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Virtuelle Währungen Was bleibt vom Krypto-Zauber?

Stand: 06.06.2023 08:07 Uhr

Selbst Sparkassen wollen inzwischen Konten für Kryptogeld anbieten. Doch Anleger haben mit Bitcoin und Co. bereits viel Geld verloren. Welche Zukunft haben die riskanten virtuellen Währungen?

Wenn bei deutschen Banken nach Geschäften mit Kryptowährungen gefragt wird, tun sie sich schwer. Im Großen und Ganzen halten Banker Bitcoin, Ethereum & Co. für Unfug, sofern Privatleute investieren. Viele Banker wollen aber ihre Geschäftsbeziehungen zu jungen Leuten nicht riskieren, die nach Kyptowährungen verlangen.

"Kunden, die aus eigenem Antrieb in diese hochspekulativen Anlageprodukte investieren wollen, möchten wir Lösungen anbieten, um uns dem Marktbedarf nicht zu verschließen", sagt Steffen Steudel vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken auf Anfrage. Andere sind radikaler: "Wir wollen Kryptowährungen nicht unseren guten Namen leihen", sagt Thomas Rienecker vom Deutschen Sparkassenverband.

"Hochspekulative Anlageform"

Trotzdem wollen Sparkassen und auch Volksbanken Konten einrichten, auf denen Kryptowährungen von Privatkunden verwahrt werden können. Ende des Jahres will die DZ-Bank für lokale Volks- und Raiffeisenbanken auch eine Technik zum Kryptohandel anbieten. Die Sparkassen sind vorsichtiger: "Beim Thema Handel überwiegt derzeit noch die Skepsis", sagt Sparkassen-Sprecher Rienecker.

Auch Steffen Steudel von der Volksbanken-Gruppe versprüht keine wahre Begeisterung: "Die Kunden müssen sich natürlich über die Risiken des Investments bewusst sein." Sie würden aufgeklärt, an den Handel herangeführt und können ihn zunächst in kleinem Umfang ausprobieren. Steudel erwähnt immer wieder die "hochspekulative Geldanlageform, die man mit kühlem Kopf angehen sollte".

Sagenhafte Gewinne - reale Verluste

Voll und ganz angetan von Kryptowährungen geben sich vor allem Leuten, die Geld kryptisch investiert und daher Interesse am System haben. Auch berichten einige frühe "Zocker" und Händler von sagenhaften Gewinnen. Vor dem Landgericht Münster läuft ein Prozess gegen mutmaßliche Betrüger, die die Bitcoin-Begeisterung ausgenutzt haben sollen. Allein 60.000 Menschen in Deutschland gaben ihr Geld an "OneCoin" im Glauben an virtuelle Investments. Der Schaden wird auf 320 Millionen Euro geschätzt. Die Haupttäterin ist flüchtig.

Viele haben hohes Lehrgeld bezahlt. Vor zwei Jahren kaufte Elon Musks Tesla-Konzern für anderthalb Milliarden Dollar Bitcoins. Es klang nach einer neuen Zeit im Geld- und Zahlungsverkehr. Tesla ließ sich auch Elektroautos mit Bitcoins bezahlen. Das Krypto-Geschäft mit den Endkunden wurde schon nach wenigen Wochen beendet und auch die Freude am Milliardeninvestment währte nicht lange. In der Tesla-Bilanz des vergangenen Jahres stehen nur noch 184 Millionen Dollar in Bitcoins - der Rest wurde still und leise mit Verlust verkauft und abgeschrieben.

Wie Bitcoins entstehen

Bitcoins werden durch aufwändige Rechenvorgänge in Hochleistungsrechnern produziert und müssen zertifiziert werden. Da die Menge der frischen Bitcoins begrenzt ist, kommen nur die "Bitcoin-Minen" mit den schnellsten Computern zum Zuge. Die übrigen bleiben auf enormen Stromkosten und hohen Abschreibungen sitzen. Wegen des Energieverbrauchs und der großen Abwärme der Computeranlagen gelten Kryptowährungen als klimaschädlich.

Anfänglich wurden Bitcoins als soziales Zahlungsmittel beworben: Menschen in Entwickungsländern sollten mit einem Smartphone ihr virtuelles Kryptokonto verwalten. So könnten sie am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen. Tatsächlich setzten sich Bitcoins durch, damit etwa Arbeiter aus Nigeria billig Geld in die Heimat schicken konnten. Doch dort hielten viele Menschen Bitcoins für eine Maschine zur mühelosen Geldvermehrung: Sie liehen echtes Geld, kauften Bitcoins und setzten auf höhere Preise für ihre Bitcoins. Reihenweise wurden arglose Menschen ruiniert.

Extreme Schwankungen

Der Kurs des Bitcoin ist von extremen Ausschlägen geprägt. Bis auf einen Höhepunkt 2017 passierte jahrelang wenig. Ende 2020 hob der Bitcoin ab und erreichte - mit einem starken Einbruch - nach einem Jahr den Wert von 56.000 Euro. Heute ist das virtuelle Geld nur noch die Hälfte wert.

Auch wegen der starken Schwankungen sind Kryptowährungen nicht für normalen Zahlungsverkehr geeignet, warnt Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz. Wer mit Krypto zahlt, kann schwer abschätzen, was es in echtem Geld kostet. Wer Geld zu bekommen hat, muss spekulieren, ob es wirklich ein lohnendes Geschäft wird.

Auch andere Funktionen von Geld erfüllen Kryptowährungen nicht: Weder sind sie verlässlicher Wertspeicher, noch kann man gut mit ihnen rechnen, so der Wirtschaftsjournalist Alexander Hagelüken, der ein Buch zum Thema geschrieben hat. Dass Bitcoin & Co. nicht vor Hackern und Betrügern gesichert sind, belegen mehrere erfolgreiche Taten Krimineller.

Einen Vorteil hat das künstliche Geld: Es ist nicht kontrollierbar. Weder Banken noch Zentralbanken noch offizielle Verrechnungsstellen bekommen die Geschäfte mit. Daher werden Kryptowährungen von Kriminellen, Terroristen und korrupten Regimen verwendet, wie das Beratungsunternehmen Chainalysis fortlaufend dokumentiert.

Das neue Gold?

Die "Frankfurt School of Finance and Management" ist aus der ehrwürdigen "Bankakademie" hervorgegangen, in der die Finanzbranche ihren Nachwuchs ausbilden ließ. Hier sitzt Deutschlands größter Fürsprecher von Kryptowährungen. Professor Philipp Sandner sagt, wer Bitcoins und der Technik dahinter skeptisch gegenübertrete, habe meistens das Ganze nicht begriffen: "Expertise erleuchtet". 

Sandner hat Kyptowährungen mit Gold verglichen. Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf von der Europäischen Zentralbank haben dem widersprochen: Während es für Gold eine jahrhundertealte, stabile Nachfrage gebe, könne die Welt ohne Weiteres von heute auf morgen auf Kyptowährungen verzichten.

"Natürlich sind die Ertragschancen von Kryptowährungen deutlich höher", sagt Claudio Wewel, Währungsfachmann beim Schweizer Bankhaus Sarasin, dem Hessischen Rundfunk. "Das wird aber mit einem ungewöhnlich hohen Risiko erkauft". Er findet: Im Vergleich zu allen anderen Anlagemöglichkeiten würden sich Kryptowährungen "immer noch bemerkenswert gut halten". Das deutet darauf hin, dass Bitcoin & Co überbewertet sein könnten, ihr derzeitiger Wert also bedroht ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. April 2023 um 13:30 Uhr.