2 Prozent auf 1,0646 Dollar. Im Tagestief war die Gemeinschaftswährung am Vormittag sogar knapp unter die Marke von 1,05 Dollar gefallen.

Der Dow-Jones-Index schloss am Ende des Tages bei 33.630 Punkten um 2,13 Prozent höher. Der Index der Technologiebörse Nasdaq stand am Ende sogar 2,56 Prozent höher bei 10.569 Punkten. Der marktbreite S&P-500-Index legte ebenfalls kräftig zu um 2,28 Prozent auf 3895 Punkte.

Gleichwohl seien die Inflationssorgen nicht gänzlich verschwunden, warnte Commerzbank-Stratege Christoph Balz. "Der US-Arbeitsmarkt verliert zwar weiter an Schwung, aber das Tempo bleibt hoch."

Zudem schrumpften die Geschäfte der US-Dienstleister überraschend erstmals seit über zweieinhalb Jahren. Der Einkaufsmanagerindex fiel im Dezember auf 49,6 Zähler von 56,5 Punkten im Oktober.

Dabei blickten vor allem Service-Unternehmen mit einer Nähe zum Immobilienmarkt inzwischen sehr besorgt auf die Zinsentwicklung, führte NordLB-Analyst Tobias Basse aus. "Noch ist eine Rezession in den Vereinigten Staaten wohl zu verhindern, die Notenbank in Washington muss nun aber deutlich vorsichtiger agieren, um die US-Wirtschaft nicht doch von der Klippe zu stoßen."

Die Daten vom Arbeitsmarkt wurden zwar insgesamt positiv aufgenommen, ein unmittelbares Ende des derzeitigen starken Zinszyklus der Fed lässt sich aber nicht ableiten.

Aber es gibt Lichtblicke. Denn vor allem die besonders inflationstreibenden Stundenlöhne sind im Dezember weniger deutlich gestiegen als erwartet. Die durchschnittlichen Stundenlöhne erhöhten sich im Monatsvergleich um 0,3 Prozent, wie das US-Arbeitsministerium vor US-Börseneröffnung in Washington mitteilte. Ökonomen hatten im Schnitt einen Anstieg um 0,4 Prozent erwartet.

Insgesamt sind im Dezember mehr Stellen geschaffen worden als erwartet. Im vorigen Monat kamen 223.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, nach 256.000 im November. Befragte Ökonomen hatten lediglich mit 200.000 neuen Arbeitsplätzen im Dezember gerechnet. Die Arbeitslosenquote fiel im Dezember auf 3,5 Prozent. Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote seit dem Februar 2020, bevor die Corona-Krise einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit ausgelöst hatte.

"Der Arbeitsmarkt in den USA ist weiterhin robust und relativ eng. Klare Hinweise darauf, dass die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus deutlicher nachlässt, gibt es bislang nicht. Die Zahlen fallen robust aus, da aber der Lohndruck nachzulassen scheint, dürften die Zinserwartungen kaum forciert werden", kommentiert Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

"Aller Zinserhöhungen zum Trotz schlägt sich der US-Arbeitsmarkt wacker. Die Fed konnte mit ihren geldpolitischen Straffungen die Einstellungslaune der US-Unternehmen bislang nicht trüben. Auch im Dezember liegt ein robuster Jobaufbau vor. Die Fed wird deshalb mit Zinsanhebungen fortfahren", so Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.

Auf Unternehmensseite waren abermals die Augen auf die gebeutelte Tesla-Aktie gerichtet, die sich mit einem weiteren Kursrutsch bis auf 101,81 Dollar der 100-Dollar-Marke näherte, ehe sie dann mit einem steigenden Gesamtmarkt wieder anzog und am Ende sogar 2,47 Prozent im Plus bei 113,06 Dollar schloss. Unter der 100-Dollar-Marke notierten die Papiere letztmals im August 2020.

Anleger flüchten aus den Aktien, weil der Elektroautobauer offensichtlich immer höhere Preissenkungen in Kauf nehmen muss, um seine Fahrzeuge in China loszuwerden. Der Konzern hat sich dort zunehmend starker heimischer Konkurrenz von Anbietern wie BYD, Xpeng oder Nio zu erwehren.

Papiere des Impfstoffentwicklers CureVac haussierten an der Nasdaq nach einer positiven Impfstoffstudie auf mRNA-Basis gegen Grippe und Covid 19 um über 29 Prozent. An der Tübinger Firma ist auch der Bund beteiligt. Die Studien sollen fortgesetzt werden. CureVac galt als großer Hoffnungsträger im Kampf gegen Covid, fiel dann aber zurück, weil der Impfstoff nicht so gut wirkte wie die Präparate der Konkurrenten BioNTech und Moderna.

Thema des Tages waren heute die mit großer Spannung erwarteten neuen Daten vom US-Arbeitsmarkt, von denen sich die Anleger Aufschluss über den weiteren Zinskurs der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhofften. Dabei zeigte sich, dass der Jobmarkt in den USA zwar angespannt bleibt, zumindest der Lohndruck aber etwas abzunehmen scheint. Stützend wirkten sich auch etwas schwächer als erwartet ausgefallene Inflationsdaten aus der Eurozone aus. Eine Weile brauchten die Investoren, um die auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu interpretierenden US-Daten zu verarbeiten, dann aber griffen sie entschlossen zu.

