Verzerrung durch "Wettbewerbskiller" EU untersucht Preisunterschiede

Stand: 31.01.2008 16:45 Uhr

Viele Verbraucher in Europa zahlen laut EU-Kommission zu hohe Preise. Innerhalb des gemeinsamen Marktes gebe es beispielsweise bei Digitalkameras Preisunterschiede von bis zu 30 Prozent. Die Kommission will nun nach "Wettbewerbskillern suchen, die Preise verzerren".

Der gemeinsame europäische Markt soll den Wettbewerb fördern, Qualität steigern und Preise senken. Soweit die Theorie. Doch in der Praxis stellt nun auch die EU-Kommission fest, dass es in dem seit 15 Jahren existierenden Binnenmark große Preisunterschiede für die selben Produkte gibt. Digitalkameras könnten in dem einem EU-Staat 30 Prozent teurer als in einem anderen sein, sagte EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva in Brüssel.

"Die Verbraucher bekommen nicht, was sie verdienen"

Aber auch bei Bankdienstleistungen gebe es große Unterschiede. In Deutschland seien die Kontoführungsgebühren mit durchschnittlich 40 Euro im Jahr ungewöhnlich hoch. In der gesamten EU habe die Kommission eine Preisspanne von 0 Euro bis 80 Euro festgestellt. Allerdings gebe es in Deutschland - anders als in vielen anderen Staaten – meist beispielsweise kostenfreie Leistungen wie etwa Überweisungen. "Durch den gemeinsamen Binnenmarkt ist in 15 Jahren viel erreicht worden, aber die Verbraucher bekommen immer noch nicht, was sie verdienen", resümierte Kuneva.

Suche nach "Wettbewerbskillern"

Die Kommission will nun mit jährlichen Vergleichsstudien mehr Transparenz für die Verbraucher schaffen und damit auch den Druck auf die Wirtschaft erhöhen. Es gehe nicht darum, den Unternehmen Preise zu diktieren, sondern Wettbewerbsprobleme aufzudecken, erklärte Kuneva: "Was wir suchen, sind Wettbewerbskiller, die die Preise verzerren." In die Marktuntersuchungen werden neben den Preisen auch Statistiken zu Beschwerden von Verbraucherschutzorganisationen, zur Produktsicherheit, Häufigkeit des Anbieterwechsels und zur allgemeinen Verbraucherzufriedenheit einbezogen.

Kuneva will zudem untersuchen, warum Verbraucher die Möglichkeit zum Einkauf in anderen EU-Staaten nur wenig nutzen. Selbst im Internet bestellten nur sechs Prozent der EU-Bürger Waren aus anderen Ländern, erklärte die Verbraucherschutzkommissarin.

Vergleichsdaten für 20 Sektoren

Für insgesamt 20 Sektoren will nun die Kommission Vergleichsdaten erheben. In einem ersten Schritt legte Kuneva eine kommentierte Zusammenfassung existierender Statistiken vor. Demnach sind die Preise für Strom und Gas in Deutschland vor Steuern höher als in den meisten anderen EU-Staaten. Für Strom zahlen nur Iren, Luxemburger und Italiener mehr, bei den Gaspreisen liegt Deutschland auf dem dritten Platz nach Schweden und Irland.

Die Lebensmittelpreise gehen in den 27 EU-Staaten erheblich auseinander: Bei Fleisch und Brot beträgt die Schwankungsbreite 30 Prozent, bei Obst und Gemüse 25 Prozent des EU-weiten Durchschnittspreises. Nicht immer ließen sich die Differenzen durch das Wohlstandsgefälle in Europa erklären, kritisiert die Kommission: So fänden sich weit überdurchschnittliche Preise für Milchprodukte unter anderem in Griechenland, Zypern und Italien.

Verbraucherschützer will Kommission unterstützen

Bei deutschen Verbraucherschützern erntete Kuneva Zustimmung: "Die EU-Kommission erhöht die Transparenz und nimmt die Verbraucher in den Blickwinkel" sagte Cornelia Tausch vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin. Die Kommission habe ein ambitioniertes Vorhaben präsentiert. "Wir werden die EU-Kommission hierbei unterstützten", betonte Tausch.