Händlerin an der New Yorker Börse
Marktbericht

Deutliche Gewinne Schnäppchenjäger an der Wall Street

Stand: 09.09.2022 22:16 Uhr

Mit komfortablen Gewinnen sind die großen US-Aktienindizes zum Wochenschluss aus dem Handel gegangen. So mancher Anleger griff bei Aktien auf niedrigerem Niveau wieder zu.

Alle großen Wall Street-Aktienindizes haben sich mit deutlichen Gewinnen ins Wochenende verabschiedet. Vor allem an der Technologiebörse Nasdaq legten die Kurse besonders stark um 2,11 Prozent zu, der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 2,17 Prozent und schloss bei 15.588 Zählern.

Aber auch der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, rückte deutlich um 1,19 Prozent vor auf 32.151 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index, in dem sowohl Standard- als auch Technologieaktien enthalten sind, stieg um 1,53 Prozent auf 4067 Zähler.

Die in den letzten Wochen noch dominanten Inflationssorgen traten heute etwas in den Hintergrund, sodass Händlern zufolge nun Schnäppchenjäger auf den Plan getreten seien und die vermeintlich günstigen Kurse zum Einstieg genutzt hätten. Nach den kräftigen Abverkäufen in den letzten Augustwochen sei nun eine Aufholjagd im Gange, sagte Händler Dennis Dick vom Broker Triple D Trading.

Trotz der Entspannung heute, die Aufmerksamkeit der US-Anleger gilt weiter primär dem Kampf der Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks gegen die hohe Teuerung. In den USA sieht Ökonom Ralf Umlauf von der Helaba die Chance auf eine Wende in der Inflationsentwicklung. Bei weiter hoher Teuerung gebe es für die Fed allerdings noch keinen Grund, von der aggressiven Zinswende abzurücken, schränkte er ein. Fed-Chef Jerome Powell hatte zuletzt weitere Straffungen in Aussicht gestellt.

Richtungsweisend dürften die Inflationsdaten in der kommenden Woche sein, die Hinweise auf das Tempo der Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Federal Reserve liefern dürften. Am Dienstag werden die Verbraucherpreise aus dem August erwartet. Die hohe Inflation dürfte sich zum zweiten Mal in Folge abschwächen, erwarten die Analysten der Commerzbank.

Unter den Einzelwerten fielen Tesla positiv auf. Die Anleger reagieren positiv auf Pläne des E-Autobauers für eine eigene Lithium-Raffinerie in Texas. Die Aktien legten 3,6 Prozent zu. In der möglichen Anlage an der Küste des US-Bundesstaats soll das für Autobatterien benötigte Metall bearbeitet werden. Damit würde Tesla die Versorgung mit einer der wichtigsten Komponenten zum Fahrzeugbau sicherstellen.

Einen Tag nach der Rekordzinserhöhung der Europäischen Zentralbank und dem pessimistischen Konjunkturausblick von EZB-Chefin Christine Lagarde herrschte auch am deutschen Aktienmarkt wieder deutlich bessere Stimmung.

Der DAX überwand im Tagesverlauf die Marke von 13.000 Punkten und ging um 1,4 Prozent höher bei 13.088 Punkten aus dem Handel. Das Tageshoch lag bei 13.121 Punkten. Im Wochenvergleich schaffte der deutsche Leitindex so ein kleines Plus von 0,3 Prozent. Noch gestern Nachmittag hatte es nach einer pessimistischen Konjunkturprognose von EZB-Chefin Christine Lagarde ganz und gar nicht nach einer solchen Erholung ausgesehen.

Die Auswirkungen der Zinserhöhung der EZB blieben am Aktienmarkt "überschaubar", wie Marktbeobachter Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners feststellte. Letztlich war der Schritt so erwartet worden. Ein Teil der Anleger wertet es gar als positiv, dass die EZB nach langem Zögern nun den Kampf gegen die Inflation aufgenommen hat. Im Zinszyklus bleibt sie gleichwohl weit zurück gegenüber der US-Notenbank Federal Reserve. Weitere Zinsschritte der europäischen Währungshüter dürften also folgen.