Der bisher so gut ins neue Jahr gestartete DAX, der am Morgen noch im Minus gelegen hatte bei einem Tagestief von 14.388 Punkten, legte zum Sitzungsende hin noch kräftig zu. Er folgte damit einer steigenden Wall Street und ging bei 14.610 Punkten um 1,20 Prozent höher aus dem Handel. Im Wochenvergleich ergibt sich damit ein bemerkenswerter Gewinn von 4,9 Prozent. Ein Jahresstart, der kaum Wünsche offen lässt.

Noch besser präsentierte sich der industrie- und exportlastige MDAX, der mit einem Wochenplus von 7,3 Prozent den Vogel abschoss. Er legte heute unter der Führung von K+S (Kali und Salz) und Rheinmetall um 1,12 Prozent zu und schloss bei 26.970 Punkten. Der Rüstungslieferant und Autozulieferer Rheinmetall, der heute Geschäftszahlen präsentierte, gilt als ein potenzieller Nachfolger für den Industriegasespezialisten Linde plc., der den DAX verlassen will.

Zuletzt hatte sich der deutsche Markt besser entwickelt als die Wall Street mit ihren hochbewerteten Technologietiteln, die besonders sensibel reagieren, wenn die Notenbanken im Kampf gegen die Inflation an der Zinsschraube drehen. Hierzulande hat sich hingegen ein vorsichtiger Konjunkturoptimismus breit gemacht, der stützend wirkt.

Deutliche Gewinne gab es nach den US-Daten auch am Rentenmarkt, wo die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf 2,19 Prozent fiel und damit seit Wochenbeginn gut 40 Basispunkte verloren hat. Händler sprachen vom stärksten Jahresauftakt seit 1977 (!) am Rentenmarkt.

Von Konjunkturseite kamen gemischte Signale für den Aktienmarkt. So ist die Inflationsrate in der Euro-Zone zum Jahresende aufgrund eines nachlassenden Preisschubs bei Energie unerwartet deutlich gesunken. Im Dezember kletterten die Verbraucherpreise binnen Jahresfrist um 9,2 Prozent nach 10,1 Prozent im November und 10,6 Prozent im Oktober.

Negative Nachrichten kommen hingegen von der deutschen Industrie: Diese hat im November 5,3 Prozent weniger neue Aufträge erhalten als im Oktober. "Damit hat sich die Talfahrt der Auftragseingänge eher noch verstärkt", erklärt Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Die Ölpreise sind im späten Geschäft deutlicher ins Minus gedreht. Schon an den ersten Handelstagen des neuen Jahres hatten sie deutliche Rückgänge verzeichnet. Nach Meldungen über hohe Corona-Infektionszahlen in China fielen die Notierungen deutlicher zurück. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete 78,08 Dollar und damit 1,65 Prozent weniger als gestern.

Die Finanzaufsicht hat erneut Tochtergesellschaften der Deutschen Börse wegen Mängeln ins Visier genommen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellte Schwachstellen bei der Clearstream Banking AG und der Clearstream Holding AG fest. Auch bei der Tochter Eurex Clearing AG wurden Mängel gerügt.

Deutsche Post im DAX unter Druck

Aktien der Deutschen Post gehörten zunächst zu den größten Verlieren im DAX, erholten sich im Verlauf aber. Am Ende schlossen sie nahezu unverändert und blieben damit hinter dem Gesamtmarkt zurück. Bei dem DAX-Konzern haben die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver-di für rund 160.000 Post-Beschäftigte begonnen. Ver.di fordert 15 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

Der umstrittene Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco bei dem Container-Terminal Tollerort im Hamburger Hafen steht kurz vor dem Abschluss. In Gesprächen zwischen dem Hamburger Hafenlogistik-Konzern HHLA, dem Bundeswirtschaftsministerium und der Cosco-Tochter CSPL habe man sich auf konkrete Voraussetzungen für die Beteiligung geeinigt, teilte HHLA mit. Letzte Details müssten noch geklärt werden, doch die Transaktion solle "zeitnah" finalisiert werden.

Mercedes-Benz hat gestern Abend ein eigenes Netz mit weltweit 10.000 Ladepunkten bis Ende des Jahrzehnts angekündigt. Einen einstelligen Milliardenbetrag wollen die Stuttgarter investieren. "Wir wollen nicht zusehen und abwarten, bis es gebaut ist. Daher errichten wir selbst ein globales Schnellladenetzwerk", sagte Mercedes-Chef Ola Källenius.

Die Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall profitiert von der Entscheidung der deutschen Regierung, den Schützenpanzer "Marder" an die Ukraine zu liefern. Die Papiere stiegen auf XETRA um 3,6 Prozent. Nach Angaben aus Regierungskreisen sollen mehrere Dutzend "Marder"-Panzer des Düsseldorfer Unternehmens in die Ukraine geliefert werden.

WhatsApp will für Internet-Nutzer in Ländern wie Iran trotz Sperren verfügbar bleiben. Dafür führt der zum Facebook-Konzern Meta gehörende Chatdienst die Unterstützung von Proxy-Servern ein, mit deren Hilfe man solche regionalen Blockaden umgehen kann. Die Option soll mit der neuesten App-Version weltweit verfügbar sein.

Eine schwächelnde Nachfrage beschleunigt den Ergebnisrückgang bei Samsung Electronics. Das operative Ergebnis sei im vierten Quartal vorläufigen Berechnungen zufolge um 69 Prozent auf 4,3 Billionen Won (3,2 Milliarden Euro) eingebrochen, teilte der weltgrößte Hersteller von Smartphones und Speicherchips mit. Das ist der niedrigste Wert seit acht Jahren.