Hauptversammlung des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund
Hintergrund

Virtuelle Hauptversammlung Wie Aktionäre online mitreden dürfen

Stand: 30.09.2020 11:22 Uhr

Virtuelle Versammlungen und Online-Beschlüsse - das ist seit März für Aktiengesellschaften und Vereine ausdrücklich durch den Gesetzgeber erlaubt. Was ist dabei zu beachten und welche Folgen hat das?

Für Aktiengesellschaften (AGs) ist die Hauptversammlung eines der wichtigsten Entscheidungsgremien. Aber Präsenzveranstaltungen sind schwierig in einer Zeit, in der Abstand gehalten werden muss. Deshalb hat der Gesetzgeber schnell reagiert und mit dem Covid-19-Maßnahmengesetz schon ab dem 28. März digitale Versammlungen ermöglicht.

Hauptversammlungen dürfen demnach online abgehalten werden, vorausgesetzt, die gesamte Veranstaltung wird in Bild und Ton übertragen, die Aktionäre können Fragen stellen und tatsächlich abstimmen. Und sie müssen auch einem Beschluss der Hauptversammlung widersprechen können. Dabei kann grundsätzlich alles beschlossen werden, worüber auch in einer Präsenzversammlung abgestimmt werden könnte.

Online-Hauptversammlungen sind kürzer

BMW, Bayer und Lufthansa haben schon solche Hauptversammlungen abgehalten - möglicherweise ein Zukunftsmodell. Denn die ersten Erfahrungen der Beteiligten sind durchaus positiv. Online-Veranstaltungen sind deutlich kürzer und damit auf den ersten Blick effektiver.

Allerdings hat dies auch einen Preis: So können die Aktionäre insbesondere nur ganz eingeschränkt Fragen stellen. Der Vorstand entscheidet, welche davon er beantwortet. Er kann auch vorgeben, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung eingereicht werden müssen. Die mögliche Folge liegt auf der Hand: Statt lebhafter Diskussionen könnte es künftig nur noch einen matten Meinungsaustausch geben.

Vorstandsmitglieder bei der Daimler-Hauptversammlung 2020

Viele Großkonzerne - wie hier Daimler - nutzten in diesem Jahr die Möglichkeit, die Hauptversammlung als Online-Event abzuhalten.

Ähnliche Regeln gelten für Vereine

Für Vereine gelten ähnliche Regeln wie für AGs. Dabei haben hier die Mitglieder den Vorteil, dass sie nicht nur während der Versammlung abstimmen können, sondern auch schon im Vorfeld gegenüber dem Vorstand.

Anders als bei AGs ist es Vereinen unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich, ganz auf eine Versammlung zu verzichten und die Mitglieder bis zu einem Stichtag entscheiden zu lassen. Dabei gibt es keine Beschränkungen, was inhaltlich beschlossen werden darf.

Parteien dürfen Kandidaten nicht online aufstellen

Anders sieht es da bei Parteien aus: Sie dürfen nicht in einer virtuellen Konferenz oder per Briefwahl beschließen, welche Kandidaten sie für eine Bundestagswahl ins Rennen schicken wollen. Denn das Covid-19-Maßnahmengesetz findet keine Anwendung auf Parteien. Sonstige inhaltliche Fragen können Parteien dagegen auch online klären.

Wie lange sind virtuelle Versammlungen noch möglich?

Das Covid-19-Maßnahmengesetz gilt erstmal nur für Hauptversammlungen im Jahr 2020. Aber schon das Gesetz selbst sieht vor, dass die Regelungen durch Rechtsverordnung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden können, sollte die Covid-19-Pandemie andauern: Gut möglich, dass virtuelle Hauptversammlungen auch in Zukunft ein Thema sein werden.

Alternativen zur virtuellen Versammlung

Falls virtuelle Versammlungen 2021 rechtlich nicht mehr möglich sein sollten, haben AGs nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie verschieben die Hauptversammlung, oder sie führen sie unter den dann geltenden Beschränkungen als Präsenzveranstaltung durch.

Die Regelungen für einen Verein sind da flexibler: Schon jetzt kann ein Beschluss auch ohne Mitgliederversammlung gültig sein, wenn alle Mitglieder schriftlich zustimmen. Allerdings ist wichtig, wie die Vereinssatzung aussieht: Möglicherweise enthält sie strengere Regeln.

Parteien sind an die Vorgabe des Bundeswahlgesetzes gebunden. Parteitage, auf denen Kandidaten bestimmt werden, müssen deshalb in jedem Fall als Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden. Da sehen aber viele Reformbedarf: CDU/CSU und SPD haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Benennung von Wahlbewerbern ohne Versammlung ermöglichen soll - auch, weil im Hinblick auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr manche Personalentscheidungen getroffen werden müssen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. September 2020 um 13:43 Uhr.