"Die Inflation bleibt unannehmbar hoch", erläuterte der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir heute in einem auf der Website der Bank veröffentlichten Kommentar. "Vorrangig geht es jetzt darum, die Normalisierung der Geldpolitik energisch fortzusetzen." Ähnlich äußerte sich sein EZB-Ratskollege Klaas Knot, der Notenbankchef der Niederlande. Selbst wenn dadurch das Wirtschaftswachstum gebremst werde, müsse der eingeschlagene Pfad beibehalten werden.

Stützend wirkten sich laut Börsianern vor dem Wochenende auch neue Konjunkturdaten aus China aus, wo die Erzeuger- und Verbraucherpreise im August weniger stark gestiegen sind als erwartet. Dies schürte Hoffnungen, dass die Regierung in China die Wirtschaft stimulieren kann, ohne Inflationssorgen haben zu müssen. Auch im New Yorker Handel trugen die Zahlen aus China zur guten Stimmung bei.

Update Wirtschaft vom 09.09.2022

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

In einem Umfeld steigender Zinsen gehörten Banken zu den natürlichen Gewinnern: Das Kreditgeschäft wird lukrativer, die Einnahmen steigen. Europaweit war daher der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks erneut unter den besten Sektoren. Im DAX zog die Aktie der Deutschen Bank über drei Prozent an. Im MDAX stiegen Papiere der Commerzbank auf den höchsten Stand seit Ende Juni; am Ende legten sie 3,8 Prozent zu.

Im Nachgang der EZB-Entscheidung zeigte der Euro heute im Devisenhandel Stärke. Die europäische Gemeinschaftswährung kletterte über die Parität zum Dollar und wird im US-Handel bei 1,0040 Dollar gehandelt. Als Parität wird ein Austauschverhältnis von eins zu eins zwischen zwei Währungen bezeichnet.

"Die Zinsdifferenz zum US-Dollar ist nun kleiner geworden", merkt IG-Marktanalyst Salah-Eddine Bouhmidi an. "Allerdings steht schon in zwei Wochen die Fed-Sitzung an und könnte den Euro wieder unter Druck bringen."

Auch die Ölpreise konnten vom schwächeren Dollar und der steigenden Risikolust der Anleger profitieren. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wurde am Abend 3,5 Prozent höher gehandelt. Die Ölpreise waren zur Wochenmitte auf mehrmonatige Tiefstände gefallen. Während ein Fass Brent so wenig kostete wie zuletzt im Februar, wurde für ein Barrel WTI zeitweise so wenig gezahlt wie seit Januar nicht mehr.

Nach den Kursverlusten der vergangenen Wochen deckten sich Anleger wieder mit Bitcoin ein. Die Cyber-Devise verteuerte sich um rund zehn Prozent auf über 21.000 Dollar. "Schnäppchenjäger befinden sich abermals auf der Pirsch", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. "Abzuwarten bleibt, ob sich der Erholungsversuch nachhaltig ausgestaltet."

Im Bliuckpunkt stand heute VNG. Der drittgrößte deutsche Gasimporteur ist in der Energiekrise in finanzielle Schieflage geraten. Das Unternehmen, eine Mehrheitsbeteiligung des Karlsruher Energieversorgers EnBW, stellte heute beim Bundeswirtschaftsministerium einen Antrag auf Staatzshilfe. Die Leipziger Verbundnetzgas AG (VNG) ist den Angaben zufolge drittgrößter deutscher Gasimporteur und stand 2021 für rund ein Fünftel des Gasbedarfs hierzulande. Die Aktien von EnBW gingen darauf auf Berg- und Talfahrt, schlossen letztlich aber 1,2 Prozent fester.

Nachlassende Gaspreise brachten ein wenig Erleichterung für die Aktionäre von Uniper. Die Papiere des angeschlagenen Kraftwerkbetreibers kehrten mit einem Kurssprung von 11,5 Prozent wieder über die Fünf-Euro-Marke zurück. Erst am Mittwoch hatten sie mit 4,19 Euro ihr Rekordtief markiert. Der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas fiel heute zurück und blieb nahe an der 200-Euro-Marke.

