EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte 48 Stunden sind genug

Stand: 25.11.2010 12:23 Uhr

48 Stunden - das ist die maximale Wochenarbeitszeit für Arbeitnehmer in der EU. Wer ständig mehr arbeiten muss, hat Anspruch auf Ausgleich, möglicherweise auch finanziell. Mit diesem Urteil gab der Europäische Gerichtshof einem deutschen Feuerwehrmann Recht und schuf womöglich einen Präzedenzfall.

Von Birgit Schmeitzner, ARD Berlin

Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel

Man kann wohl davon ausgehen, dass das Verwaltungsgericht Halle dem klagenden Feuerwehrmann helfen wollte. Denn nach deutschem Recht war klar: Der Mann, der bei der Stadt Halle angestellt ist und Schadensersatz für seine Überstunden haben wollte, hatte keinen Anspruch darauf. So verwiesen die Richter den Fall an den Europäischen Gerichtshof mit der Bitte, das nach europäischem Recht zu prüfen.

Dieser entschied: Hier ist der Anspruch auf Entschädigung gegeben. Der Kläger hatte über Jahre hinweg einen Feuerwehrwagen gefahren. Sein Dienstplan wies dabei eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 54 Stunden auf und das dauerhaft. Es gab keinen Ausgleich dafür. Nun sieht aber die EU-Arbeitszeitrichtlinie eine Obergrenze von 48 Stunden vor, inklusive Bereitschaften und Überstunden.

Mehr arbeiten geht - aber nicht auf Dauer

Über die 48 Stunden können Arbeitgeber hinausgehen, entweder weil der Mitarbeiter zustimmt oder weil das in Tarifverträgen mit Zustimmung der Sozialpartner verhandelt wurde. Aber diese Mehrarbeit darf nicht dauerhaft sein, sondern muss ausgeglichen werden - innerhalb einer bestimmten Zeit. Die Richtlinie sieht hier Fristen von einem halben Jahr bis zu einem Jahr vor.

Im aktuellen Fall war die Mehrarbeit aber ein Dauerzustand. Als sich der Feuerwehrmann beschwerte und von der Stadt Halle Entschädigung wollte, wurde er in die Telefonzentrale versetzt und bekam einen anderen Arbeitsvertrag. Die Frage der Entschädigung wurde dann vor dem Verwaltungsgericht Halle juristisch ausgetragen. Dabei argumentierte die Verteidigung unter anderem damit, der Kläger hätte frühzeitig einen Antrag auf Begrenzung der Arbeitszeit stellen müssen, statt im Nachhinein zu klagen.

Präzedenzfall für alle Arbeitnehmer möglich

Das gelte nicht, sagten die höchsten europäischen Richter. Sie urteilten, dass der Kläger auf alle Fälle einen Anspruch hat, auch nachträglich für seine Überstunden entschädigt zu werden. Wie das passiert - durch Freizeit oder durch eine Geldsumme - ist allerdings Sache der nationalen, also der deutschen Rechtsprechung.

Es ist das erste Mal, dass die obersten europäischen Richter in einem Schadensersatz-Urteil auch einen finanziellen Anspruch erwähnen. Damit könnte das Urteil zu einem Präzedenzfall für alle Arbeitnehmer in der EU werden.

Aktenzeichen: C-429/09