Neuer Rahmen für Finanzsektor EU-Kommission plant Insolvenzverfahren für Banken

Stand: 20.10.2010 16:20 Uhr

Die EU-Staaten sollen künftig nicht mehr gezwungen sein, Banken wegen ihrer Größe zu retten. Die EU-Kommission legte Eckpunkte für ein geordnetes Insolvenzverfahren von Banken vor. Im Krisenfall dürften die Rettungskosten nicht mehr mit Steuermilliarden bezahlt werden.

Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel

Ein geordnetes Insolvenzverfahren für Banken - das ist die Lehre, die EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier aus der Finanzkrise gezogen hat. "Ich möchte daran erinnern, dass die Rettung des Finanzsystems Konsequenzen hatte: Schulden, die die Bürger zu zahlen haben", sagte er. "Moralisch betrachtet ist das nicht hinnehmbar. Es ist ungerecht - und politisch ist es verheerend!"

"Gläubiger und Aktionäre sind dran"

Deswegen legte Barnier nun Vorschläge vor, die ein geordnetes Insolvenzverfahren für große europäische Banken ermöglichen sollen. Die Alternativen im Krisenfall sollten nicht lauten: unkontrollierte Insolvenz oder Rettung durch den Staat. Die Banken dürften sich nicht mehr sicher sein, dass sie in jedem Fall durch den Staat gestützt würden, forderte Barnier. "Die Banker sollen sich in der Verantwortung fühlen", sagte er. "Wenn es Schwierigkeiten gibt, soll klar sein: die Gläubiger und die Aktionäre sind dran - und nicht die Steuerzahler."

Barniers Pläne stützen sich auf drei Säulen: Auch in ruhigen Zeiten sollen Banken schriftlich festhalten, wie im äußersten Notfall eine Insolvenz möglich wäre. Zweitens sollen die nationalen Aufsichtsbehörden die Befugnis erhalten, Manager abzulösen, Geschäftsteile aufzulösen und Banken zu verkleinern. Drittens sollen die Aufseher Zwangsübernahmen beschließen können. Die Regeln sollen für alle Banken gelten, vom Finanzkonzern über die Landesbank bis zur Sparkasse.

Vorschläge für europaweites System für 2011 geplant

Deutschland sei gerade dabei, ein solches System einzurichten, sagte Barnier. Die Bundesregierung will mit dem Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten Banken künftig im Krisenfall an den Rettungskosten beteiligen. Vorschläge für ein europaweites System will Barnier im Frühjahr 2011 vorlegen.

Für die starke europäische Finanzindustrie sei es ein Wettbewerbsvorteil, in einer Region tätig zu sein, die intelligent reguliert sei und korrekt überwacht werde, argumentierte der EU-Kommissar. Barnier betonte erneut, dass ihm vor allem die Vorsorge wichtig sei: Zum kommenden Jahreswechsel werden drei neue EU-Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Börsen eingerichtet. Bereits im Juli hatte das Europäische Parlament ein Gesetz zur Deckelung von Bonuszahlungen für Banker verabschiedet. Auch hochspekulative Hedgefonds und der Handel mit Derivaten werden schärfer kontrolliert.