Im DAX war die Fresenius-Aktie mit einem Plus von rund vier Prozent der größte Kursgewinner. Ein Analyst der französischen Bank Société Générale hält das Papier für "überraschend fehlbepreist", wobei die Geschäftsaussichten nicht angemessen berücksichtigt seien. Der Experte bekräftigte seine Kaufempfehlung und untermauerte diese mit einem Kursziel von 92 Euro - fast das Vierfache des aktuellen Aktienkurses.

Zu den stärksten Papieren im DAX gehörte heute auch die T-Aktie. Denn in Aussicht gestellte Aktienrückkäufe der Telekom-US-Tochter T-Mobile US kamen bei den Anlegern gut an. Durch den binnen zwölf Monaten geplanten Ankauf eigener Papiere im Wert von bis zu 14 Milliarden US-Dollar könnte die US-Tochter ihrer Mutter ein Stück weit zur langersehnten Aktienmehrheit verhelfen. Laut einem Händler ist die Ankündigung positiv zu sehen, auch wenn der Umfang nicht ganz den Erwartungen entsprochen habe. Bislang ist aber noch nicht bekannt, wie sich die Telekom im Zuge der Maßnahme verhält.

Laut den Analysten von Bernstein könnte der Anteil im dritten Quartal 2023 die 50-Prozent-Schwelle erreichen. Wenn Aktien eingezogen werden, sinkt die Anzahl aller ausstehenden Anteile. Sollte die Telekom keine Anteile verkaufen, steigt dadurch automatisch ihr Anteil.

BMW will die Reichweite und Ladezeit seiner Elektroautos ab 2025 mit neuen Batteriezellen deutlich verbessern und die Herstellungskosten der Batterien halbieren. Entwicklungsvorstand Frank Weber sagte heute: "Die Energiedichte wird um mehr als 20 Prozent erhöht, die Ladegeschwindigkeit um bis zu 30 Prozent gesteigert und die Reichweite um bis zu 30 Prozent verbessert." Zudem sinke der CO2-Ausstoß bei der Zellproduktion um bis zu 60 Prozent.

Die VW-Tochter Porsche und der Rennstall Red Bull haben ihre Pläne für die Formel 1 begraben. In den vergangenen Monaten seien Gespräche geführt worden. "Beide Unternehmen sind gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Gespräche nicht weitergeführt werden", teilte Porsche mit. Prämisse sei immer eine Partnerschaft auf Augenhöhe gewesen, die neben einer Motoren-Partnerschaft auch das Team umfasst hätte. "Dies konnte nicht realisiert werden."

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus muss nach rückläufigen Auslieferungen im August um sein Jahresziel weiter bangen. Im abgelaufenen Monat fanden nur 39 Verkehrsflugzeuge den Weg zu den Kunden. In den ersten acht Monaten hat der Hersteller damit 382 Maschinen ausgeliefert. Das ist nur etwas mehr als die Hälfte der 700 Jets, die Vorstandschef Guillaume Faury Ende Juli als neues Auslieferungsziel für das laufende Jahr ausgegeben hatte.

Die US-Großbank Citigroup hat sich im Rechtsstreit um die Rückerstattung einer versehentlich überwiesenen rund halben Milliarde Dollar doch noch durchgesetzt. Ein Berufungsgericht in Manhattan hob das Urteil aus der Vorinstanz auf und entschied, dass das Geld dem Finanzkonzern zustehe. Die Empfänger hätten sich bewusst sein müssen, dass es sich bei der Überweisung um eine Panne gehandelt habe, so die Begründung der Richter.

Polen plant zur weiteren Verstärkung seiner Armee, eine größere Anzahl von Militärhelikoptern aus US-amerikanischer Produktion zu beschaffen. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak gab gestern bekannt, dass Warschau eine Anfrage an die USA für den Erwerb von 96 Apache-Kampfhubschraubern gestellt habe. Hersteller der Apache-Kampfhubschrauber ist der US-Konzern Boeing.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Oktober 2022 um 10:00 Uhr.