Screenshot der Webseite fdpmoelln.de
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Verwaiste Internetadressen Gefälschte Sneaker von der FDP?

Stand: 30.12.2019 06:00 Uhr

Macht die FDP jetzt in Turnschuhen und die AfD in Zahnbürsten? Das könnte man meinen, wenn man entsprechende Internetadressen aufruft. Doch es sind Fakeshops - vermutlich im Ausland -, die verwaiste de-Adressen nutzen.

Wenn man die Internetadresse fdpmoelln.de aufruft, sucht man normalerweise Informationen über den liberalen Ortsverband der schleswig-holsteinischen Kleinstadt. Doch stattdessen ist unter dieser Adresse ein Onlineshop zu finden, in dem scheinbar Markenturnschuhe von Nike, Adidas & Co. angeboten werden. Tatsächlich jedoch handelt es sich um billige Plagiate aus China. Wie passt das zusammen - die Internetadresse der FDP in Mölln und der Fakeshop aus Fernost?

Es handelt sich dabei um ein Phänomen, das seit Jahren bekannt ist: Verwaiste Internetadressen werden von den Betreibern der Onlineshops übernommen, um noch mehr Kunden zu erreichen. Betroffen sind in zunehmendem Maße auch deutsche Domains. Nach einer Untersuchung der Digitalberatung WDP, die dem NDR vorliegt, werden mehr als 16.000 Internetadressen mit der Endung "de" für solche Fakeshops genutzt. In einer EU-Studie aus dem Jahr 2014 wurde noch die Zahl 5000 genannt.

de-Adressen leicht auffindbar

Deutsche Internetadressen erfreuen sich großer Beliebtheit, "weil diese Domains schon seit Jahren in den Suchmaschinen etabliert sind", sagt Christoph Nichau von der WDP. "Das heißt, wenn sie jetzt Inhalte auf diesen Domains online stellen, werden diese sehr schnell von Suchmaschinen wie Google oder Bing indexiert. Und in Folge können Verbraucher, die nach Markenprodukten suchen, sehr schnell auf diese Domains geführt werden."

Und deshalb finden sich solche Fakeshops nun auf den ehemaligen Seiten insolventer Firmen, geschlossener Läden, ausgelaufener Werbekampagnen - und eben auch immer wieder, ähnlich wie im Fall der FDP Mölln, auf Internetseiten, die früher von Parteien genutzt wurden.

Von cdu-seckbach.de (Baseball-Trikots) über fraktion-bfz-gruene.de (Babyschuhe) bis hin zu afd-europaprogramm.de (Hundezahnbürsten) sind alle großen Parteien vertreten. Wer konkret hinter den Plagiateshops stecke, könne man nicht sagen, so Oliver Prothmann vom Bundesverband Onlinehandel. "Man vermutet, dass sie aus China kommen, aus Shenzhen im Süden, weil es dort eine große Zahl an Händlern und Produzenten gibt." Bestellen sollte man auf keinen Fall, sagt Prothmann: "Zunächst kann sein, dass die Bezahlung weg ist, weil man bezahlt hat und keine Ware bekommt. Oder man bezahlt und bekommt auch Ware. Aber es ist eben keine Originalware."

Domain-Vertrag ausgelaufen

Bei der FDP Mölln ist man längst auf den Fakeshop auf der Internetseite fdpmoelln.de aufmerksam geworden und hat auch versucht, etwas dagegen zu tun - bisher vergeblich. "Das ist natürlich ärgerlich", sagt Ortsvorsitzender Dieter Ruhland.

Vor zwei Jahren war der Vertrag der FDP für die Domain ausgelaufen, danach zogen die Plagiatshändler ein - und die Liberalen konnten nur zuschauen. Und wenn sich nun jemand an ihn, den Ortsvorsitzenden, wende, weil er Markenturnschuhe auf der ehemaligen FDP-Seite entdeckt habe? Dann könne er nur mit den Schultern zucken, so Ruhland lächelnd, und sagen: "Damit habe ich nichts zu tun."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Dezember 2019 um 06:40 Uhr.