
KfW-Studie Klimaneutralität kostet Billionen
Fünf Billionen Euro müssen einer Studie zufolge insgesamt investiert werden, damit Deutschland im Jahr 2045 klimaneutral werden kann. In der Industrie ist der Aufwand am größten. Aber der Wandel birgt auch Chancen.
Um das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland bis zum Jahr 2045 zu erreichen, sind Gesamtinvestitionen in Höhe von rund fünf Billionen Euro erforderlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Prognos Institut, Nextra Consulting und das Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) im Auftrag der staatlichen Förderbank KfW erstellt haben.
"Das ist eine gewaltige Summe, aber es ist machbar. Damit die Herausforderung gelingt, müssen öffentliche Investitionsmittel zielgerichtet eingesetzt und private Investitionen mobilisiert werden", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.
Bei der Einordnung der gigantischen Summe sei zu berücksichtigen, dass die Klimaschutzinvestitionen bereits solche Investitionen umfassten, die ohnehin getätigt werden müssten, heißt es weiter. Diese Gelder müssten lediglich verstärkt in Alternativen gelenkt werden, die einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Der Mehrbedarf im engeren Sinne betrage den Berechnungen zufolge 1,9 Billionen. Das entspricht jährlichen Mehrinvestitionen von durchschnittlich 72 Milliarden Euro bis 2045.
Gut für den Standort Deutschland
Das Klimaziel erfordere eine umfangreiche Transformation in allen Wirtschaftssektoren, vom Verkehr über die Industrie bis hin zu den privaten Haushalten, schreiben die Autoren. Aus Sicht der KfW sind die Milliarden aber auch deshalb gut angelegt, weil die Klimaschutzinvestitionen zugleich die Chance böten, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu verbessern, indem zum Beispiel neue Technologien entwickelt werden. Dies könne den exportorientierten Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig stärken.
Die Autoren stellen fest, dass Deutschland allein durch den Abbau von klimaschädlichen Subventionen Einnahmen erzielen könnte, die zwei Drittel der erforderlichen Mehrinvestitionen abdecken würden. Daran werde deutlich, dass es für die Zielerreichung vielfach gar nicht um die Mobilisierung von zusätzlichem Kapital gehe, sondern vielmehr um eine konsequente Ausrichtung politischen Handelns und der Investitionsaktivitäten auf das Ziel der Klimaneutralität.
Großer Aufwand in der Industrie
Den größten Teil der Investitionen sieht die Analyse im Bereich Verkehr mit 2,1 Billionen Euro. Größtenteils gehe es allerdings um eine Neuausrichtung ohnehin anstehender Reinvestitionen in diesem Bereich. Die eigentlichen Mehrinvestitionen seien mit 153 Milliarden Euro daher deutlich geringer.
Die zweithöchsten Investitionen werden demnach im Sektor Energie mit 840 Milliarden Euro benötigt. Auf die privaten Haushalte entfallen rund 636 Milliarden Euro. Davon sind den Berechnungen zufolge rund 254 Milliarden Euro Mehrinvestitionen, vor allem für einen klimagerechten Wohnungsbestand.
Auf den Industriebereich kommen 620 Milliarden Euro zu. Davon sind 462 Milliarden Euro tatsächliche Mehrinvestitionen. Produktionstechniken könnten vielfach nur mit großem Aufwand klimafreundlich umgestellt werden, hieß es zur Begründung.
Im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fallen mit rund 237 Milliarden Euro verhältnismäßig geringe Klimaschutzinvestitionen an, etwa 113 Milliarden Euro seien Mehrinvestitionen.
EU peilt 2050 an
Mit Klimaneutralität ist gemeint, dass es ein Gleichgewicht zwischen der Emission von Kohlenstoff und dessen Aufnahme aus der Atmosphäre in sogenannten Kohlenstoffsenken gibt. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssten alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden, heißt es dazu in einem Hintergrund zum Thema des Europäischen Parlaments.
Die Europäische Union möchte im Rahmen des Green Deal bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden, der so viele CO2-Emissionen beseitigt, wie er produziert. Um das Ziel zu erreichen, wird die EU einen unabhängigen europäischen wissenschaftlichen Beirat für Klimaschutz einrichten, der die Fortschritte überwacht und sicherstellt, dass die ergriffenen Maßnahmen mit den Zielsetzungen in Einklang stehen.