Windräder stehen auf Feldern

Banken und Klimaschutz Das Kreditgeschäft wird "grüner"

Stand: 31.03.2023 08:15 Uhr

Klimaschutz wird auch in der Finanzbranche immer wichtiger. Banken überlegen sich inzwischen genau, welche Geschäftsmodelle sie mit Krediten finanzieren. "Je grüner, desto besser" lautet die Devise.

Der Umbau der Wirtschaft zu Klimaneutralität ist bei den Banken angekommen. Sie versuchen nicht nur, ihren eigenen CO2-Ausstoß zu messen und zu verringern. Als Vermittler zwischen Investoren und Kreditnehmern bauen Banken ihr Geschäft komplett hin zu Finanzierung besseren Klimaschutzes um.

Treibhausgasausstoß als Risikofaktor

Auch regionale Banken und Sparkassen seien in ihrem Geschäft vom Klimawandel betroffen, sagte Christian Elbers von der Bundesanstalt für Finanzaufsicht BaFin bei einer Fachtagung des "Handelsblatts" in Frankfurt am Main. Mittelfristig sei vor allem in Ost- und Südwestdeutschland mit deutlichen Auswirkungen des Klimawandels zu rechnen. Das habe Konsequenzen für die Finanzierung zahlreicher Branchen, angefangen bei der Landwirtschaft.

Finanzierung von Unternehmen, die viel CO2 verursachen, werden zunehmend risikoreich, berichtete der Chef der Bankenaufsicht bei der Bundesbank, Karlheinz Walch. Er stellte eine Studie vor, nach der das Risiko zwischen 1,4- und 2,4-mal höher ist als bei Krediten an andere Unternehmen.

Nur sehr wenige Kunden werden aussortiert

CO2-intensiven Branchen sollten keineswegs die Kredite gestrichen werden, sagte der Risikovorstand der Commerzbank, Marcus Chromik. Es gelte vielmehr, Unternehmen beim Umbau bin zu Klimaneutralität zu finanzieren. Grundsätzlich sei die Transformation der Wirtschaft bezahlbar. "Das Thema kommt in jedem Kundengespräch zur Sprache", sagte Chromik. "Wenn jemand den Schuss nicht gehört hat, bedeutet dass, dass wir da runterfahren".

Gefragt nach der Zahl der Kunden, die wegen "Klimaignoranz" aussortiert worden seien, sagte der Commerzbank-Vorstand: "Da reichen noch die Finger." Torsten Jäger vom Bundesverband der privaten Banken bestätigte: "Ich kann ja nicht alle Kunden rauswerfen und nur noch die Grünen finanzieren."

Klima-Forderungen der Bankenaufsicht

Die Risiken aus Geschäftsmodellen, die das Klima belasten, werden breit analysiert. Banken fürchten, dass alte Industrien immer weniger Geld verdienen, um Kredite zu bezahlen. Zugleich werden Investoren kaum noch bereit sein, ihr Geld Banken zu geben, die klimaschädliche Unternehmen finanzieren. Zu diesen betriebswirtschaftlichen Gründen kommen Vorschriften der staatlichen Bankenaufsicht. Sie fordert immer mehr klimaneutrales Geschäft.

Die Vertreter der Banken kritisierten zu große Detailfreude bei staatlichen Vorschriften. Das betreffe nicht nur Kontrolle der Auswirkungen aufs Klima, sondern die Bankenaufsicht insgesamt. Die Finanzvorständin der DZ-Bank, Ulrike Brouzi, nannte 14 Kennzahlen, die errechnet werden müssten. "Jede einzelne Kennzahl ist super", sagte Brouzi. Aber in der Kombination werde es völlig unübersichtlich. "Da fängt die Lust der Mathematiker an", fügte die studierte Mathematikerin ironisch an.

Umgekehrt warf Aufseher Elbers von der BaFin den Banken mangelnde Klarheit vor. Bei Klimarisiken herrsche mitunter Aktionismus: "Da wird sehr kleinteilig gesteuert", sagte Elbers, "Es werden irgendwelche Aktivitäten ausgeschlossen, ohne dass eine Strategie dahintersteht."

Europa besser gegen Risiken gewappnet

Einig waren sich Banken, Lobbyisten und Aufsichtsbehörden, dass die Branche in Europa viel stabiler und die Aufsicht viel weitreichender sei als in den Vereinigten Staaten. Die Abwicklung der Credit Suisse habe gezeigt, dass Krisen weit besser und schneller bewältigt würden als in der Bankenkrise 2008, sagte DZ-Bankvorständin Brouzi. "Der Bankensektor ist widerstandsfähig" bestätigte auch Bundesbanker Walch. Er mahnte, verlustreiche Wertpapiere bei Zeiten abzuschreiben. Banken sollten "sich immer wieder mit der Realität auseinandersetzen", so Walch. Das deutet an, dass sich in Bilanzen einzelner deutscher Banken stille Lasten aus der Zinswende aufbauen.

BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler wies darauf hin, dass nicht nur Bankmanagement und Bankenaufsicht Verantwortung tragen: "Ich erwarte, dass die professionellen Anleger endlich mal die Prospekte der Produkte lesen, die sie kaufen." 

Der Chef der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank, Andrea Enria, zeigte sich alarmiert vom Kurssturz deutscher Bankaktien am vergangenen Freitag. Mit ein paar Millionen Investment in Kreditausfallversicherungen könnten Börsenkurse großer Banken drastisch beeinflusst werden. Man wisse nicht, wer dort handele. Das werde sich die Aufsicht genau ansehen, kündigte Enria an.